Der Führerschein für Frauen
„Ich halte dieses beliebige Führen und Folgen in
wechselseitigen Rollen für groben Tangounfug. Es mag mal eine lustige Spielerei
sein, aber mehr nicht. Tango Argentino lebt ja gerade davon, dass der Führende
männliche kraftvolle Präsenz zeigt, die eine Frau beim besten Willen aufgrund
ihrer physischen Weiblichkeit unmöglich liefern kann, und dass die Folgende
weibliche Eleganz mit entsprechenden Schritten, Verzierungen und Figuren
reagiert, was wiederum ein Mann nicht leisten kann, und wenn er es versucht,
sieht es eben... naja...aus. Tauschen Mann und Frau mal zum Spaß ihre Rollen,
bleibt es ein unbeholfenes Geschlurfe. Daran ändert auch nichts, dass es
durchaus eingespielte und sehenswerte Männer- bzw. Frauen- oder gemischte Paare
im Showtango gibt.“
(Berliner Tangotänzer auf der Facebook-Seite von Thomas
Kröter, 13.4.19)
Merke: Die
„männliche kraftvolle Präsenz“ beim Tango
nachzuahmen ist dem Weibe nicht gegeben. Na ja, gut – bis auf die erste Nachkriegszeit,
als die Frauen die Trümmer des von Männern verursachten 2. Weltkriegs wegräumen
durften. Später sollten sie sich dann wieder mit dem Haushalt begnügen.
Und irgendwelche effeminierte Tunten gehören auf die
Kabarettbühne, aber nicht ins wahre (Tango-)Leben!
Im Tango sind wohl viele in den 1950-er Jahren stehen geblieben, nicht nur musikalisch.
Vielleicht würde es ja helfen, wenn Frauen den „Tango-Führerschein“ machten. Doch auch
das könnte – wie bei der Auto-Fahrerlaubnis – schwierig werden:
„Doch der
Führerschein ist nicht nur die Lizenz zum Auto- oder Motorradfahren. Er ist
viel mehr: So war er jahrzehntelang vermeintlich Ausdruck männlicher Kompetenz.
Denn bis 1958, bevor das ‚Gesetz über die
Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts‘ am
1. Juli 1958 in Kraft getreten ist, mussten Ehefrauen
ihre Männer um Erlaubnis fragen, ob sie den Führerschein machen durften.“
https://www.sueddeutsche.de/auto/jahre-fuehrerschein-die-bewegende-lizenz-1.448622
Daher
sollten Frauen bei dem bleiben, was den Mann
erfreut: „weibliche Eleganz" – hier beim Schwingen des Kochlöffels:
Und
bei Problemen gibt’s ja Frauengold:
„Zum Erfolg trug
möglicherweise der Zeitpunkt der Markteinführung bei: Nachdem der Bedarf an
‚Trümmerfrauen‘ Ende der 1940er Jahre nachgelassen hatte und auch weitgehend
kein Arbeitskräftemangel in Industrie und Handel mehr vorhanden war, forcierte
die konservative Gesellschaft der 1950er Jahre die Rückkehr der Frauen in die
traditionelle Hausfrauenrolle. Frauenarbeit wurde mit Krieg und Not assoziiert;
nun sollte diese Zeit überwunden werden und die Frauen in ihre traditionelle
Rolle als Hausfrau und Mutter zurückkehren. Die damit einhergehenden
Frustrationsgefühle sollten – so die Werbestrategie – mit Produkten wie
Frauengold erträglicher gemacht oder gelindert werden, um den Frauen die
Anpassung an ihre von der patriarchalen Gesellschaft gewünschte Rolle zu
erleichtern.
In den 1960er Jahren
wurden Frauen dann wieder zunehmend als Arbeitskräfte gesucht; die dadurch
verursachte Doppelbelastung durch Haushalt und Beruf sorgte für eine verstärkte
Nachfrage nach Produkten, die diese vermeintlich erleichtern konnten. So wurde
Anfang der 1960er Jahre in einem Werbespot namens ‚Das Glück aller Frauen heißt
Frauengold‘ eine Sekretärin vorgestellt, die sich lautstark über ihren Chef
beklagt. Eine Kollegin rät ihr zu ‚Frauengold‘, was sie offenbar derart
besänftigt und wohlgelaunt stimmt, dass sie sich anschließend demütig bei ihrem
Vorgesetzten entschuldigt. ‚Frauengold‘ nehmen; und man kann über den Dingen stehen
und objektiver urteilen‘, lautete dazu die vom damaligen Gesellschaftsbild, das
Frauen als unvernünftig und emotional hinstellte, geprägte Werbebotschaft.“
Na
gut: Das Trösterchen für Mutti
enthielt 16,5 % Alkohol und wurde
1981 vom Bundesgesundheitsministerium verboten, da es einen krebsfördernden und
nierenschädigenden Wirkstoff enthielt.
P.S. Der Autor hat seinen Post auf FB inzwischen
gelöscht. Damit sind auch einige direkt darauf eingehende Kommentare
verschwunden.
Ich bedaure das und finde, man sollte eine öffentliche
Aussage entweder argumentativ verteidigen oder entsprechend interpretieren,
falls man sich „missverstanden“ fühlt.
Mir ging es nicht
darum, die Person des Schreibers herabzusetzen – auch, weil ich ihn gar nicht
näher kenne. Ich habe einen öffentlichen Kommentar zitiert und satirisch beleuchtet,
der für mich eher in die 50-er Jahre passt als ins 21. Jahrhundert – nicht mehr
und nicht weniger.Und der Schreiber hat nicht über seine „persönliche Präferenz“ gesprochen, sondern Tanzstile anderer als „groben Unfug“ bezeichnet – und allgemeine Aussagen über den Tango gemacht („Tango Argentino lebt ja gerade davon, dass…“). Von Lobpreis der „Tangovielfalt“ ist dies weit entfernt. Das reicht dann, um in meinem Blog zu erscheinen.
Dass Kritik nicht immer für Hochstimmung sorgt, verstehe ich ja. Aber damit muss jeder leben, der sich öffentlich äußert – ich ja auch. Rücksichtsvollerweise habe ich den Namen nicht genannt. Aber ohne jede Quellenangabe zu zitieren hätte mir den Vorwurf eingebracht, unseriös zu arbeiten.
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