Liebes Tagebuch… 28
Da
wurde mir kürzlich nicht digital, sondern ganz analog und unter vier Augen eine
interessante Frage gestellt. Sie bezog sich auf eine sehr ausführliche Besprechung meines Tangobuches, die ich
neulich veröffentlicht habe: http://milongafuehrer.blogspot.de/2016/11/buchbesprechung-der-noch-groere-milonga.html
Den
Namen der Autorin hatte ich nicht genannt (aus mir sehr einleuchtenden Gründen).
Daher nun die Frage selbigen Lesers meines Blogs, ob dies nicht inkonsequent sei, weil ich doch ansonsten
so viel Wert darauf legen würde, dass meine Plattform „unanonym“ sei, also nur unter
Klarnamen geschrieben würde.
Ich
bedanke mich ausdrücklich für diesen Gedanken (wobei ich mich natürlich noch
mehr gefreut hätte, wenn er öffentlich, also per Kommentar geäußert worden wäre).
In der konkreten Gesprächssituation war nicht so viel Zeit – schon gar nicht zum
Nachdenken – daher nun meine ausführliche Antwort:
Als
ich vor gut drei Jahren mit dem Bloggen anfing, hatte ich keinerlei Erfahrungen
in diesem Metier. So kam es mir damals überhaupt nicht in den Sinn, mir könnten
jemals Gastbeiträge angeboten
werden. Was mich zum Untertitel „garantiert
unanonymes Blog“ brachte, waren die schrecklichen Erfahrungen, die ich mit Internet-Foren
gemacht hatte: falsche Tatsachenbehauptungen, Beleidigungen, wüste
Beschimpfungen, ja Hasstiraden – und im Endeffekt keiner, der das verantwortete: fehlendes Impressum plus weitgehend
anonyme Kommentare.
Wenn
man in meinem allerersten Artikel (http://milongafuehrer.blogspot.de/2013/10/zunachst-die-antworten-auf-die.html)
nachliest, wird man feststellen, dass ich damals nicht versprochen habe, dass
bei mir nun in jedem Fall Namen genannt
würden: „Mein Grundsatz hierbei: Je
kritischer ein Beitrag ausfällt, desto mehr werde ich versuchen, reale Namen,
Daten und Orte zu verschleiern. (…) Auch dem Leser kommt die Verantwortung zu,
sich die beliebte Frage ‚Wer ist da gemeint?‘ zu verkneifen, denn sie läuft ins
Leere.“
Offenbar
konnte ich mir also damals schon Situationen vorstellen, in denen es nicht ratsam
war, Namen zu nennen.
Zweimal
habe ich bislang Gastbeiträge veröffentlicht, ohne den Autor persönlich zu
nennen – und manchmal auch längere Texte von Bloggern zitiert bzw. übersetzt,
welche ohne Impressum posten (z.B. „Tango Voice“ oder „Vio Tango Forge“). Ich
habe dabei stets Pro und Contra sorgfältig abgewogen.
Auch
bei den Kommentaren gibt es Grenzfälle,
die ich mir zu Beginn meines Blogs nicht habe vorstellen können. So habe ich es
Yokoito (wegen seines sehr
interessanten Forums und seiner stets fairen Umgangsweise) erlaubt, unter
Pseudonym zu kommentieren, und bei einer kleinen Zahl von „Klarnamen“ bin ich
durchaus im Zweifel, ob sie echt sind. Soll ich mir in diesen Fällen
Personalausweise vorlegen lassen?
Das
Ziel, welches ich mir vor über drei
Jahren gesetzt habe, sehe ich dennoch als voll erreicht an: Mein Blog ist
offenbar für „Trolle“ und „Hater“ (momentan sogar ein Thema für die
Justizminister-Konferenz) völlig uninteressant. Das könnte schon daran liegen,
dass bei mir Kommentare nicht automatisch, sondern erst nach meiner Prüfung
online gehen, und – ob mit Namen oder nicht – keinesfalls veröffentlicht
würden, falls die Grenzen der von mir hoch geschätzten Meinungsfreiheit
überschritten würden.
Könnte
ich mehr Leserbeiträge bekommen,
wenn ich weniger restriktiv verfahren würde? Bei einem solchen Nischenthema bin
ich da skeptisch. Und wenn? Den Müll, welchen ich teilweise auf anderen
Internetplattformen lesen muss, brauche ich wirklich nicht!
Insgesamt
ist mein Blog nach wie vor „garantiert
unanonym“: Ich verantworte (mit
realem Namen und ladungsfähiger Anschrift) jede Zeile davon. Daher steht es
jedem frei, bei (gelegentlich behaupteten) Überschreitungen der grundgesetzlich
gewährten Meinungs- und Kunstfreiheit seinen Anwalt zu beauftragen, mir ein
Unterlassungsersuchen zukommen zu lassen. Dies ist bislang noch nie geschehen,
und ich ahne auch, warum!
Eines
muss ich zugeben: Es hat mich sehr gereizt, die oben genannte Rezension meines
Tangobuches zu veröffentlichen. Tatsächlich erhalte ich für den „Milonga-Führer“
mindestens zehnmal so viel Lob wie Kritik. Ersteres allerdings meist nur
persönlich ins Ohr geflüstert oder per private Nachricht. Öffentliche Bekenntnisse dieser Art sind dagegen rar:
Offensichtlich möchte man es sich doch nicht mit den „VIPS“ der eigenen Szene
verderben, welche gerne gegen mein Buch poltern…
Daher
werde ich natürlich auch verschweigen, wer mir neulich die Frage gestellt hat, welche
ich hiermit hoffentlich beantwortet habe. Die Gefahr, in unserer „Bussi-Gesellschaft“
hinterrücks von einem Verschwörer erdolcht zu werden, ist anscheinend riesig.
Und von Heldentum ist ja auch in Tangotexten
wenig die Rede!
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