Zensur!


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(Grundgesetz Artikel 5)

Ich habe aufgehört zu zählen, wie oft man mir schon vorgeworfen hat, auf meinem Blog „Zensur“ auszuüben. Daher komme es ja auch, dass kaum jemand dort kommentieren möge – denn Widerspruch zu den Ansichten des Bloggers veröffentliche der gar nicht erst.

Da ist es wieder, das Argument, welches derzeit vor allem von treudeutscher Seite ventiliert wird: „Das darf man ja heute nicht mehr sagen.“ Und das, obwohl ich doch im Gegenzug alle Welt beleidige!

So auch mein neuer Leser Christian Birkholz („El Malevo“), welcher sich momentan große Mühe gibt, mein Blog nach anstößigen Stellen zu durchforsten und diese anklagend auf Thomas Kröters FB-Seite zu veröffentlichen (wo sich derzeit, nach dem Niedergang von Cassiels Blog, immer mehr die „Anti-Riedl-Jünger“ zu versammeln scheinen):

„Ich bin manchmal etwas verwundert ob der wenigen kritischen Kommentare in Deinem Blog. Da muss manchmal an ‚Neues Deutschland‘ oder ‚Pravda‘ (Die Wahrheit) denken.“ (Quelle: Post vom 28.10.19)

Soll also wohl heißen: Ebenso wie in diesen staatlich gelenkten Presseorganen keinerlei oppositionelle Stimmen zu Wort kamen, duldet Gerhard Riedl in seinem Blog kaum „regimekritische“ Äußerungen.

Vermutlich wird Herr Birkholz heftig widersprechen: So habe er das nicht gemeint. Gut, vielleicht muss er die ganze Zeit anlasslos an solche Zeitungen denken, warum auch immer… Jedenfalls habe für ihn die Kommentarfunktion meines Blogs den gleichen Reiz, wie eine Übersiedlung in die Ostzone in den 80ern für einen BRD-Bürger hatte".

Ich halte es jedenfalls lieber mit Fakten und habe nachgezählt: 2019 gab es auf meinem Blog von dritter Seite 59 positive bis neutrale Kommentare und 36 kritische bis negative. Dabei habe ich sogar teilweise böse Äußerungen über meine Texte auf anderen Foren als Kommentar bei mir eingestellt.

Nun betrachte ich 95 Kommentare in 10 Monaten als nicht ganz wenig, zumal diese Funktion bis Ende Juli des Jahres nur eingeschränkt zur Verfügung stand:
Einen Anteil von zirka 38 Prozent eher negativer Äußerungen halte ich für nicht gerade wenig – zumal es mir eine seltsame Logik erscheint, die Qualität eines Blogs in Zweifel zu ziehen, wenn es überwiegend gelobt wird.

Okay, Herr Birkholz wollte das nicht nachrechnen – hätte auch mehr Mühe gemacht als vollmundige Verdächtigungen in die Welt zu setzen. Ich halte das für eine bewusste Rufschädigung – aber dergleichen hat mein Blog in all den Jahren gut und mit stetig steigenden Zugriffszahlen überstanden.

Über all dem schwebt natürlich das böse Wort im Titel dieses Textes: Wer heute „Zensur“ ruft, sammelt vollautomatisch eine Menge von „Wutbürgern“ um sich, welche gegen diese Sturm laufen. Schließlich steht doch schon im Grundgesetz: „Eine Zensur findet nicht statt.“

Auf dieser Erfolgswoge möchte auch Kollege Thomas Kröter reiten, der erst heute auf Facebook für eine lebhafte Debatte auf seinem Blog mit dem Satz wirbt:
„zensur gibbs bei mir nich.“

Wie fast immer verlieren solche Sprüche gewaltig an Sexappeal, wenn man sie einem Faktentest unterzieht:

Klar gibt es Zensur, auch in unserem Land. Und das ist gut so.

Wikipedia:
„Zensur (lateinisch censura) ist der Versuch der Kontrolle der Information. Durch restriktive Verfahren – in der Regel durch staatliche Stellen – sollen Massenmedien oder persönlicher Informationsverkehr kontrolliert werden, um die Verbreitung unerwünschter oder ungesetzlicher Inhalte zu unterdrücken oder zu verhindern. Nicht nur totalitäre Staaten können Zensur durchführen. (…)
Die Zensur dient dem Ziel, das Geistesleben in religiöser, sittlicher oder politischer Hinsicht zu kontrollieren. Diese Kontrolle wird damit begründet, man wolle oder müsse schutzbedürftige Gesellschaftsgruppen vor der schädlichen Wirkung solcher Inhalte bewahren.“

Was ist dann mit dem berühmten Artikel 5 Grundgesetz? Er verbietet eine Vorzensur durch staatliche Stellen. Niemand muss also bei uns eine Behörde um Erlaubnis fragen, wenn er etwas veröffentlichen möchte:

„Da Grundrechte traditionell als Abwehrrechte Privater gegenüber dem Staat zu verstehen sind (Art. 1 Abs. 3 GG), ist in Deutschland eine verbotene Zensur im Sinne von Art. 5 Abs. 1, S. 3 Grundgesetz nur die Zensur durch den Staat oder dem Staat zurechenbare Stellen. Eine Vorauswahl privater Stellen, ob Beiträge veröffentlicht werden oder nicht (z. B. einer Zeitungsredaktion vor der Veröffentlichung von Leserbriefen oder eines Forenmoderators vor oder nach der Veröffentlichung von Beiträgen in Online-Foren), ist daher keine Zensur im Sinne des Grundgesetzes und verfassungsrechtlich unbedenklich.“

Es ist also schlichtweg Bullshit, einem Blogger vorzuwerfen, er verübe Zensur (im Sinne des Grundrechts-Schutzes). Und im übertragenen Sinne betreiben wir die alle: Wer würde denn von „Zensur“ oder gar „Verstoß gegen die Religionsfreiheit“ reden, wenn wir uns entscheiden, die Predigt eines Sektenmitglieds nicht anhören zu wollen – weder auf der Straße noch gar in unserer Wohnung?

So ist das auch mit dem digitalen Hausrecht: Jeder Forenbetreiber oder Blogger darf selber entscheiden, ob er Anmerkungen zulässt und welche Bedingungen er an diese stellt. Meine kann man in der Kommentarspalte erfahren:

Bitte geben Sie im Kommentar Ihren vollen (und wahren) Namen an und beziehen Sie sich ausschließlich auf den Inhalt des jeweiligen Artikels. Unterlassen Sie herabsetzende persönliche Angriffe, gegen wen auch immer. Beiträge, welche diesen Vorgaben nicht entsprechen, werden – ohne Löschungsvermerk – nicht hochgeladen.“

Für die heutige Zeit scheinen das unmenschliche Anforderungen zu sein: Da möchte ich doch glatt wissen, mit wem ich mich austausche, und zwar nicht über irgendetwas, sondern das, was ich schreibe – und will schon gar nicht über charakterliche Defizite (wessen auch immer) reden.
   
Das kann doch eigentlich nur Leute stören, die schon morgens angefressen sind, wenn die Bäckereifachverkäuferin die Bestellung aufnehmen und nicht über Politik debattieren möchte, sich anschließend nicht „dumme Kuh“ nennen lassen will und dann noch nach den Personalien des renitenten Kunden fragt…

Echt, diese Spezies möchte ich auch nicht auf meinem Blog haben. Ich freue mich zwar über Kommentare - aber ein Hauen und Stechen wie in anderen Foren brauche ich bestimmt nicht.

Und selbstverständlich setzt auch der Staat der freien Meinungsäußerung Grenzen.

·         Persönlichkeitsrechte im Sinne des Schutzes vor Beleidigung, Übler Nachrede und Verleumdung, Schutz der Privatsphäre, Urheberrecht
·         Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung (Volksverhetzung, NS-Verherrlichung, Gebrauch von Nazi-Symbolen, Leugnung des Holocaust)
·         Diskriminierungsverbote wegen Herkunft, Rasse, Geschlecht etc.
·         Jugendschutz
·         Schutz von religiösen Bekenntnissen sowie Ehe und Familie
·         kriminelle Veröffentlichungen wie Kinderpornografie
·         staatliche Sicherheit (Geheimnis- und Landesverrat, Terrorismus-Bekämpfung)
·         Internet-Recht


Und dafür trägt jeder Blog-Betreiber die juristische Verantwortung. Spätestens, wenn er von der Rechtswidrigkeit von Kommentaren erfährt, muss er löschen.

Daher, lieber Thomas Kröter: Zensur gibbs bei dir ooch.

Hoffe ich wenigstens…

P.S. „Reporter ohne Grenzen“ sah 2018 die Pressefreiheit in Deutschland auf Platz 15 von 180 Ländern. Sollte man bei all dem Gejammer kaum glauben!
https://www.reporter-ohne-grenzen.de/rangliste/2018/


Kommentare

Hinweis zum Kommentieren:

Bitte geben Sie im Kommentar Ihren vollen (und wahren) Namen an und beziehen Sie sich ausschließlich auf den Inhalt des jeweiligen Artikels. Unterlassen Sie herabsetzende persönliche Angriffe, gegen wen auch immer. Beiträge, welche diesen Vorgaben nicht entsprechen, werden – ohne Löschungsvermerk – nicht hochgeladen.
Sie können mir Ihre Anmerkungen gerne auch per Mail schicken: mamuta-kg(at)web.de – ich stelle sie dann für Sie ein.