Tango, Love and Peace
Wahrlich, im Tango brechen nun friedliche Zeiten an! Bei der Suche nach Verständigung und Ausgleich allen voran schreitet derzeit Mahatma („große Seele“) Klaus Wendel, der in Gandhis Fußstapfen für „Love and Peace“ im Tango wirbt. Titel seines aktuellen Artikels:
„Tango-Blogs zwischen Meinung und Verantwortung – oder: Wenn der Hobbykritiker plötzlich Geltung will“
Mir sind solche Entweder-Oder-Titel immer ein wenig verdächtig: Konnte sich der Autor nicht entscheiden – soll ich mir einen raussuchen?“ Dann nehme ich den zweiten, denn ich glaube schon, dass jeder (und sogar jede), der oder die einen Text veröffentlicht (ob für Geld oder gratis), gelesen werden will. Und wenn es nur der Hinweis ist: „Vorsicht – frisch gebohnert!“
Könnte ja Mitmenschen – sogar im Tango – davor bewahren, auf der Schnauze zu landen!
Und falls mir bescheinigt wird, „plötzlich Geltung“ zu wollen: Ich schreibe seit 15 Jahren über den Tango – und Geltung wird einem stets von anderen verliehen!
Zwischen Meinung und Verantwortung hingegen sollte nichts passen. Nicht mal ein Tangoblog. Sprich: Man muss halt für sein Geschriebenes geradestehen. Ja, klar. Deshalb habe ich ja auch, im Gegensatz zu anderen, ein Impressum.
Wendel stellt die Frage: „Was darf ein Blog?“ Die Antwort findet man im Artikel 5 des Grundgesetzes (Meinungs- und Pressefreiheit):
https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_5.html
Wer nachliest, wird bemerken: Ausnahme-Vorschriften für den Tango sind nicht enthalten!
Wendel fragt weiter, was ein Blog sollte. Dabei unterscheidet er offenbar harmlose Seiten (ich nehme an, über Familienausflüge oder Goldfischzucht) und andere, deutlich gefährlichere. Wir ahnen, wer gemeint ist:
„Aber was, wenn ein Blog regelmäßig über andere Menschen schreibt? Über Unterrichtsformate, ihre Musikvorlieben, Lehrer:innen, Paare, Entwicklungen in der Szene? Und das mit klarer Haltung, oft mit satirischem Ton, manchmal mit scharfer Abwertung?“
Mit anderen Worten: meiner…
Dann würden „andere Maßstäbe“ gelten – nicht juristische, sondern ethische:
„Kritik darf subjektiv sein – aber nicht folgenlos.“
Ja, diese Ethik kenne ich: Wann immer ich etwas schrieb, das Wendel nicht passte, kriegte ich verbal die Hucke voll. Mehr noch von seinem geistigen Ziehsohn, einem oberpfälzer Tangoveranstalter.
Wendel bringt etwas durcheinander, wenn er schreibt: „Wer regelmäßig Urteile fällt, beeinflusst andere.“
Nein, der zwingt ihnen sogar etwas auf, vielleicht eine Geldzahlung, Unterlassung oder Freiheitsstrafe. Daher kann ich keine Urteile fällen (was ich manchmal schade finde).
Der Autor hat aber völlig recht mit seiner Aussage:
„Gerade im Tango, wo Unterricht oft mit persönlicher Leidenschaft verbunden ist, treffen Worte schnell ins Zentrum. Wenn dann spöttisch oder zynisch über Lehrer:innen oder Konzepte gesprochen wird – ohne konkrete Erfahrung vor Ort – wird aus Meinung schnell Abwertung.
Das ist kein Verbot, sondern ein Hinweis: Worte wirken.“
Ja klar, was denn sonst? Das ist die Grundlage jedes treffenden sprachlichen Ausdrucks!
Ich habe das hautnah erlebt, als ich vor etwa 15 Jahren die erste Auflage meines Tangobuches herausbrachte: Nach einer Phase lobender Rückmeldungen rief bekanntlich der Blogger Cassiel zur Jagd auf den „Milonga-Führer“. Ein getreuer Fan schrieb beispielsweise, er habe das Buch weggeworfen, da er es nicht einmal guten Gewissens verschenken konnte. Glücklicherweise bestand er nicht aufs Verbrennen...
https://milongafuehrer.blogspot.com/2020/11/vom-erfolg-eines-unsaglichen-buches.html
Ein gewisser Klaus Wendel forderte damals den Kaufpreis des Buches von mir zurück, da er sich „betrogen“ fühle. Und in der aktuellen Debatte drohte er mir eine Abmahnung durch seinen Rechtsanwalt an, wenn ich eine gewisse Behauptung nicht zurücknehme.
Tat ich natürlich nicht. Ja, so macht das Schreiben in Sachen Tango Freude!
Wendel missfällt auch, was ich manchmal entgegne: „Wenn dieser Blog doch so irrelevant ist – warum gebt ihr ihm so viel Aufmerksamkeit?“
Nun, da reagiere ich halt ironisch auf massenhafte Feststellungen, die als Kommentare auftauchen: Niemand nähme mich erst, alle lachten über mich, die Frauen wollten nicht mit mir tanzen, ich kenne ja nur YouTube-Videos usw. Vieles davon habe ich nicht veröffentlicht. Stattdessen stellte ich die obige Gegenfrage.
Wendel schwenkt nun um:
„Weil er eben nicht irrelevant ist. Weil er gelesen wird. Zitiert wird. Sich mit seinem Namen in der Szene ein Image aufgebaut hat. Und weil er – ob bewusst oder nicht – Urteile prägt. Über Lehrer:innen, Paare, Formate.
Wer öffentlich Einfluss nimmt, kann sich nicht auf Privatmeinung zurückziehen, sobald Gegenwind kommt.“
Doch, kann er! Und wenn „Privatmeinungen“ gefährlich werden, liegt das eventuell daran, dass sie überzeugend sind. Soll ich sie deswegen lieber nicht äußern?
„Satire, die austeilt, aber auf Gegenkritik empfindlich reagiert, verliert an Kraft.“ Ich habe bei meiner Arbeit einen anderen Eindruck: Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt!
„Wer Geltung will, trägt Verantwortung.“
Völlig einverstanden! Ich überlege das bei jeder Zeile und wäre zufrieden, wenn meine Gegner auch so verfahren würden. Stattdessen habe ich in den letzten Wochen Texte lesen müssen, bei denen ich mir nicht vorstellen kann, dass man über deren Wirkung auch nur ansatzweise nachgedacht hat.
Wenn man nun, weil die Hetzereien nicht fruchten, die Friedens-Schalmei bläst, überzeugt mich das kein bisschen.
Für alle, die verbal abrüsten, bin ich stets erreichbar. Man sollte es aber nicht lediglich behaupten.
Nur: Die Devise „Seid zu allen lieb – bis auf Gerhard Riedl“ wird nicht funktionieren. Jedenfalls nicht bei mir.
Schauen wir also mal, was da noch kommt!
Da ich in der Tangomusik keine großen Friedensappelle gefunden habe, hier der Song eines Ex-Beatles – natürlich trotz des monotonen Rhythmus völlig untanzbar:
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