Joe DeMers: Die Energie des Paartanzes
Zum Autor:
Joe DeMers und seine Frau Nelle
sind bekannte Tanzlehrer aus Denver/Colorado und unterrichten vor allem Blues
und Lindy Hop. Seit 2003 tanzen sie auch auf Turnieren und haben diverse
nationale Meisterschaften und internationale Titel gewonnen. 2015 war Joe DeMers “National Dance Teacher of the Year”.
Näheres hier:
Hier
meine Übersetzung eines Auftritts von Joe DeMers:
Wenn Sie sich
vorstellen, auf einem Schulfest zu tanzen, vielleicht auf einer Abschlussfeier
oder einem Ball – wie viele von Ihnen sehen sich in der Weise tanzen? (Er macht einige
„brave“ Schritte nach vorne und zurück.) Heben
Sie Ihre Hand, wenn die Idee zu tanzen Ihnen Angst macht? Melden Sie sich, ob
Sie nicht lieber eine öffentliche Rede halten würden statt zu tanzen?
O nein, bei mir ganz
im Gegenteil: Als ich auf der Middle School war, lernte ich es, mich vor dem
Tanzen zu fürchten. Meine Freunde veralberten mich – vielleicht nicht
absichtlich – gewöhnlich mit einigen gemeinsamen Kommentaren: Ich hätte keinen
Rhythmus, würde grade mal von einem Fuß auf den anderen steigen. Dass meine
Bewegungen, mit denen ich den Tanz ausdrückte, nicht gut genug seien.
Bis zum Ende der High
School lernte ich hinter verschlossenen Türen tanzen, wo es keine Beurteilung
und Beschämung gab, und am Schluss der High School lernte ich
Gesellschaftstanz, um Frauen kennenzulernen. Heute ist Tanz mehr für mich, aber
damals wusste ich es nicht besser. Als ich es erwog, tanzen zu lernen, gab es
haufenweise peinliche Momente:
Ich erinnere mich an
eine Figur, bei der ich meine Partnerin drehen sollte, und mein Gesicht landete
irgendwie in ihrer Achselhöhle. Ich tanzte mit einer Frau, sie drehte sich, und
ihre Haare wickelten sich um meine Knöpfe, und dann wurde es unangenehm, weil
wir versuchen mussten, das zu entwirren, Haltung zu bewahren, weiter zu tanzen
und musikalisch zu bleiben – alles zur gleichen Zeit.
Ich glaube, der
peinlichste Moment war für mich, als meine Nase lief und ich wohl eine schöne
Spindrehung hinbekommen wollte – und dann spritzte der Rotz auf meine
Partnerin. Schweiß würde vielleicht etwas mehr bevorzugt, läge aber nur eine
Stufe über dem Rotz.
Ich bin hier, um
Ihnen etwas über die Energie des Paartanzes zu erzählen, die Fähigkeit, sich
mit anderen zu verbinden, wie Paartanz uns die Möglichkeit gibt, eine Beziehung
zu anderen Menschen zu schaffen, andere zu verstehen, mit ihnen Kontakt
aufzunehmen.
Als ich zum Tanzen
fand (und die meisten sprechen nicht notwendigerweise vom Tanzen lernen, sondern
davon, was sie im Tanz fanden) – entdeckte ich Gemeinschaft. Als ich mit dem
Tanzen in der Middle School anfing, fühlte ich mich bewertet und beschämt,
hatte ich nicht die Gemeinschaft, die mich in sicherer Umgebung darin
unterstützte, den Tanz zu entdecken.
Dann, am Ende der
High School, als ich einen Standard-Tanzkurs machte, fand ich eine Gemeinschaft von
Menschen, die zusammen Werte des Respekts teilten. Unser Lehrer brachte uns
Umgangsformen bei, wie man jemand auffordert, ihn beim Tanzen umarmt.
In vielen Kulturen
gehört Tanz zur Religion, ist Spiritualität und Gemeinschaft. Für Amerikaner
kann Tanz bisweilen sehr persönlich sein: jemand eng zu umarmen, an der Hand zu
halten, hautnah an jemandem dran zu sein.
Obwohl das ziemlich
intim sein kann, sprechen wir heute über den platonischen Dialog, den wir
miteinander führen können, die Idee der Teilhabe, den Ausdruck, den Tanz und
das kreative Miteinander. Ich werde nun eine meiner Tanzpartnerinnen, Lauren
Netherton, zu mir herauf bitten, um mit mir zu tanzen. Wir kommen vom Lindy
Hop und Blues. Vielleicht haben Sie vom Lindy Hop als Form des Swing gehört,
aber eventuell nie vom getanzten Blues. Wenn Sie sich Blues und seine Entwicklung
zum Jazz vorstellen, so trug dessen Entwicklung auch zum Swing bei.
(Es
folgt ein kurzer Dialog mit seiner Partnerin und die Demonstration der beiden
Tänze.)
Unsere Basis der
Partner-Kommunikation leitet sich von unseren Untersuchungen zur
„Rahmen-Anpassung“ ab, sie erklärt sich als wechselseitige Kommunikation
mittels nonverbaler Stichwörter. Wenn Sie bedenken, dass Kommunikation zu 70
Prozent nonverbal und zu 30 Prozent verbal stattfindet (und 20 Prozent davon
durch Töne), erlaubt uns das Lernen der Verbindung mit einem Partner, genauer
zu kommunizieren. Irgendwelche Rhythmen, Ideen oder Schritte, all das ist
improvisiert.
Die Verbindung zum
Partner zu lernen erlaubt es uns, zusammenzuarbeiten und Ideen zu teilen.
Lauren, kannst du mir eine Idee anbieten, vielleicht einige
Bewegungsvorschläge? (Kurze
Tanzsequenz) Fein. Gut, und als Führender
kann ich ebenso ein Folgender sein, ich kann es lernen, zuzuhören, und dann
antworten, was ein inhärenter Teil des Paartanzes ist.
Wenn wir im Tanz
darüber diskutieren, eine Gemeinschaft zu bilden, beginnt das damit, sich mit
dem Partner zu verbinden. Wir lernen einen Raum zu schaffen, in dem wir sicher
sind, uns zu beteiligen, an den Händen zu halten, zu umarmen. Und dieser Raum
beginnt zunächst damit, uns über unsere Werte auszutauschen. Lauren und ich
teilen Werte des Respekts, der gegenseitigen Kommunikation, wenn wir das
Bedürfnis dazu haben – und falls ich eine Grenze überschreite, falls ich meinen
Kopf unter ihre Achsel stecke, wird sie ihr Feedback mit mir teilen.
Die Etikette des
Tanzens zu lernen bedeutet, auf die Absicht von Botschaften zu hören. Sie
bedeutet, zuzuhören, mein Kind! Wenn man eine Idee teilt, manchmal schon im
Anfängerstadium, können diese Ideen einen tiefen künstlerischen Einfluss auf
den Tanz haben. Wenn also Lauren ihre Belastung wechselt und vielleicht einige
Figuren kreiert, wirkt sich das darauf aus, wie ich dann mit ihr interagiere
und kommuniziere. Danke, Lauren.
Paartanz erlaubt es
uns, mehr über den platonischen Kontakt zu lernen. Ich werde nun einen anderen
Freund von mir, Ben Collins, zu mir rufen. Bitte sehr, Ben. Er ist einer meiner
besten Freunde, und wir lernten uns beim Tanzen kennen.
Zu einer Sache des
Partnertanzes: Wenn Sie einige der kulturellen Botschaften bedenken, die wir
gerade außerhalb des Paartanzes hören, ist es Männern nicht erlaubt, einander
zu berühren. Richtig, Männer dürfen keinen Körperkontakt haben. Vielleicht im
Sport oder in aggressiven Situationen, und ich denke, unsere Kultur verändert
sich, aber Paartanz kann uns die Kraft der Berührung lehren, um uns – nicht intim
– mit einer anderen Person zu verbinden – so wie Ben und ich nun die Arme
umeinander legen. Wir haben Kulturen erlebt, wo wir gesehen und gehört haben,
dass dies normal sei. Es gibt Kulturen, wo es normal ist, wenn zwei Männer Hand
in Hand die Straße entlang gehen, ohne verurteilt oder abgewertet zu werden. Im
Paartanz bedeutet das Lernen einer tollen Führung ebenso, toll folgen zu
lernen. (Kurzer
Dialog mit Ben)
Prima, wir werden ein
bisschen Swing und Blues miteinander teilen – und die Fähigkeit von zwei
Männern, platonisch zu interagieren sowie zu kommunizieren und eine Menge Spaß
damit zu haben.
Auf geht’s, lasst es uns versuchen! (kurze
Tanzdemonstration)
Danke. Wenn ich Ihnen
eine Botschaft mitgeben könnte: Wie viele von Ihnen meinen, das tun zu können?
Hinausgehen und versuchen, sich durch die peinlichen Momente von Rotz,
Achselhöhlen und verhedderten Haaren hindurchzuarbeiten? Colorado hat eine
unglaubliche Szene des Paartanzes, und eine der Ursachen, die sie fantastisch
macht, ist unser Engagement, sichere Gemeinschaften aufzubauen, wo wir Raum
haben, uns nicht bewertet zu fühlen, wo wir anerkennen und einen Bereich aufbauen
und nutzen können, in dem es okay ist, zu lernen und etwas zu vermasseln.
Ich lade Sie ein, heraufzukommen,
um mit uns zu tanzen, ich lade Sie ein, sich verbinden zu lernen, und ich lade
Sie ein, das Miteinander zu lernen – mehr als nur zu tanzen und zu führen – sondern
zu lernen, zu erzählen, zu verstehen, und – ganz generell – Verbindungen mit
einem anderen menschlichen Wesen aufzubauen.
Herzlichen Dank.
Und
der Text im Original:
Ich bedanke mich herzlich beim einem Kommentator („Jongleur
74“) auf dem Forum www.tanzmitmir.net, der
das Video mit den Worten empfahl:
„Hier einmal ein
Beispiel, wie ein Swing-Tänzer in einer Rede/Demonstration einem jungen
Nicht-Tänzer-Publikum die Faszination Paartanz (the power of partner dance)
beschreibt:
(Link zum Video)
Ich finde es bezeichnend, dass hier am Beispiel Swing/Blues die nonverbale Kommunikation demonstriert wird, aber man dennoch erklärt, dass es kein Swing/Blues-typisches Phänomen ist sondern für alle Paartänze gilt... Hätte ein TA-Lehrer dies genau so formuliert?“
(Link zum Video)
Ich finde es bezeichnend, dass hier am Beispiel Swing/Blues die nonverbale Kommunikation demonstriert wird, aber man dennoch erklärt, dass es kein Swing/Blues-typisches Phänomen ist sondern für alle Paartänze gilt... Hätte ein TA-Lehrer dies genau so formuliert?“
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