Botschaften von der flachen Erde


Das menschliche Gehirn ist bei Katastrophen einfach strukturiert: Wenn etwas Schlimmes passiert, muss stets jemand daran schuld sein. Blöde Zufälle scheiden aus.

Brach früher ein Vulkan aus, hatte man eben die Götter geärgert. Zur Besänftigung warf man dann ein Dutzend Jungfrauen in den Krater. Früher oder später hörte die Eruption auf eine klare Bestätigung der Annahmen...
 
In Sachen Corona bietet sich uns ein noch weiteres Feld:

Wie wäre es beispielsweise mit dem neuen 5G-Netz?

Ali Erhan, Maschinenbauer, IT-Berater und esoterischer Dienstleister (Geistheilung) ist sich sicher, woher das Coronavirus wirklich kommt und warum es ausgerechnet in Wuhan ausgebrochen ist.
Er schreibt:
„Wuhan gehört auch zu den ersten Pilot-Städten Chinas (sogar der Welt), die jetzt schon voll mit 5G in der Endausbaustufe bestückt.
Über 30.000 (!!!) zusätzliche 5G-Sendemasten pflastern engmaschig die ganze Stadt. In Den Haag fielen während 5G-Tests tausende Vögel tot vom Himmel.
Forscher sagen, dass diese hochfrequenten Mikrowellen genau in den Bereichen arbeiten, die erheblichen Einfluss auf Organe und Regelmechanismen von Mensch und Tier haben. Manche bezeichnen 5G sogar als eine militärische Waffe! Wenn es tatsächlich Tote in Wuhan gab, waren es evtl. 5G-Opfer?
Wird uns dann die Geschichte mit dem Corona-Virus als Ablenkung und Vertuschung aufgetischt? Um evtl. die 5G-Industrie und ihre Milliarden an Investitionen weltweit zu schützen?"

Aber auch die Tiermast in Verbindung mit Kirche, Politik und Wissenschaft steht in dringendem Verdacht:

Der ehemalige evangelische Pfarrer und Anhänger der umstrittenen fränkischen Neureligion Universelles Leben, Dieter Potzel, verbreitet auf seiner Webseite einen Verweis auf seine aktuellen Stellungnahmen zu Themen der Zeit. (…)
„Urchrist" Potzel tritt vehement für die von der „Lehrprophetin" Gabriele Wittek postulierten veganen Ernährung ein. Im Schweinefleischgenuss sieht er das eigentliche Übel. In China handle es sich um das in China meistkonsumierte tierische Nahrungsmittel.
Deshalb ist Potzel überzeugt: „Das ist auch eine schwerwiegende Parallele zu Europa, wo das vielfach tödlich Virus nun auch massiv um sich greift und, wo aber auch die Lobby der Schweinemäster in Verbindung mit den Kirchenmännern die Politik und die Wissenschaft massiv beeinflusst, so dass es nicht so kompliziert ist, mögliche Antworten auf die bei rubikon.news gestellte Frage zu ahnen."

Nun ja, bei uns ist Fledermaus-Suppe zwar noch ein relativ rares Gericht, aber man kann ja nie wissen…

So wie bei der Spanischen Grippe vor 100 Jahren haben natürlich auch manche Staaten ihnen missliebige Nationen im Verdacht:

Nicht zuletzt die iranische Führung, mit US-Präsident Donald Trump tief verfeindet, spielt mit dieser Sichtweise. So erklärte der Chef der iranischen Revolutionsgarden, Hussein Salami, das Coronavirus könnte ein „biologischer Angriff der USA" sein. Auch Irans mächtigster Mann, der oberste Führer Ajatollah Ali Chamenei, übernahm diese Verschwörungstheorie: „Es besteht die Eventualität, dass die Verbreitung des Coronavirus im Iran ein biologischer Angriff ist."

Solche Verdächtigungen haben eine lange Tradition – so existieren beispielsweise für die ziemlich unbeliebte Küchenschabe die Bezeichnungen „Schwabenkäfer, Preuße, Russe und Franzose“.

Ach ja, damit wir’s nicht vergessen: Verdächtig ist – ob bei Krankheiten oder Impfungen – die milliardenschwere Pharmaindustrie:

Noch schräger, ja hirnrissiger, ist die Version, Bill Gates und andere Milliardäre hätten das Virus gezüchtet, um mit Impfstoffen und Medikamenten Riesenprofite zu generieren. Ausgerechnet Bill Gates.
Ein bisschen Allgemeinbildung hätte gezeigt, dass seine Stiftung mehrere Milliarden in die Gesundheitsentwicklung in Schwellenländern investiert. Unter anderem in Impfprogramme und in die Erforschung von Impfstoffen.

Dank der digitalen Medien gehen Fake-Videos schneller als die Viren um die flache Erde:

Aktuell verbreitet sich auf Twitter ein Video aus Italien. Es zeigt einen schwarzen Patienten. In dem Tweet heißt es, der Mann werde trotz einer Corona-Erkrankung in einem italienischen Krankenhaus nicht behandelt. Auf dem Video in dem Tweet ist zu hören, wie ihn mutmaßlich das medizinische Personal rassistisch beleidigt und ihm sogar den Tod wünscht. Das Video wurde hunderttausende Male abgerufen.
Doch das Video ist bereits über ein Jahr alt. Es zeigt den jungen Ivorer Souleymane Rachidi (heute 21 Jahre alt, seit fünf Jahren in Italien), der am 24. Februar 2019 wegen Brustschmerzen in das Krankenhaus von Salerno eingeliefert worden war. Salerno liegt im Süden Italiens nahe Neapel. Auf dem Video ist nicht zu erkennen, wer ihn rassistisch beleidigt, zu hören ist nur die Stimme einer Frau. Damals berichteten mehrere lokale Medien darüber, dass Rachidi rassistisch beleidigt wurde.

Im Normalfall muss ein Verschwörungstheoretiker aber nix beweisen – die Mächtigen vertuschen ja alles. Stets gibt es ein Bedrohungsszenario („Wir sind in Gefahr“), ein Täuschungsszenario („Wir werden belogen“) und geheime Akteure, die Bedrohung und Täuschung zu ihrem Wohl organisieren und aufrechterhalten.

Ganz überzeugend ist stets die Frage: Wem nützt das? Dann ist der auch automatisch schuld. Nun beweist die Geschichte zwar, dass ein vermeintlicher Nutzen sich für den Verursacher sehr oft negativ ausgewirkt hat – aber so genau möchte man es gar nicht wissen. Und bei Nachweismangel einfach Fragen stellen – irgendwas wird schon dran sein…

Eine schöne Zusammenstellung bietet das folgende Video:

Aufschlussreich ist ein Interview mit dem Augsburger Autor und Journalisten Bernd Harder:

Herr Harder, was sind das für Menschen, die solche Verschwörungstheorien in die Welt setzen?
Bernd Harder: „Die Leute, die das bewusst verbreiten, die haben ganz gezielte Interessen. Die wollen diese Angst und diese Verunsicherung, die wir alle spüren, noch weiter anheizen aus verschiedenen Gründen. Viele, die medizinische Unwahrheiten verbreiten, die wollen einfach ihre eigenen Produkte verhökern. Da ist immer irgendein Shop im Hintergrund, für Nahrungsergänzungsmittel oder für sonst was. Andere Leute wollen ganz gezielt destabilisieren. Die sehen jetzt ihre große Stunde kommen, um den für sie verhassten Staat und die Lügenmedien, wie sie sie nennen, komplett zu destabilisieren und sich dann als starker Mann aufspielen zu können."

„Das Wenige, was man aus der Psychologie über Verschwörungsgläubige weiß, ist, dass es tatsächlich so eine gewisse seelische Disposition dafür gibt. Das sind in aller Regel Menschen, die sich isoliert und machtlos fühlen und die so ein bisschen die Kontrolle über ihr Leben verloren haben. Also die nicht mehr so richtig verstehen, was eigentlich um sie herum vor sich geht, die mit dieser ganzen Komplexität nicht zurechtkommen. Und da sucht man dann eben nach einfachen Antworten auf komplizierte Fragen. Und dafür sind Verschwörungstheorie natürlich perfekt."

Eine hübsche Parallele ist auch die Hexenverfolgung:

Die Gründe für die gegenüber dem Mittelalter in der Frühen Neuzeit deutlich verstärkte massenhafte Verfolgung in einigen Regionen sind vielfältig. So gab es zu Beginn der Neuzeit eine Vielzahl an Krisen wie die Kleine Eiszeit, pandemische Seuchen und verheerende Kriege.
Insgesamt wird geschätzt, dass in Europa im Zuge der Hexenverfolgung drei Millionen Menschen der Prozess gemacht wurde, wobei 40.000 bis 60.000 Betroffene hingerichtet wurden. Der Höhepunkt der Verfolgungswelle in Europa liegt zwischen 1550 und 1650.

Raten Sie mal, von wem dieses Zitat stammt?

„Der Volksmund nennt sie die Weisen Frauen. ...Es ist ein überaus gerechtes Gesetz, dass die Zauberinnen getötet werden, denn sie richten viel Schaden an, was bisweilen ignoriert wird, sie können nämlich Milch, Butter und alles aus einem Haus stehlen … Sie können ein Kind verzaubern … Auch können sie geheimnisvolle Krankheiten im menschlichen Knie erzeugen, dass der Körper verzehrt wird … Schaden fügen sie nämlich an Körpern und Seelen zu, sie verabreichen Tränke und Beschwörungen, um Hass hervorzurufen, Liebe, Unwetter, alle Verwüstungen im Haus, auf dem Acker, über eine Entfernung von einer Meile und mehr machen sie mit ihren Zauberpfeilen Hinkende, dass niemand heilen kann … Die Zauberinnen sollen getötet werden, weil sie Diebe sind, Ehebrecher, Räuber, Mörder … Sie schaden mannigfaltig. Also sollen sie getötet werden, nicht allein weil sie schaden, sondern auch, weil sie Umgang mit dem Satan haben.“

Sorry, aber das sagte Martin Luther in seiner Predigt vom 6.5.1526!

Der schon oben zitierte Bernd Harder glaubt nicht, dass es einen Zweck hat, mit Verschwörungstheoretikern zu diskutieren. Eher plädiert er für eine Nachrichten-Abstinenz:

„Das ist natürlich klar, dass jeder von uns im Moment versucht, sich möglichst umfassend zu informieren. Jeder will hier einen Informationsvorsprung haben. Jeder will ja mehr wissen als die anderen. Aber die große Gefahr darin ist halt nicht, dass wir zu wenig wissen, sondern dass wir zu viel wissen. Deshalb ist weniger eigentlich eher mehr. Sich nicht verrückt machen lassen, nicht den ganzen Tag am Internet hängen, nicht alles in Echtzeit verfolgen, sondern vielleicht einfach mal zwei Stunden spazieren gehen und dann mit der Nachbarin darüber reden, ob die das genauso für plausibel hält."

Aber manche Realsatire ist einfach zu schön, um unbetrachtet zu bleiben. Hören wir uns daher zum fröhlichen Schluss die Botschaft  des Schweizer TV-Channel-Mediums Nancy Holten an. Ob ihre Weisheiten aus der Überwelt oder von einem eigenmächtigen Therapieabbruch stammen, werden wir nicht ergründen können:


Und in der nächsten Folge: Warum die Erde eine Scheibe und Piazzolla untanzbar ist – neue Aussendungen der „Schwarz-Weißen Bruderschaft“!

Kommentare

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