Was Ihnen Ihr Tangolehrer nicht erzählt… 1
Die
Idee entstand in einem Gespräch nach einer Milonga: Einmal mehr erfreute ich
mein persönliches Umfeld mit der Verwunderung darüber, dass heute viele
Tanzpaare elementare Grundsätze der
Bewegung miteinander nicht
umsetzen. Mein in diesem Kreis schon allzu bekanntes Lamento:
„Ich versteh‘ das
nicht! Sagt ihnen das keiner? Es werden doch heute so viele Tangokurse,
Workshops und Tralala angeboten wie nie zuvor! Halb Argentinien ist bekanntlich
ständig bei uns auf der Rundreise. Ist es diesen „maestros“ auch nicht klar,
oder enthalten sie ihren Schüler bewusst irgendwelches „Herrschaftswissen“ vor,
auf dass niemand so göttlich tanze wie sie selber? Oder meinen sie, die
Lernenden seien zu blöd für eigentlich sehr simple Tipps?“
Irgendwann
verfielen wir – nicht ganz unerwartet – auf ein Motto, dem ich viele meiner
Erfolge verdanke: „Wer macht’s denn, wenn wir’s nicht machen?“ Also die in
Lehrerkreisen(!) verpönte Devise: „Nicht
jammern, sondern handeln!“ Schließlich kennen wir doch genug Leute, die
seit vielen Jahren intensiv auf Milongas tanzen, daher große Erfahrung im Tango
(in allen erdenklichen Lebenslagen) haben und dennoch so vernünftig sind, nicht
die üblichen Tangokurse zu veranstalten. Die hätten doch sicher irgendwelche „Insider-Geheimtipps“, die sie
eventuell preisgeben würden, wenn man sie nett fragt…
Na
gut, wer nicht wagt, der nicht gewinnt! Ich werde also (neben meiner „Liebes Tagebuch“-Serie) in lockerer
Folge Artikel zum Thema „Was Ihnen Ihr Tangolehrer nicht erzählt“
veröffentlichen. Der erste kommt gleich hier. Ich hoffe, in meinem Umfeld auch Gastautoren zu gewinnen, die Texte dazu
beisteuern, was ihnen als der Schlüssel zum tänzerischen Erfolg erscheint. Überschneidungen
oder Widersprüche kalkuliere ich gerne ein.
Liebe
Leser, betrachten Sie diese kostenlose
Alternative zu teurem Unterricht (in München bekanntlich bis zu 100 Euro
pro Stunde) als Service meines Blogs: Er kostet Sie weder Geld noch brauchen Sie einen Tanzpartner
oder müssen eine weite Anfahrt in
Kauf nehmen. Ebenso wenig quälen Sie Terminprobleme
– studieren Sie die Texte einfach, wenn Sie Zeit haben!
Drei
Dinge allerdings kann ich Ihnen nicht ersparen:
Üben, üben, üben!
Am besten natürlich auf Milongas oder Practicas, oft reicht aber auch das heimische Parkett und der Solotanz darauf. Bei Bedarf halten Sie sich an einer Stuhllehne fest oder greifen zu einem Tanzpartner wie einem Besenstiel: Der hat nämlich durchaus die Qualitäten eines Metropolen-Tango-VIPS: gute Achse, null Empathie… Oft genügt es sogar, über die Ratschläge im Sitzen nachzudenken, vielleicht mit einem guten Getränk und einer noch besseren Tango-CD.
Üben, üben, üben!
Am besten natürlich auf Milongas oder Practicas, oft reicht aber auch das heimische Parkett und der Solotanz darauf. Bei Bedarf halten Sie sich an einer Stuhllehne fest oder greifen zu einem Tanzpartner wie einem Besenstiel: Der hat nämlich durchaus die Qualitäten eines Metropolen-Tango-VIPS: gute Achse, null Empathie… Oft genügt es sogar, über die Ratschläge im Sitzen nachzudenken, vielleicht mit einem guten Getränk und einer noch besseren Tango-CD.
Nun
denn, für heute habe ich ein Thema gewählt, das ich auf dem Parkett ständig
vermisse. Wenn Sie es beachten, gehören Sie bereits zu den „oberen fünf Prozent“:
Die Energieerhaltung
Die
meisten Tanzpaare kommen in dreieinhalb Minuten sehr häufig zum Stillstand – oft nach jedem Schritt
oder einer „Figur“, spätestens in einer Pause (weil die Musik diese macht
respektive der Dödel vor ihnen ein Vorankommen verhindert). Nach diesem Stopp beginnen
sie wieder mit dem Tanzen.
Was
bedeutet das physikalisch? Ihre
Muskeln haben (über die Hebelwirkung der Knochen und Gelenke) Bewegungsenergie (kinetische Energie)
erzeugt. Bei einer „Pause“ wird diese wieder „gekillt“ und sozusagen in den
Boden abgeleitet (Reibungsenergie), zu Verwindungen des Gestells missbraucht oder – im „Idealfall“ – durch erhöhte Muskelanspannung
blockiert. Wenn’s besonders toll läuft, bleibt noch ein Rest Power übrig,
welche das Paar beim Stopp ein wenig ins Schlingern bringt und eventuell einen zusätzlichen
Stellschritt zur Stabilisierung erzwingt.
Diese
ständige Energie-Vernichtung und
Neuerzeugung ist natürlich sehr anstrengend – kein Wunder, dass die
eigentlichen Bewegungsmomente dann eher klein
und langsam ausfallen: „traditioneller Tango“ halt.
Mein
Tipp ist daher sehr einfach:
Versuchen Sie während
eines Tanzes, die Energie zu erhalten!
Im
Wesentlichen geschieht dies durch drei
Manöver:
·
Umwandlung
von Raumbewegungen in binnenkörperliche Aktionen
·
Verwandlung
von Bewegungsenergie in Lageenergie
·
Energieaustausch
zwischen den Partnern
Im
Einzelnen:
Auch
bei einem Stopp tanzen Sie weiter –
allerdings ohne Raumgewinn, sondern, indem Sie sich innerhalb ihres Körpers
bewegen, zum Beispiel leichte Drehungen der Oberkörper (nicht in der Hüfte abknicken!), Aktionen mit dem freien
Bein („lapiz") oder Ähnliches.
Oft
ist es nützlich, bei einem Stillstand die Energie
nach oben zu leiten, indem beide Tänzer über das Sprunggelenk anheben (nicht die Knie völlig
durchstrecken, das erzeugt die bekannte „Totenstarre“ im Tango!). Sie
verwandeln also Bewegungsenergie (kinetische) in Lageenergie (potenzielle). Bei der nächsten schönen „Eins“ geht es
dann abwärts, es erfolgt also die
Rückverwandlung der Energieformen, was kaum eine neue Anstrengung erfordert –
es geht ja bergab!
Leider
sieht man auf den Tanzflächen häufig das Gegenteil. Bei völliger
Energievernichtung in einer Pause geht es logischerweise abwärts, danach mit
viel neuer Mühe bergauf, und ist der Gipfel endlich erreicht, bleibt
beispielsweise für eine Drehung kaum noch Kraft. Man „erstarrt“ also in der Höhe, was natürlich instabil ist: Darum
wackelt’s dann auch so schön…
Ein
schönes Bild zur Impulsübertragung
ist das bekannte physikalische Spielzeug: Einander berührende Metallkugeln sind
in einer Reihe aufgehängt. Lenkt man die äußerste an einer Seite aus und lässt
sie auf die anderen prallen, fliegt das Pendant auf der anderen Seite weg, dann
wieder die erste usw.
Bei
einem Stopp können Sie die Energie auf
Ihre Tanzpartnerin übertragen, welche daraus hoffentlich etwas Schönes
macht, beispielsweise einen Boleo, Verzierungen etc. Passen Sie den Moment ab,
wo deren Bein wieder zurückkommt, und übernehmen Sie die Energie zu einer neuen
Bewegung Ihrerseits oder im Paar. Das gleiche Phänomen beschreibt der Satz: „Der eine stabilisiert eine Bewegung, der
andere verkauft sie.“
Beachten
Sie dies gerade bei schnellen bzw. raumgreifenden Aktionen: Einer macht die
simpleren Bewegungen (Stabilisierung), während der andere freie Bahn für allen
Schnack dieser Welt hat! Leider sieht man auch hier oft das Gegenteil: Beide in
parallelen, ziemlich schwierigen Schrittkombinationen – sie müssen sich die
Energie teilen, daher wird es langsamer bzw. weniger stabil.
Fazit:
Kein „Stopp and Go“ wie im Autobahnstau –
bleiben Sie im Flow, und lassen Sie
sich von ihm dorthin treiben, wohin es möglichst mühelos geht!
Werbung: Nähere Hintergründe finden Sie in meinem "Milonga-Führer" zum Beispiel auf den Seiten 150-152, 158-161 und 166-168.
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Keep on swingin‘!
P.S. Bevor ich's vergesse: Wenn Sie beim Tanzen die Energie erhalten wollen, müssten Sie natürlich zuerst mal welche erzeugen, gell?
Den folgenden Kommentar erhielt ich gestern per Mail von Peter Ripota; er bezieht sich auf das Video. Den Namen der Tänzerin habe ich allerdings gelöscht:
AntwortenLöschen„Dürfen wir das in deinem Wohnzimmer ausprobieren? Ich und (…) ??“
Lieber Peter,
Löschenaber natürlich gerne! Ich vertraue darauf, dass Du als ordentlicher Bürger eine Haftpflichtversicherung hast und Deine Tanzpartnerin ja per konkludentem Verhalten (sie tanzt mit Dir freiwillig und ohne Zwang) auf Schadenersatz und Schmerzensgeld verzichtet.
Es gibt nur ein Problem: Ihr braucht ja noch einen zweiten Mann! Ob ich hier aushelfen könnte, müsste ich erst mit meinen Heilpraktikerinnen klären...
Herzliche Grüße
Gerhard
Die darf auch mitmachen!
LöschenGut erkannt - die andere tanzt nämlich (noch) keinen Tango!
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