Quiz: EdO-Tangos


Liebe Leser,

mein Quiz zum traditionellen Tango hat, was mich natürlich sehr freut, unerwartet viel Interesse gefunden.

Daher könnte ich mir vorstellen, dass eine Fortsetzung manchen Spaß bereitet. Was ich natürlich voraussah: Dass mich einige nun endgültig für einen arroganten Klugschwätzer halten und daher das „Oberlehrer-Klischee“ bemühen. Nun gut, wem’s bei der Bewältigung pubertärer Traumata hilft…

Tatsächlich aber macht mir die Tatsache, von einer Materie etwas zu verstehen, nicht mehr Freude als dem Durchschnitt der Menschheit. Ich möchte halt von einer Musik, zu der ich tanze, etwas mehr wissen als dass es sich um (historischen) Tango handelt – und fürchte, dass es sich bei der Mehrzahl der Milongabesucher weitgehend hierauf beschränkt.

Für mich jedenfalls erwachen die alten Sachen (wenn überhaupt) mehr zum Leben, wenn ich die Orchesterchefs, die Solisten und die zeitliche Zuordnung einschätzen kann und vielleicht sogar weiß, worum es bei einem Tangotext ungefähr geht.

Daher viel Vergnügen (oder eine gerechte Empörung) bei den folgenden Fragen! (Die Lösungen gibt es dann wieder am Ende des Artikels.)

1.    Der sehr rhythmische, aggressive Stil des Orchesters von Juan D’Arienzo ging maßgeblich zurück auf den Einfluss

des Orchesterchefs selber
des Arrangeurs
des Pianisten
der beteiligten Sänger

2.    Welcher Sänger gilt nach Expertenmeinung als der beste in D’Arienzos Orchester?

Alberto Echagüe
Alberto Reynal
Carlos Casares
Héctor Mauré

3.    Wer war der Star-Pianist im Orchester von Aníbal Troilo?

Rodolfo Biagi
Fulvio Salamanca
Orlando Goñi
Osmar Maderna

4.    Welches Tangorchester ließ dem Sänger den größten Spielraum?

Juan D’Arienzo
Carlos Di Sarli
Aníbal Troilo
Osvaldo Pugliese

5.    Der Pugliese-Titel „La Yumba“ (1943) bezeichnet

den Kosenamen von Puglieses Frau
die rhythmische Machart des Stücks
das Lieblingslokal Puglieses
das Gefängnis, in dem Pugliese oft einsitzen musste

6.    Welcher Orchesterleiter feuerte seinen Pianisten, nachdem der sich wegen des frenetischen Applauses einmal zu erheben gewagt hatte (was nur dem Chef erlaubt war)?

Juan D’Arienzo
Carlos Di Sarli
Aníbal Troilo
Osvaldo Pugliese

7.    Die Melodie dominierte am meisten beim Orchester

Juan D’Arienzo
Carlos Di Sarli
Aníbal Troilo
Osvaldo Pugliese

8.    Ordnen Sie den Leitern der vier großen Orchester der EdO (siehe letzte Frage) die folgenden Lebenszeiten zu:

57 Jahre
60 Jahre
75 Jahre
89 Jahre

9.    Welcher Orchesterchef der „Großen Vier“ (siehe oben) spielte nicht mit, sondern dirigierte lediglich sein Ensemble? Und welche Instrumente spielten die drei anderen?

10.  Welcher Tangopianist notierte nie seine Klavierstimme und ließ angeblich sogar manchmal das Instrument umdrehen, damit niemand sein Spiel kopieren konnte?

Rodolfo Biagi
Orlando Goñi
Osvaldo Pugliese
Carlos Di Sarli

11. Carlos Di Sarli hatte Mitte der 1940-er Jahre mit Problemen zu kämpfen und musste schließlich sogar zeitweise sein Orchester auflösen. Worum ging es?

Es hieß, er bringe Unglück.
Ihm wurde ein Verhältnis zu einer anderen Frau angedichtet.
Er wurde wegen Steuerhinterziehung angeklagt.
Bei einem Duell hatte er ein Auge verloren.

12.  Wegen seiner kommunistischen Überzeugung saß Osvaldo Pugliese öfters im Gefängnis. Als stiller Protest blieb bei den Auftritten des Orchesters das Piano unbesetzt, darauf lag dann stets

eine rote Nelke
eine rote Rose
eine rote Fahne
eine Ausgabe des „Kapitals“ von Karl Marx

13. Die Affäre des Orchesterchefs Francisco Canaro mit einer Tangosängerin war ein offenes Geheimnis. Sie wollte, dass er sich scheiden ließ, was Canaro jedoch aus finanziellen Gründen ablehnte. Sie nahmen miteinander etwa 200 Tangos auf – manche Titel verraten chiffriert ihre Beziehung. Die Sängerin hieß

Susana Rinaldi
Ada Falcón
Libertad Lamarque
Rosanna Falasca

14.  Das japanische Kaiserhaus war höchst interessiert am Auftritt eines   Tangoorchesters in seinem Land. Doch wegen der Reiseangst des Chefs musste sein Ensemble ohne ihn zum Gastspiel. Es handelt sich um

Francisco Canaro
Juan D‘Arienzo
Ricardo Tanturi
Osvaldo Fresedo

15. Im Gegensatz zu den Tangosängern seiner Zeit war der Stil des Sängers Raúl Berón lyrischer und weicher. Dennoch startete er mit großem Erfolg im Orchester von

Miguel Caló
Ricardo Tanturi
Pedro Laurenz
Lucio Demare

16. Wegen der langen Zusammenarbeit praktisch in einem Atemzug nannte man Orchester und Sänger bei welchem Ensemble?

Enrique Rodríguez
Edgardo Donato
Roberto Firpo
Angel D‘Agostino

17. Für seine Foxtrotts und andere Rhythmen bekannt war das Orchester von

Francisco Lomuto
Edgardo Donato
Enrique Rodríguez
Julio de Caro

18. Als der Zerstreuteste aller Tangokapellmeister gilt

Pedro Laurenz
Aníbal Troilo
Edgardo Donato
Roberto Firpo

19.  Mit welchem Orchester erzielte der Sänger Roberto Ray große Erfolge?

Osvaldo Fresedo
Pedro Laurenz
Edgardo Donato
Francisco Lomuto

20. Welches Orchester wurde mit den „Zwei Tenören” bekannt?

Edgardo Donato
Roberto Firpo
Angel D‘Agostino
Alfredo de Angelis

Ich weiß: Das war diesmal eine Nummer schwieriger! Aber die Bücher des EdO-Experten Michael Lavocah sind ja in der Szene weit verbreitet. Die meisten Fragen beantwortet er in seinem Buch „Tango-Geschichten – Was die Musik erzählt“, das ich schon einmal rezensiert habe:
Die Seitenangaben bei den Lösungen beziehen sich auf die deutsche Zweitauflage 2015.

1.    Da Juan D’Arienzo oft zu spät zu den Proben kam, war das die Gelegenheit für den Pianisten Rodolfo Biagi, das Orchester zu einer aggressiveren Spielweise zu animieren, was beim Publikum bestens ankam, sodass der Chef den neuen Stil übernehmen musste. (S. 7)
2.    Alberto Echagüe. Mauré war zwar ein großartiger Sänger, sein lyrischer Stil passte jedoch nicht zum Orchester, sodass der Chef ihn wieder entließ. (S. 11, 184-185)
3.    Orlando Goñi. Biagi und Salamanca spielten u.a. bei D’Arienzo, Maderna bei Miguel Caló (S. 22)
4.    Aníbal Troilo (S. 19)
5.    Die für Pugliese typische, wuchtige Betonung des Rhythmus – er sei dazu von den Geräuschen der Metallarbeiter inspiriert worden. (S. 29)
6.    D’Arienzo schmiss 1938 seinen Starpianisten Rodolfo Biagi hinaus, weil der den Vals „Lágrimas y sonrisas“ einmal derartig gigantisch interpretierte, dass sich das Publikum nicht beruhigen wollte. (S. 9)
7.    Carlos Di Sarli – besonders, was den „Geigenteppich“ betrifft (S. 36)
8.    Di Sarli (1903-1960: 57 Jahre), Troilo (1914-1975: 60 Jahre), D’Arienzo (1900-1976: 75 Jahre), Pugliese (1905-1995: 89 Jahre)
9.    D’Arienzo hatte zwar Violine studiert, spielte jedoch nicht mit. Am Klavier aktiv waren Di Sarli und Pugliese, am Bandoneón Troilo.
10. Di Sarli: „Er nahm sein Geheimnis mit ins Grab“, so Aníbal Troilo bei der Beerdigung des Pianisten (S. 39)
11. Konkurrenten und ein gefeuerter Ansager verbreiteten die Mär, Di Sarli sei „mufa“, bringe also Unglück. Ein Auge verlor er schon als Jugendlicher, als sich im väterlichen Waffengeschäft ein Schuss löste. Daher trat er stets mit Sonnenbrille auf. (S. 196)
12. Eine rote Nelke; Pugliese führte sein Orchester übrigens als Kooperative mit gleichen Gewinnanteilen für alle Musiker. (S. 29)
13. Ada Falcón (1905-2002): Ein sehr beziehungsreicher Titel ist beispielsweise Canaros Vals „Yo no sé que me han hecho tus ojos“ („Ich weiß nicht, was deine Augen mit mir gemacht haben“) von 1931. (S. 215-219)
14. Juan D‘Arienzo: Weder ein Blankoscheck noch das Angebot eines Flugzeugs, eines Kriegsschiffs oder eines U-Boots konnten ihn überzeugen. (S. 220-221)
15. Miguel Caló: Der erste große Erfolg war „Al compás del corazón“ („Zum Takt des Herzschlags“). Später wechselte der Sänger dann zu Lucio Demare. (S. 65-66)
16. Ángel D‘Agostino mit seinem Sänger Àngel Vargas („Los Ángeles“)
17. Enrique Rodríguez
18. Edgardo Donato: Einmal vergaß er sogar seine Frau in der Straßenbahn. (S. 104-105)
19. Osvaldo Fresedo (S. 140-141)
20. Alfredo de Angelis mit Carlos Dante und Julio Martel (S. 146-147)

Leistungen im Tango und Berühmtheit bilden oft ein sehr lockeres Paar. Als die einst sehr populäre Ada Falcón 2002 beerdigt wurde, lockte das genau 6 Besucher an. Als „Frau Canaro“ wäre ihr das nicht passiert. Hören wir daher noch einmal Francisco Canaros Huldigung an sie:

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