Im Südwesten was Neues



Bereits seit längerer Zeit war ich neugierig auf die Veranstaltungen des Kaufbeurer Vereins „Tango Luna“. Wie in einem meiner früheren Beiträge erwähnt, wollte ich mir diesmal die „Milonga im Jagdhof“ am 19.11.16 nicht entgehen lassen:
http://milongafuehrer.blogspot.de/2016/10/kleiner-dj-fuhrer.html

Wie ich bereits im Vorfeld aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen erfuhr, gebe es dort genügend Parkplätze vor dem Haus, in der Garderobe ausreichend Stühle zum Schuhewechseln und auch sonst alles, was man brauche. Tja, allmählich spricht es sich in der Szene herum, worauf ich Wert lege…

Nein, im Ernst, die Empfehlung ging ja noch weiter: Die Atmosphäre sei herzlich und nicht mit künstlichen Regeln überfrachtet. Ehrlich gesagt hatte mich bereits ein Satz auf der Website des Vereins davon überzeugt: „Wie immer gilt den ganzen Abend Herren- und Damenwahl.“ Einst für uns selbstverständlich – in der heutigen Tangowelt dennoch zum Niederknien schön…

Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich bin gestern so oft von Tänzerinnen aufgefordert worden wie sonst auf zehn oder zwanzig Milongas nicht – und zwar (vielleicht auch wegen der nicht ganz cabeceo-freundlichen Aufteilung der Sitznischen) ausschließlich verbal!

Das hat mir wieder einmal gezeigt, wie unnötig der ganze Krampf ist, den man heute im Tango mit der Partnerwahl macht: Einfach hingehen und nett fragen reicht doch – und dann möglichst noch so gut tanzen wie gestern! Weiterhin sehr aufschlussreich: Die Damen sind durchaus bereit, beim Auffordern aktiv zu werden – wenn man ihnen denn Mut macht…

Bereits der Saal im „Jagdhof Schlingen“ bei Bad Wörishofen ist eine Reise wert: Eine solche Kombination aus Goldbronze und Puffrot habe ich noch nie erlebt, dazu die 50-er Jahre-Schirmlämpchen über den Tischen… Aber Kitsch gehört ja – in beliebiger Dosis – zur Seele des Tango!

Eine von mir sonst oft beobachtete Grundregel haben die Veranstalter gestern nicht erfüllt: Je freundlicher die Gastgeber, desto schlechter läuft das Geschäft. Nun, der Laden war voll, und die Organisatoren gingen dennoch sehr liebevoll auf die Besucher zu (vor allem auch auf neue wie uns) und – geradezu sensationell – forderten sie sogar zum Tanzen auf!

Mein Eindruck: „Geschäft“ ist in diesem Fall offenbar kein Thema. Für die Verantwortlichen des Vereins ist Tango wohl eine Herzenssache – das spürt man. Und diese Herzlichkeit überträgt sich auf die ganze Milonga.

Die Musik? Bemerkenswert schon einmal, dass DJ Daniel vielen seiner Kollegen Übung im Prozentrechnen voraus hat: Die Ankündigung, auch zirka 30 Prozent „Neotango“ zu bieten, wurde voll eingehalten. Nun ist dieses Wort heute ja ziemlich schillernd, und man kann darüber streiten, ob man darunter unbedingt vorwiegend tangoferne Popmusik verstehen muss. Mein Tipp: Versucht‘s doch mal mit modernen Musikern, die wirklich Tango spielen – ob nun Las Sombras, Mosalini, Morgado oder gar – horribile dictu – Piazzolla! Tut bestimmt nicht weh, und auch das Tanzen dazu kann man lernen…

Und muss man sich im traditionellen Sektor wirklich an das klammern, was halt fast alle auflegen? Das war mir anfangs ein wenig zu brav… Was mir dennoch auffiel: Die Musik wurde wirklich (und das von einem Amateur) beeindruckend professionell dargeboten – von der Tontechnik bis zur Tanda-Zusammenstellung und -Abfolge. Im späteren Verlauf des Abends lief der DJ dann zu Hochform auf: wunderbar schnulzige und auch dynamische Titel (besonders hervorzuheben herrliche Milonga-Runden) – Kompliment!

Was ich wieder einmal erlebte: Je vielfältiger die Musik, desto besser wird getanzt. Ist ja eigentlich auch klar: Ohne Herausforderungen keine Weiterentwicklung!

Von einem Gast wurde ich im Verlauf des Abends gefragt, ob es mir nach so vielen Jahren im Tango nicht langweilig würde. Meine Antwort: Manchmal schon, aber wenn ich dann Milongas wie diese erlebte, wäre ein solches Gefühl ganz schnell verflogen. So blieben wir länger als vorgesehen, weil uns Stimmung und Musik nicht von der Piste ließen.

Und die Euphorie reichte sogar noch, wie in alten Tagen, für den sehr langen Heimweg. Kein Zweifel: Der Tango fasziniert uns nach wie vor – wenn man ihn denn mal von der Kette lässt!    

Auch zukünftig gibt es Gelegenheiten, bei Veranstaltungen dieses Vereins tanzen zu gehen: Am 16.12.16 findet eine Weihnachtsmilonga statt, am 31.12.16 ein Silvestertanz mit dem von mir sehr geschätzten DJ Hannes Rieger, und am 25.3.17 steht dann die nächste „Milonga im Jagdhof“ an – diesmal mit einem Musikmix von 50:50 traditionell und modern: http://www.tango-kaufbeuren.de/events

Da kann doch nix mehr schief gehen… Solltet ihr, liebe Tangokollegen, also an diesen Terminen in München sein: Fahrt weiter nach Bad Wörishofen!

Kommentare

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