Au weia, Tango-Tupaja!
Zweifellos
ist die Facebook-Gruppe „Tango München“
mein absoluter Favorit in Sachen Tango-Kabarett.
Leider wird die Seite zunehmend von Veranstaltern mit immer gleicher Werbung
zugemüllt. Hin und wieder aber besinnt man sich auf Inhaltliches zum Tango, was dann stets wieder die gleichen allwissenden Akteure zu eindrucksvollen Statements nötigt.
Kürzlich
äußerte sich dort ein Tanzschulbesitzer und zertifizierter Benimm-Experte zu seinem Lieblingsthema, dem Tanzen
in ungestörter Ronda:
„Was ist das
eigentlich für eine bescheuerte neue Angewohnheit, kurz
auf einen Platz am Rand der Tanzfläche – aber deutlich außerhalb der Ronda – auszuweichen?
Oder dort einfach anzufangen und sich dann ‚unauffällig‘ im
Reißverschlussverfahren reinzuquetschen? (…) Insbesondere auf
fortgeschrittenen Flächen kann ich das nicht verstehen.“
Tja, warum weicht man an den Rand aus?
Vielleicht, weil weiter innen kein Platz ist? Ich gestehe: Solche Weisheiten wirken bei mir lebenszeitverlängernd – und allein für
den Ausdruck „fortgeschrittene Flächen“
hätte der Autor den Hölderlin-Preis
verdient!
Das Schönste aber in dieser Gruppe: Legt der
Erste den Level fest, halten sich
fast alle dran. So sind auch die meisten weiteren Geistesschöpfungen eine Zierde jedes Poesialbums. Ich zitiere
aus dem (nicht erkennbaren) Zusammenhang gerissen:
„ich
glaub das hat einfach damit zu tun dass menschen ihre umwelt mehr oder weniger
wahrnehmen und sich zu dingen mehr oder weniger gedanken machen bzw gedanken
über die konsequenzen ihrer handlungen für andere“
„Ich
glaube es gibt die Scheuklappen-Menschen (die haben ein eingeschränktes
Wahrnehmungsfeld) und es gibt die umsichtigeren Gestalten, die eher in der Lage
sind Andere in ihr Handeln mit einzubeziehen.“
„Es
wäre spannend zu erfahren, ob solche Leute dann auch die sind, die einem die
Vorfahrt nehmen oder in der U-Bahn schon einsteigen oder direkt vor der Tür
stehen, obwohl noch ca. 200 Leute aussteigen wollen.“
„bei
einigen muss man aufgrund ihrer wahrnehmungsbefreitheit ja die befürchtung
haben, dass sie im straßenverkehr nicht überleben würden. da sie immer wieder
auf milongas erscheinen, wird es wohl daran liegen, dass andere tänzer/innen
ihnen egal sind.“
„Kommt
mir manchmal so vor wie jemand, der einem im Restaurant die besten Sachen vom
Teller nimmt. Wenn man dann was sagt : wieso, ich hab doch garnicht gekleckert.“
„Im
Idealfall habe ich konstant vor und hinter mir den identischen Platz zu den
Nachbarn. Dann kann ich mich voll auf die Frau und die Musik und den Flow
konzentrieren. Je nach dem unterbricht dann jemand, der einfach so
reindrängelt, dieses Flow.“
„Es ist
irritierend, wenn man erst einen gewissen Platz vor sich hat und damit ‚rechnet‘,
aber plötzlich ein neues Tanzpaar vor einem auftaucht. Nervig wird es, wenn es
mehrfach passiert und man sich mehr auf die herannahenden ‚Gefahren‘
konzentrieren muss, als auf den eigentlichen Tanz.“
Tja, wozu soll man da raten? Gut tanzen zu lernen wäre ein
sinnvoller Ansatz. Und dazu gehört vor allem auch Übersicht und vorausschauendes
Agieren – anstatt auf die eigenen Füße zu starren und sich von den zu
drechselnden Figuren absorbieren zu lassen. Da in diesem Zusammenhang gerne mit
dem Straßenverkehr verglichen wird:
Dass der BMW-Depp vor mir noch in letzter Sekunde nach links ausscheren wird,
kann ich vorher ahnen und daher defensiv fahren.
Aber gut – wir reden ja vom traditionellen Tango, da wird es wohl nix mit solchen
Verbesserungen. Zudem kenne ich derartige Debatten unter Autofahrern: Diejenigen, welche sich am lautesten über die „Rücksichtslosigkeit“ auf den Straßen
empören, sind meist die lausigsten und ichbezogensten Fahrer. Wer die üblichen
Diskutanten in der obigen Facebook-Gruppe kennt, kann ähnliche Eindrücke nicht
verdrängen.
Was bleibt also? Bei den Milongas, von
welchen jene Zeitgenossen ihre Erfahrungen beziehen, gilt halt nicht der Satz
von den „fortgeschrittenen Flächen“,
sondern das schlichte Axiom: Wo es voll
ist, bleibt kein Platz.
Dass man dort nur noch die Rudimente tanzen kann, welche
Konservative in gnadenlosem Optimismus als „authentischen Tango“ bezeichnen,
wäre jedoch nicht das Schlimmste! Biologisch gesehen ergibt sich dadurch ein „Gedrängefaktor“, welcher zu sozialem Stress führt.
Bereits Anfang der 1970-er Jahre kam der
deutsche Tierphysiologe Dietrich von
Holst zu Aufsehen erregenden Ergebnissen bei Tupajas:
So bezeichnet man die mit den Primaten
verwandte Säugetierordnung der Spitzhörnchen, welche in den Waldgebieten Südostasiens vorkommt. Sie leben allein oder paarweise in
einem bis zu 10000 Quadratmetern großen Revier.
Eindringlinge werden in höchst aggressive Rivalenkämpfe
verwickelt. Kann der Unterlegene (wegen
Überpopulation oder in Gefangenschaft) nicht ausweichen, kommt es bei ihm zu schweren Gesundheitsproblemen bis hin
zum Tod durch Nierenversagen.
Das Ganze wird durch Adrenalin- und Cortisol-Ausschüttungen
bis auf das Mehrfache der Normalwerte ausgelöst. Und anders als beim Tango kann
man den Grad der Stressreaktion
durch das Sträuben der Schwanzhaare messen: Die verlängerte Wirbelsäule wird
buschig (nicht wuschig). Der Zeitanteil, in dem das so bleibt, wird als „Schwanzsträuberate“ (SST) bestimmt.
Die Folgen
sind dramatisch: Bereits bei einer
SST von 20 Prozent werden Jungtiere
nicht mehr mit einem schützenden Duftstoff markiert und daher als Beute
verspeist. Ab einer SST von 50
Prozent wird die Eizellen-Reifung eingestellt, ebenso ziehen sich bei den Männchen
ab einer SST von 70 Prozent die
Hoden unter die Bauchdecke zurück, die Spermienproduktion endet.
Der biologische
Sinn ist klar: Durch die Einschränkung der Fortpflanzung wird die Überpopulation zurückgefahren – ein Effekt,
den man inzwischen ebenfalls von anderen Säugetierarten kennt. Und auch bei Männern in den westlichen Ländern sank die Spermienzahl
innerhalb von knapp 40 Jahren um
mehr als 50 Prozent – warum ja
gewisse Naturen befürchten, der Islam könnte uns weniger durch einen heiligen Krieg
denn über den Kreißsaal verdrängen. Und viele „Zivilisationskrankheiten“ wie
Herz- und Kreislaufprobleme sind eindeutig dem Langzeitstress zuzuordnen.
Im Tango
allerdings sollten wir nun nicht darauf warten, bis Herzinfarkte oder Kinderlosigkeit
das Parkett leeren – obwohl sich die Effekte frappierend gleichen: Ein
Showtanzpaar auf leerer Fläche löst eher Eisprünge
aus, während ständige Behinderungen auf dem Parkett die Eier zwar ebenfalls im
Niveau anheben, allerdings Richtung Bauchdecke. Daher kann ich meinen
Geschlechtsgenossen nur den heißen Tipp geben: Neben dem Tragen weiterer
Unterhosen und dem Verzicht auf eine Sitzheizung wirkt sich mehr Platz auf der Tanzfläche eindeutig
fruchtbarkeitsfördernd aus!
Blutdruck und Herzfrequenz werden reduziert, Aggressionen im Internet gemindert,
der Rivale geht uns nicht mehr an die Nieren, Haaresträuben (egal wo) wird vermieden. Und geschicktes Navigieren auf der Piste ist gut gegen Alzheimer (soweit er noch
nicht manifest ist).
Dass es Milongas gibt, welche sich als „Schlachthof“ bezeichnen, sollte uns
jedenfalls zu denken geben.
Daher empfehle ich den sozial gestressten
Münchner Tänzern, sich einmal in die Provinz zu begeben, wo beim Tango oft noch
sehr viel Platz ist. Eine Ronda mit vier Paaren auf hundert Quadratmetern wirkt
beruhigender als jeder Tranquillizer. Ein „Volk ohne Raum" dagegen richtet nur Unheil an.
Für die Übergangszeit empfehle ich einen Kommentar in der obigen FB-Gruppe, der
natürlich von einer Frau stammt:
„...natürlich
gibt es 'notorische' 'Unverbesserliche' ... aber auch eigentlich umsichtige und
rücksichtsvolle Menschen haben mal einen schwierigen oder gedankenverlorenen
Moment ... sie sind dann im wirklichen Leben ... im Straßenverkehr... beim
Tango ... auf wohlwollende Voraus- und Rücksicht eines andern angewiesen... so
hab ich‘s erst neulich auf der Straße erlebt ... zum Glück! Also lasst uns
freundlich und friedlich und ohne zu schnelles Urteil sein...“
Quellen:
http://www.spiegel.de/gesundheit/schwangerschaft/fruchtbarkeit-maenner-produzieren-immer-weniger-spermien-a-1159643.html
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