Tagsüber arbeiten, abends posten


„Er ist ein unheilvoller, gemeiner kleiner Junge, der verzweifelt nach Aufmerksamkeit sucht, und er liebt es, Streit, Hass und Wut zu verbreiten und die dann folgenden Argumente zu beobachten. Dann hebt er seine Arme und behauptet, dass er es die ganze Zeit gewusst hätte. (…) Dieses Verhalten ist völlig pathologisch, und ich stehe zu dem, was ich vorher geschrieben habe. Ein Schulhof-Mobber bleibt ein Schulhof-Mobber, unabhängig vom Alter und Ort des Spielplatzes.“
(Medusa McClatchey Fawkes über mich auf Facebook – von mir aus dem Englischen übersetzt)

Was ich privat in sozialen Medien poste, ist doch durch die Meinungsfreiheit geschützt und allein meine Sache?

Nun, grundsätzlich schon, nur gibt es auch da Grenzen: Für Schmähkritiken (Beleidigungen), üble Nachrede, Verleumdungen oder gar Volksverhetzung könnte sich der Staatsanwalt interessieren, und selbst für weniger Schlimmes der Arbeitgeber – und auch dies kann unerfreulich enden. Dazu muss man nicht einmal als Beamter dem so genannten „Mäßigungsgebot“ unterliegen – auch normale Firmen fürchten halt, durch öffentlich einsehbare, weniger schöne Aktivitäten eines Beschäftigten bei Kunden in Misskredit zu geraten.

Damit die Juristerei nicht zu trocken wird, habe ich im Netz etliche schöne Beispiele gefunden:

Dass man Chefs und Kollegen auf sozialen Foren nicht beschimpfen oder zu deutliche Kritik an der Firma üben sollte, hat sich inzwischen herumgesprochen. Aber auch mit „Urlaubsberichten“ sollte man vorsichtig sein.

So hatte das Arbeitsgericht Düsseldorf (Az. 7 Ca 2591/11) einen hübschen Fall zu entscheiden: „Hier flog die Arbeitnehmerin während einer ärztlich attestierten Arbeitsunfähigkeit nach Mallorca. Über Facebook gab sie während ihres dortigen Aufenthalts bekannt, ihre Zeit in diversen Diskotheken zu verbringen und sich tätowiert lassen zu haben. Der Arbeitgeber kündigte sie daraufhin fristlos. Obschon das Verfahren mit einem Vergleich endete, machte das Gericht deutlich, aufgrund des Inhalts ihrer veröffentlichten Beiträge Zweifel am Krankheitszustand zu haben.

Weniger lustig fand der Lehrherr auch diesen Fall: Eine auszubildende Frisörin tippte auf Ihre Facebook-Pinnwand ‚ab zum Arzt und dann Koffer packen‘. In den folgenden Tagen folgten ausgelassene Strand- und Discobilder von den Balearen.“ Die fristlose Kündigung des Lehrvertrags wurde zwar in einem Vergleich zurückgenommen, aber mit dem Hinweis, dass arbeitsrechtliche Sanktionen möglich gewesen seien.

Auch ein 21-jähriger Lagerist landete vor dem Arbeitsgericht Krefeld (Az.: 3 Ca 1384/13): Auf Facebook veröffentlichte er ein Hochzeitsfoto, auf dem er seine frisch verheiratete und hochschwangere Ehefrau auf Händen durch ein Herz trug. Das Problem war, dass er bereits einige Wochen wegen eines Bandscheibenvorfalls krankgeschrieben war. Außerdem war er von der Arbeit freigestellt, weil er angeblich keine schweren Kisten heben könne. Per Vergleich musste er eine ordentliche Kündigung plus Abfindung akzeptieren.

Auch generell sollte man sich schon überlegen, was man aus der privatesten Sphäre in soziale Foren hinausbläst:

Nicht jeder Arbeitgeber sieht seine Mitarbeiter gerne nassgeschwitzt mit Bierflasche in der Hand auf der Theke tanzen. Insbesondere dann nicht, wenn man am Montagmorgen nicht erholt auf der Arbeit erschienen ist.“

Es kann sogar ins Auge gehen, nur den „Like-Button“ zu drücken: Das tat die in einer Bank angestellte Ehefrau, als ihr Gatte einen groben Scherz veröffentlichte, indem er ein Sparschwein schlachtete – das allerdings auf den Namen des Bankdirektors hörte. Der Dame gefiel das „Schlachten“ ihres Chefs – dem jedoch weniger. Nur auf Grund ihrer langen Betriebszugehörigkeit beließ es das Arbeitsgericht Dessau-Roßlau (Az: 1 Ca 148/11) bei einer Abmahnung.

Starke Worte müssen sich nicht einmal gegen den Arbeitgeber richten. Insbesondere bei politisch radikalen oder rassistischen Äußerungen verstehen Arbeitsgerichte wenig Spaß, denn auch das kann den Ruf der Firma schädigen:

„Ein seit 32 Jahren beschäftigter Mitarbeiter eines Bergwerkes hatte auf Facebook einen Beitrag des Nachrichtensenders n-tv kommentiert, in dem über ein Feuer in einer Flüchtlingsunterkunft berichtet wurde. Er kommentierte den Beitrag mit den Worten: hoffe, dass alle verbrennen, die nicht gemeldet sind. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich, das Arbeitsgericht erachtete diese Kündigung für wirksam.“ (Urteil vom 22. März 2016 – 5 Ca 2806/15)

Außer Diensten befindet sich inzwischen auch ein Straßenbahnfahrer – zu Recht, wie das Sächsische Landesarbeitsgericht (Urteil vom 27.02.2018, 1 Sa 515/17) meint:

„Eine außerordentliche Kündigung ist gerechtfertigt, wenn ein Mitarbeiter auf seiner Facebook-Seite unter seinem Namen nebst einem Bild in Straßenbahndienstkleidung das Bild einer meckernden Ziege mit einer Sprechblase mit den Worten ‚Achmed, ich bin schwanger‘ postet. Ein derartiges Foto stellt eine menschenverachtende Schmähung und Geringschätzung einer ganzen ausländischen Bevölkerungsgruppe, nämlich der türkischen Mitbürgerinnen und Mitbürger dar, und ist nicht durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Im Hinblick auf die Schwere der Rechtsverletzung ist in einem solchen Fall der vorherige Ausspruch einer Abmahnung entbehrlich.“

Auf den im Internet „üblichen“, wegen der Anonymität oft raueren Tonfall sollte man sich nicht berufen:

„Und auch das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg machte deutlich, dass der grobe Tonfall, der in sozialen Netzwerken weitverbreitet ist und wohl mit der dort empfundenen Anonymität zusammenhängt, keine Rechtfertigung für beleidigende Äußerungen darstellt. Denn schließlich können Äußerungen auf Facebook durchaus eine gewisse Öffentlichkeit erreichen.“

Dabei ist klar: Wer seinen FB-Account nicht auf „privat“ stellt oder eine geschlossene Gruppe mit nicht zu vielen (!) Mitgliedern betreibt, muss sich die Posts als „öffentlich“ anrechnen lassen. Wer meint, dort im nicht-öffentlichen Raum“ oder in der „Sozialsphäre zu weilen, ist schief gewickelt:

„Es spielt auch eine wichtige Rolle, welcher Personenkreis von der Online-Äußerung Kenntnis nehmen kann. Wird eine Beleidigung im öffentlichen Facebook-Bereich eingestellt, ist dies besonders schwerwiegend, da sämtliche Nutzer darauf zugreifen können.“

Es wird unterschieden, ob im öffentlichen Bereich, also für jeden zugänglich, der Eintrag veröffentlicht wurde oder ob nur für ‚Freunde‘ der Eintrag sichtbar ist. Wer allerdings über Hunderte Freunde hat, darf sich nicht wundern, wenn der Eintrag als öffentlich bewertet wird.“

Natürlich muss nicht jeder, der in sozialen Netzwerken eine unbedachte Äußerung tut, mit der Kündigung seines Arbeitsplatzes rechnen, meist nicht einmal mit einer Abmahnung. Die grundgesetzlich geschützte Meinungsfreiheit ist zu Recht ein hohes Gut. Dennoch: Arbeitgeber, Personalchefs und Kunden schauen heute gerne ins Internet, wenn es um Einstellungen, Beförderungen oder Geschäftskontakte  geht. Übrigens schützt auch ein Pseudonym nicht hundertprozentig. Bei mehreren Rechtsfällen, die ich recherchiert habe, wurde es enttarnt!

Wer dann wie die eingangs zitierte Dame dabei ertappt wird, wie sie im Internet mit Dreck um sich wirft, scheitert beruflich vielleicht auch ganz lautlos bei wichtigen Vorhaben. Übrigens sehen wir uns bei Aufnahmegesuchen in unsere geschlossene Tangogruppe auf Facebook immer das Profil des Bewerbers an. Leute, die dort politisch radikale Ziele, Verschwörungstheorien oder gar rechtsextreme Sprüche posten, akzeptieren wir nicht. Die Gefahr, dass es in unserer Gruppe zum Hauen und Stechen kommt, wäre riesig.

Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Daher seien die folgenden Tipps dringend empfohlen:

"Wer keine Kündigung wegen seiner Social-Media-Aktivitäten riskieren will, sollte
·         beleidigende oder grenzwertige Kommentare und Meinungsäußerungen auf seinen Social-Media-Profilen und in Foren vermeiden
·         seinen Arbeitgeber über die Privatsphäreneinstellungen von heiklen Posts oder seinem Profil allgemein ausschließen
·         sicherstellen, dass über das Profil keine Verbindung zum Arbeitgeber hergestellt werden kann, sodass eine Rufschädigung ausgeschlossen werden kann."

Man könnte es auch noch einfacher formulieren:

Dinge, die man einem anderen Menschen nicht persönlich unter vier Augen mitteilen würde, sollte man auch nicht ins Internet stellen!

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