Liebes Tagebuch… 37: Wir sind Papst!
„Oh, Mensch, lerne tanzen, sonst wissen die Engel im
Himmel mit dir nichts anzufangen.“ So wirbt der Kirchenlehrer Augustinus.
Welchen Tanz? Den Tango argentino natürlich. Den hat auch Papst Franziskus gern
getanzt. Und ihn so katholisch geadelt. Mit Recht: denn der Tango ist zutiefst
spirituell. Ja, irgendwie sogar fromm.
Die
Vielzahl der Texte auf meinem Blog (dieser hier ist Nummer 431) veranlasst
Tangofreunde immer wieder zu der Frage: „Wie
machst du das nur, immer wieder auf neue Themen zu kommen?“ Nun, meine
werten Gegner würden behaupten, ich schriebe eh stets nur über das Gleiche…
Meine
Antwort darauf ist jedoch: Ich komme gar nicht zu den Themen – im Gegenteil! Diese verfolgen mich! Im Tango
passieren ständig irre Geschichten. Häufig weiß ich auf der Rückfahrt von einer
Milonga schon wieder, worüber ich unbedingt mal schreiben muss. Zudem scheine
ich ein Mensch zu sein, dem man verrückte Dinge erzählt im Vertrauen darauf,
mir würde die Komik oder das Absurde daran einleuchten und Spaß machen…
So
auch neulich: Eine mir gut bekannte, noch sehr junge und dennoch (!)
hervorragende Tänzerin (hoffentlich habe ich nun nicht schon zu viel verraten)
fragte mich: „Weißt du, wie dich mein
Vater nennt?“ Mein dummes Gesicht veranlasste sie wohl zu der Ergänzung: „Ja, weißt du, ich erzähle daheim
gelegentlich von dir.“ Na gut, das konnte ich mir schon vorstellen, aber… „Keine Ahnung, wie denn?“
„Er nennt dich den ‚Tango-Papst‘.
Weil, so meint er, Könige und Kaiser gebe es viele, aber eben nur einen Papst.“
Nachdem
ich mich von meinem Lachanfall erholt hatte, brachte ich nur heraus: „Entschuldige, aber diese Neuigkeit kann ich
kaum verkraften und muss sie erstmal mit meinem Therapeuten besprechen. Aber –
und das ist noch schöner: Ich kenne einige in der Tangoszene, welche sich mit
diesem neuen Namen von mir noch viel schwerer tun werden – und deren Therapeut
wird noch mehr Arbeit haben!“
Ich
schwöre: Diese Begebenheit ist nicht erfunden – es saßen in der betreffenden Veranstaltung
einige Leute am Tisch, welche sie bezeugen können! Und selbstredend tanzt der
Vater der jungen Dame (noch) keinen Tango – sie hatte ihn allerdings einmal zu
einer Milonga mitgenommen, so dass ich ihn vom Sehen kenne.
Und
so ganz abwegig ist die Parallele ja nicht: Papst Franziskus tanzte ja früher
tatsächlich Tango und ist – wie ich – gelernter Chemiker. Noch besser, Witz
komm raus: Mein zweiter Vorname ist auch noch Franz… Und einen Faible für leere
Traditionen und sinnlose Hierarchien haben wir beide nicht.
So
werde ich denn hinfort meinen Ehrentitel mit Stolz tragen. Um ihn gleich einmal
auszuprobieren, forderte ich die junge Dame wenig später mit den Worten auf:
„Hallo …,
der Papst will tanzen!“
Bevor wir loslegten, fragte sie mich mit verschmitzter Miene:
„Gell, des g'fällt dir?"
Ja.
Bevor wir loslegten, fragte sie mich mit verschmitzter Miene:
„Gell, des g'fällt dir?"
Ja.
Hi Gerhard,
AntwortenLöschendas Zitat von der Kirchenzeitung:
"Mit Recht: denn der Tango ist zutiefst spirituell. Ja, irgendwie sogar fromm."
Naja, da reden sich aber einige was ziemlich schön, bloß weil ihr Chef da nicht abgeneigt ist/war...
Wenn Tango "fromm" wär, würd ich den nicht tanzen (wollen).
In früheren Zeiten (als die Kirche noch so ähnlich drauf war, wie die strenggläubigen Imams heute) da wär jeder Tangotänzer als unsittlicher Häretiker verfolgt worden. Mit Exkommunikation als leichtester Strafe ...
PS: Deine Tänzerin hast absolut eindeutig beschrieben, kein Zweifel vorhanden, wer das sein könnte ;-)
Ciao, Robert
Hallo Robert,
Löschenden Katholiken war der Tango (nach meinen Quellen) gerade mal 4 Jahre verboten (durch Pius X. von 1910-1914). Nach einer Tanzdemonstration nahm er das Verbot zurück – wegen der Kompliziertheit der Schritte bezweifelte er, dass es sich um ein Vergnügen handle. (Übrigens starb dieser Papst noch im gleichen Jahr an einem Herzinfarkt, aber da mag kein direkter Zusammenhang bestehen…)
Zur gleichen Zeit gab es regionale Verbote (z.B. Fasching 1914 in Bayern) bzw. für preußische und bayerische Soldaten in Uniform. Im Dritten Reich galt ab 1941 ein generelles Tanzverbot.
Wie die Kirche zu früheren Zeiten auf den Tangotanz reagiert hätte, kann man sich ausmalen. Nein, „fromm“ ist er Gott sei Dank (!) nicht! Wie schön!
Beste Grüße
Gerhard
P.S. Dachte mir, dass du die Dame identifizieren kannst. Aber net veröffentlichen, gell? Hab es ihr zugesagt!
Mit "frühere Zeiten" hab ich schon ein paar Jahrhunderte weiter zurück gedacht, als es noch Hexen- und Ketzerverfolgung gab. Tango gabs damals noch nicht. War ja dann später auch ein moralischer Skandal erster Güte als der Wiener Walzer aufkam, wo ein Mann und eine Frau als Paar zusammen tanzte ...
AntwortenLöschenPS: ich veröffentliche nix. Ich bin alt und vergesse eh alles gleich wieder ;-)
Was soll ich da erst sagen? Aber im Alter kann Vergessen auch mal eine Gnade sein...
LöschenAn die Zeiten, als man unliebsame Leute (vor allem Frauen) verbrannte, hab ich schon auch gedacht.
Kein Zweifel, ob Tango oder Wiener Walzer: Die Leute, die heute von Códigos schwobeln, hätten diese Tänze damals verboten!