Respekt und Satire

 

Derzeit scheint im Tango ein Wort herumzugeistern, das uns zur Demut vor den herrschenden Glaubenssätzen unseres Tanzes mahnt: „Respekt“.

So wird in Kommentaren sogar gleich meine „nächste respektlosigkeit“ beklagt, diagnostiziert werden „respektlose unterstellungen“ – auch, dass ich nicht jeden Käse von Schreibern veröffentliche, findet man „respektlos“.

Selber werde ich ja nicht persönlich angegriffen. Beweis: Ich verlöre ja weder meinen Job noch erhielte Morddrohungen. Wahrlich, als Satiriker sollte man bereits das als Gnade empfinden!

Daher bin ich tief in mich gegangen: Lasse ich den Respekt vermissen? Und was ist das überhaupt? Fragen wir Wikipedia:

Respekt, von lateinisch respectio ‚Rückschau, Einschätzung‘ über französisch respect ‚Hochachtung‘, bezeichne „eine Form der Wertschätzung, Achtung und Ehrerbietung gegenüber einer Person oder Institution“.

https://de.wikipedia.org/wiki/Respekt

O weia, ich lasse es wohl tatsächlich gegenüber manchen Erscheinungen in Politik und Tango an der erwarteten Ehrerbietung fehlen!

Der Physiker und Kabarettist Vince Ebert beklagt, dass wir „besessen von unseren eigenen Befindlichkeiten“ seien: „Wir leben in einer unfassbar verklemmten, spießigen Biedermeierzeit. Jeder Halbsatz wird moralisch aufgeladen. Jeder hat Angst, irgendwas zu sagen, weil es irgendjemanden irgendwie beleidigen könnte.“

https://www.facebook.com/Vince.Ebert/videos/wir-leben-in-einer-unfassbar-verklemmten-spie%C3%9Figen-biedermeierzeit-wot-se-fack-d/1936872233822923/

Ohne Zweifel: Satire ist respektlos.

Klar, sie sollte das Private aussparen. Leider wird dieser Begriff gerne missverstanden. Manche glauben, wenn sie in einem weltweit sichtbaren YouTube-Video übers Parkett tappen, sei das nicht fürs Licht der Öffentlichkeit bestimmt. Dann hätte man aber das Machwerk auf „privat“ stellen sollen. Aber man möchte ja die Verbreitung. Sie soll nur nicht wehtun.

Doch wer im Internet seinen Rüssel rausstreckt, ist fällig!   

Sicherlich soll Satire nicht nach unten, also auf die Machtlosen zielen. Doch die Herrschaftsverhältnisse sind fluide. Kann woker Unsinn einer Minderheit zugeordnet werden? Die Journalistin Julia Ruhs spricht aber (siehe Buchtitel) von einer „links-grünen Meinungsmacht“. Und ich finde, sie hat Recht!

Ich sehe daher den hinreißenden Generalangriff des Kabarettisten Andreas Rebers auf linke Befindlichkeiten als Musterbeispiel einer Satire:

    

https://www.youtube.com/watch?v=vCwChml9q-A

In meiner Tango-Bonsaiwelt befasse ich mich durchaus mit den Verirrungen einer herrschenden Mehrheit: Traditionelle Musik, Cabeceo, Tanzspur-Verordnungen sowie Befindlichkeitsgedöns werden von einer klaren Überzahl geschätzt, ja bewundert. Also sind diese Erscheinungen satirefähig – sprich: zur respektlosen Behandlung freigegeben.

Es gab eine Zeit, in der die große Mehrheit der Deutschen fand, man dürfe Joseph Goebbels oder Adolf Hitler nicht „respektlos“ begegnen. Man akzeptierte, dass ein Volksgerichtshof widrigenfalls dafür Todesurteile in Serie aussprach.

Kurt Tucholsky wurde wegen seiner „Respektlosigkeit“ 1933 ausgebürgert. Schuld waren sicherlich Gedichte wie dieses:

Altes Lied 1794

Wenn in des Abends letztem Scheine
dir eine lächelnde Gestalt
am Rasensitz im Eichenhaine
mit Wink und Gruß vorüberwallt –:
Das ist des Freundes treuer Geist,
der Freud' und Frieden dir verheißt.

Wenn bei des Vollmonds Dämmerlichte,
das zagend durch die Zweige sieht,
durch dunkeln Hain von Tann' und Fichte
ein fauliges Gerüchlein zieht –:
Das ist, was da so grauslich riecht,
Herr Goebbels, der vorüberfliecht.

Wenn bei dem Silberglanz der Sterne,
wenn schwarze Nacht herniederweint,
gleich Aeolsharfen aus der Ferne …
wenn dir dann gar kein Geist erscheint –:
Dies Phänomen, damit du‘s weißt,
das ist Herrn Adolf Hitlers Geist.

https://www.textlog.de/tucholsky/gedichte-lieder/altes-lied-1794

Zweifellos eine klare Beleidigung der Nazigrößen!

Satire ist jedoch in vielen Fällen nicht Angriff, sondern Abwehr. Der Kabarettist Werner Finck wagte es, selbst nach der Machtergreifung noch einige Zeit den Nazis auf der Kabarettbühne die Stirn zu bieten. Im Publikum saßen auch die entsprechenden Spitzel. Als einer den Vortrag Fincks mit dem Zwischenruf „Judenjunge“ störte, kam von diesem die Antwort: „Sie irren sich. Ich sehe nur so intelligent aus.“

Eine wahrlich respektlose Antwort!  

Kommentare

  1. ja, es ist respektlos, wenn sie meine texte als käse bezeichnen. ihre vergleiche zu diesem thema sind mehr als unterirdisch (auf diesen käse gehe ich erst gar nicht ein)! wenn sie an einer veranstaltung teilnehmen und dabei gefilmt werden, sind sie dann damit einverstanden, dass man sich über sie öffentlich lustig macht, da der veranstalter ein video auf youtube gestellt hat? der begriff "privat" wird von mir keinesfalls missverstanden! wenn ich ins stadion gehe oder eine tanzveranstaltung besuche, dann ist das mein PRIVATVERGNÜGEN und keine öffentliche handlung. sie gehören zu jenen, die respektlos menschen bei der ausübung ihres hobbys heruntermachen und kritisieren. DAS HAT MIT SATIRE NICHTS ZU TUN! auch wenn sie satire jetzt zum gefühlten tausendsten mal hilflos versuchen zu erklären.

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  2. tja, da hat wieder die zensur zugeschlagen.
    erschien ihnen mein text RESPEKTLOS? ja - richtig empfunden!
    offenbar müssen sie selbst spüren, wie es ist, respektlos behandelt zu werden. ich habe nämlich genau IHRE worte verwendet und ihren text so bewertet, wie sie meinen bewerten. glauben sie wirklich, nur SIE haben das recht, texte als käse einzustufen? auch wenn sie sich immer als opfer darstellen - SIE sind der TÄTER!

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    1. Sie dürfen meine Texte als was auch immer bezeichnen. Ich habe nur ein Problem mit Feiglingen, die sich nicht trauen, unter wahrem Namen zu posten.
      Klar bin ich der „Täter“. Schließlich gebe ich mit meinen Artikeln die Themen vor. „Opfer“ ist eine Rolle, die mir nicht besonders liegt.
      Was Sie nun „respektlos“ finden oder nicht, bleibt Ihnen überlassen. Sie haben nur null Anspruch, dass Ihre originelle Meinung überall dort veröffentlicht wird, wo Sie es sich einbilden.
      Und was die Veröffentlichung von Tanzvideos betrifft: Das müssen Sie mit dem Veranstalter abklären. Wenn er Videoaufnahmen machen lässt, die er auf YouTube stellt, muss er von allen Gästen das Einverständnis einholen. Und Videos, die öffentlich zu sehen sind, darf ich auch besprechen.
      Darüber dürfen Sie sich gerne moralisch empören, aber rechtlich ist das zulässig.
      Meine eigenen Tanzvideos hat man genügend heruntergemacht. Zulässig ist es, obwohl mir der Ton nicht gefällt.
      Sie scheinen zu meinen, die Welt habe sich ausschließlich um Sie zu drehen. Tut sie aber nicht.
      Okay – genug der Rede und Gegenrede. Weitere anonyme Zuschriften von Ihnen landen im Nirwana.

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  3. Herr Riedl,
    Ihre Texte könnte man als Satire einordnen – wenn man sehr viel Fantasie mitbringt. Für Außenstehende wirkt das Ganze eher wie ein öffentliches Klagelied auf Endlosschleife. Artikel um Artikel baden Sie in Selbstmitleid: alle sind so gemein, niemand versteht Sie, sogar Ihr Tanzvideo wird verspottet. Sie nennen sich Satiriker, aber reagieren auf Kritik wie ein Kleinkind, dem man das Spielzeug weggenommen hat. Vielleicht sollten Sie weniger schreiben und mehr Taschentücher kaufen – das wäre wenigstens konsequent.
    Mit freundlichen Grüßen
    Klaus Wendel

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    1. Lieber Herr Wendel,
      jetzt bin ich schon erschrocken, weil ich dachte, Sie hätten etwas Inhaltliches zu meinem Text beizutragen.
      Ich empfehle Ihnen, sich lieber weiterhin mit der Spiraldynamik des Tango zu befassen.
      Frohes Schaffen!

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