Zum Thema!


Auch wenn es vielleicht manche nicht glauben: An den meisten Artikeln meines Blogs sitze ich einige Stunden, bis ich alleine die Recherchen und Quellenangaben zusammen habe. Dann muss der Text noch geschrieben werden, sind Layout und Bilder bzw. Videos auszuwählen. Hinterher gibt es mehrere Korrektur-Durchläufe, bis ich das Okay meiner Lektorin habe. Und dennoch entdecke ich beim x-ten Durchlesen noch nach Tagen Fehler, die es zu berichtigen gilt. Man will ja eine ordentliche Qualität bieten.

Dennoch darf man das Ergebnis selbstredend total missglückt, bescheuert, viel zu böse oder gähnend langweilig finden. Das liegt völlig im Ermessen des Lesers. Und der kann das gerne für sich behalten oder es in einen Kommentar gießen – vielleicht trotz inhaltlicher Klarheit mit einem Minimum an Respekt gegenüber dem Autor.

Obwohl ich sie nicht unbedingt erwarte, bilden für mich – auch kritische – Anmerkungen Dritter ein interessantes Feedback. Da bin ich ein Dialektik-Anhänger: durch Widersprüche zur Wahrheit gelangen!  

Was ich in letzter Zeit aber gehäuft feststelle: Der Thema eines Artikels scheint vielen ziemlich egal zu sein – sie schreiben dazu, was ihnen im Moment gerade einfällt. Noch schlimmer aber: Das ist oft erbärmlich wenig.  

Vor einiger Zeit etwa verfasste ich einen Text zum gerade mal wieder schwer gebeutelten grünen Oberbürgermeister von Tübingen, Boris Palmer. Da er sehr viel auf Facebook postet und wirklich jedes Gegeifer gegen sich stehen lässt, ergab das eine nette Sammlung von Kritiker-Zitaten, die schon formal vor Dummheit strotzten. Warum es mir ging, war jedoch nicht eine reine Stilblüten-Sammlung, sondern die Frage: Was wird aus solchen sozialen Medien, wenn man wirklich gar keine Grenzen mehr setzt? Und wer äußert sich da? Eine repräsentative Auswahl?

Einem Tangoblogger, der sich sonst gerne mit der gesammelten Intelligenzia der Bundeshauptstadt umgibt, fiel dazu lediglich ein Satz ein, mit dem er meinen Artikel auf FB kommentierte: 
„Immerhin war der herr OB beim friseur...“
(Was nicht einmal stimmte, nach eigenen Angaben war der selber mit dem Rasierer aktiv!)

Echt jetzt? Haben es unemanzipierte Männer nicht früher gewissen Damen vorgeworfen, dass sie nur Tinnef wie Kleider und Frisuren im Kopf hätten? Und nun von einem gelernten politischen Journalisten ein solcher geistiger Offenbarungseid?

Aber meiner Tangofreundin und Blogger-Kollegin Manuela Bößel erging es noch schlechter. Sie verfasste kürzlich einen Beitrag zum Thema: Muss es im Tango wirklich diese Trennung in Anbieter und Kunden geben? Nur noch „Geschäft“, das sich rentieren soll? Was kann man sich bei unserem Tanz kaufen und was nicht? 

Ich gestehe: Der Text hat mich sehr berührt – und klar, es kommen dabei an unsere Tango-Anfangstage nostalgische Erinnerungen auf (welche die Autorin allerdings selber relativiert).

Nun muss ja niemand unseren Geschmack teilen – nur: Dem erwähnten Berliner Ästhetik-Beurteiler unterlief zunächst nur ein Satz, mit dem er den Link auf den Artikel versah:

„Frueher war alles besser... Sorry, das meinte noch nich x meine oma“

Ehrlich? Zu einem höchst differenzierten, längeren Text ein solches Monster-Klischee? Das noch dazu mit dem Sinngehalt der Veröffentlichung ungefähr so viel zu tun hat wie Oscar Wilde mit einem wilhelminischen Oberleutnant?

Aber auch Interventionen der Autorin sowie meiner Wenigkeit brachten nicht mehr Aufklärung, nein: Nun ließ der Angesprochene noch subtil durchblicken, man habe sich für die Verlinkung zu bedanken… Immerhin habe er den Text „interessant“ gefunden.

Na, da dank ich ooch recht scheen: Nur, wenn man einen Beitrag interessant findet – fällt einem dann nicht mehr dazu ein als ein ausgelutschter Spruch?

Aber es geht noch schlimmer: Als ich einen Artikel zu den Zukunftsperspektiven des Tango nach Corona schrieb, durfte ich als Anmerkung unter anderem Folgendes lesen:

„Und zum letzten Gastkommentar schreiben Sie: ‚Einen Kommentar fand ich derartig gut geschrieben, dass ich die Autorin fragte, ob ich ihn als Gastbeitrag für mein Blog haben könnte.‘
Bei Kommentaren, die Ihrer Meinung nicht entsprechen, fragen Sie nicht so höflich nach, gell? Aber so sind Sie halt: höflich nur zu jenen, die Ihrer Meinung sind. Bei uns nennt man solche Leute ‚Kotzbrocken'.“

Ah so. Abgesehen davon, dass dies nun genau nichts mit dem Thema des Textes zu tun hat: Da fragt sich also einer, warum ich Gastbeiträge nur Autoren anbiete, die mir nicht gleich mit dem Hintern ins Gesicht springen. Toll!

Zu einem Text, in dem ich die Blogger-Kollegen aufforderte, sich doch gerade in der jetzigen Krise nicht zurückzuziehen, sondern mehr zu schreiben, meinte ein Facebook-Dauerkommentierer:

„eins muss man wohl zugeben, ohne cabeceo hätte es jedes jahr mehr tote durch atemwegserkranken gegeben.
es könnte also für dich ganz bitter kommen.“

Da fällt mir nix mehr ein. Ist aber egal – solchen Schreibern wohl auch nicht.  

Besonders schön auch eine Anmerkung zu einem Beitrag, welchen ich (angelehnt an einen englischsprachigen Text eines Bloggers) den „Status-Tänzern“ im Tango widmete:
„In der Schweiz scheinen die Lockerungen schneller zu gehen. Vielleicht gehen wir demnächst dort zum tanzen. Wir wohnen ja im Grenzgebiet.“

Erbarmen! Wieso kommentiere ich auf FB nicht mal einen Kulturbericht mit dem Satz: „Vorhin habe ich mir bei Edeka einen Bund Suppengrün gekauft“?

Auch bei meinem letzten Artikel, in dem ich mich kritisch mit gewissen „Corona-Petitionen“ auseinandersetzte, geht es nun vorwiegend darum, ob ich mit meinem Schlussgag einen Solinger Tangolehrer hätte veräppeln dürfen.

Gerade bei solchen Themen merke ich, dass man in der Tangoszene weiterführende Überlegungen tapfer verdrängt. Hauptsache, man kann möglichst schnell wieder tanzen respektive am Tango verdienen. Die strukturellen Probleme, an die ich schon seit Jahren erinnere, werden von vielen ignoriert.

Na gut – ich kann da sehr stur sein und schreibe gerne noch ein Dutzend Artikel. Versprochen!

Da beruhigt mich doch ein Kommentar, der mich vor zirka vier Wochen erreichte:

„Ich bin so aufgeregt, dass meine zerbrochene Ehe wiederhergestellt wurde und mein Mann zurück ist, nachdem er mich und unsere 2 Kinder für eine andere Frau verlassen hat. Nach 8 Jahren Ehe waren ich und mein Mann in den einen oder anderen Streit verwickelt, bis er mich schließlich verließ und nach Holland zog, um mit einer anderen Frau zusammen zu sein. Ich hatte das Gefühl, mein Leben sei vorbei und meine Kinder dachten, sie würden ihren Vater nie wieder sehen. (…)

Deshalb suchte ich online nach Hilfe und stieß auf eine Website, die vorschlug, dass DR.WEALTHY helfen kann, Ex zurückzubekommen schnell. Also hatte ich das Gefühl, ich sollte es versuchen. Ich habe ihn kontaktiert und er hat mir gesagt, was ich tun soll und ich habe es getan, dann hat er einen (Liebeszauber) für mich gemacht. 28 Stunden später rief mich mein Mann wirklich an und sagte mir, dass er mich und die Kinder so sehr vermisse, so unglaublich !! So kam er am selben Tag mit viel Liebe und Freude zurück und entschuldigte sich für seinen Fehler und für die Schmerzen, die er mir und den Kindern verursachte. Von diesem Tag an war unsere Ehe jetzt stärker als zuvor.

Alles dank DR.WEALTHY. Er ist so mächtig und ich habe beschlossen, meine Geschichte im Internet zu teilen, dass DR.WEALTHY echte und mächtige Zauberwirker, die ich immer beten werde, um lange zu leben, um seinen Kindern in Zeiten der Not zu helfen, wenn Sie hier sind und Ihren Ex brauchen zurück oder dein Mann ist zu einer anderen Frau gezogen, weine nicht mehr, kontaktiere jetzt diesen mächtigen Zauberwirker. Hier ist sein Kontakt:…“

Na ja, streng genommen hat die Frau auch etwas am Thema vorbei geschrieben. Irgendwie tangomäßig klingt die Sache aber schon. Und sie hat sich Mühe gegeben.

Das kann man nicht von allen Tango-Kommentatoren behaupten. Kein Thema! 

Foto: www.tangofish.de

Kommentare

Hinweis zum Kommentieren:

Bitte geben Sie im Kommentar Ihren vollen (und wahren) Namen an und beziehen Sie sich ausschließlich auf den Inhalt des jeweiligen Artikels. Unterlassen Sie herabsetzende persönliche Angriffe, gegen wen auch immer. Beiträge, welche diesen Vorgaben nicht entsprechen, werden – ohne Löschungsvermerk – nicht hochgeladen.
Sie können mir Ihre Anmerkungen gerne auch per Mail schicken: mamuta-kg(at)web.de – ich stelle sie dann für Sie ein.