22.45 Uhr, ARD
Ich treibe mich gelegentlich auf der FB-Seite von Dieter Nuhr herum. Dort kann man viel über die heutige Rezeption von Satire lernen – und ihr durchschnittliches Publikum.
Egal, was der deutschlandweit wohl erfolgreichste Kabarettist auch postet: Eine dreistellige Zahl von Kommentaren ist ihm sicher. Fast 530000 Personen gefällt seine Seite.
Na ja, bei mir sind es läppische 342, und auf meinem Tangoblog gab es insgesamt 2807 Kommentare – seit Ende 2013. Das schafft Kollege Nuhr locker mit drei halbwegs interessanten Posts.
Am 24.9.20, 19.43 Uhr, kündigte der Kabarettist den Neustart seiner Sendung „Nuhr im Ersten“ am selben Abend an – mit dem lakonischen Wort: „Gleich…“ Resultat: Über 6000 „Gefällt mir“-Angaben, 969 Kommentare, 89 Mal geteilt. Auf dem eingestellten Foto sieht man die auftretenden Gäste: Monika Gruber, Wolfgang Trepper, Florian Schröder und Lisa Eckhart.
Meine Beiträge auf Facebook werden, wenn ich Glück habe, von 300 Lesern gesehen. Da kann man schon neidisch werden.
Ich habe mir aber die Mühe gemacht, die beinahe tausend Kommentare zur Ankündigung der Sendung durchzulesen. Das relativiert den Neid auf die Vielzahl der Fans erheblich. Obwohl das Programm traditionell erst gegen 23 Uhr auf Sendung geht (Satire zur Prime Time gibt es seit der Münchner Lach- und Schießgesellschaft nicht mehr), entspann sich ein fröhliches Rätselraten um den Ausstrahlungstermin – obwohl die Frage öfters im Dialog beantwortet wurde.
Ich darf mal zitieren:
„Welches Programm bitte!“
„Wann und auf welchem Sender kommt es?“
„Welches Programm? Welche Uhrzeit?“
!Toll hab doch erst 20 Uhr schluss.... Hoffe Lisa kommt am Ende, damit ich das noch gucken kann.“
„Wieviel uhr und wo bitte“
„Wann und wo kommt die Sendung???“
„Welcher Sender?“
„Das frage ich mich gerade auch..“
„Wann 20.15? Nix drin !“
„ARD 22 Uhr ca“
„Wann und wo?“
„Wann kommt es??“
„Ok wo“
https://www.facebook.com/nuhr.de
Schade, Nuhr hatte den Sendetermin einen Post vorher (24.9., 14.11 Uhr) bereits avisiert: „Heute endet die Sommerpause für Nuhr im Ersten. 2245 bis nachher, ARD“
Eine Vielzahl der restlichen Meinungsäußerungen dort bestärkt mich zusätzlich in meiner Überzeugung:
Ich bin doch ganz froh, dass ich nicht von Künstlergagen leben muss und es halt hinzunehmen habe, ob und was meine Fans so denken. Das empfinde ich als hohe Gnade.
Und die Qualität der Verrisse nimmt ja bei zunehmender Popularität nicht zu – im Gegenteil:
In der „Frankfurter Rundschau“ schreibt die TV-Kritikerin Katja Thorwarth unter dem Titel „Dieter Nuhr: Wenn ein Stammtisch-Kabarettist nach unten tritt“:
„Dieter Nuhr ist zurück - und mit ihm eine Riege der Stammtisch-Kabarettist*innen im vermeintlichen Kampf gegen Political Correctness.
Eigentlich reicht der Stammtisch-Kabarettist Dieter Nuhr schon völlig aus, um Netflix dem Öffentlich-Rechtlichen vorzuziehen. Wenn er jedoch mit Lisa Eckhart, Monika Gruber, Florian Schröder und Wolfgang Trepper eine Riege pseudo-revolutionärer Schenkelklopfer*innen um sich sammelt, die sich gegenseitig teils darin überbieten, der links-versifften Political Corectness auf den Keks zu gehen, lohnt sich ein Blick in den Abgrund allemal. Und sei es auch nur dafür, alles im Vorfeld befürchtete zu bestätigen.“
In ihrem Artikel zitiert sie auch den Regisseur Falk Richter, der auf Twitter „nicht ganz falsch liege“, wenn er meint:
„Die AfD lädt ein: die widerlichsten Figuren, die Deutschland und Österreich gerade zu bieten haben gemeinsam zum rassistisch homophoben Stammtischtreffen“
Falls jemand – wie ich – Richter nicht kennen sollte:
Das von ihm 2015 inszenierte Theaterstück „FEAR“ beispielsweise war nicht unumstritten.
Alexander Kissler diagnostizierte im Onlineangebot der Zeitschrift Cicero, der Abend propagiere „Vernichtung, nicht Diskurs“. Er sei „eine Kampfansage, kein Diskussionsangebot“ sowie eine „intellektuelle Bankrotterklärung“. Peter Laudenbach bilanzierte in der Süddeutschen Zeitung, das Stück unterliege der „gleichen Logik wie die rechten Foren und Blogs, deren Teilnehmer einander zu immer schrilleren Ausfällen gegen Demokratie, Presse, Kanzlerin und sonstige Andersdenkende anstacheln: Diskursunfähigkeit als Programm“.
https://de.wikipedia.org/wiki/Falk_RichterDas meiste Fett bekommt in der Rezension neben Nuhr natürlich Lisa Eckhart ab, welche Frau Thorwarth als „ganz die smarte Wienerin“ charakterisiert. Nein, werte Autorin: Die Kabarettistin und Autorin wuchs in der Steiermark auf und studierte in Paris und Berlin…
Und um auch Sie noch zu informieren: Die Sendung lief am letzten Donnerstag, 22.45, ARD.
Hier könnte man das Nachsehen haben:
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