Anfänger-Probleme?
Es mag Zufall sein, dass ich nun schon wieder auf das Klagelied einer Dame in einem Internet-Forum gestoßen bin – diesmal sogar einer sehr jungen, die seit einigen Monaten Tango tanzt.
Dabei ist sie nach eigenem Bekenntnis höchst fasziniert von dieser Betätigung, fühlt sich aber dennoch manchmal niedergeschlagen und traurig. Probleme hat sie unter anderem mit den „Verhaltensregeln“, die sie verwirren.
Weiterhin schildert sie ein geradezu traumatisches Erlebnis: Ein Mann forderte sie überraschend direkt auf, obwohl sie doch dachte, dies habe per Augenkontakt zu geschehen. Das eigentliche Ärgernis aber beschreibt sie so:
„…das Problem war, dass er sich in Parfüm ertränkt hatte. Es war so unangenehm, in seiner Umarmung zu sein, und er hat mir ein ungutes Gefühl gegeben. Ich weiß nicht, wie andere Frauen es hinnehmen, mit ihm zu tanzen. Ich wollte den Tanz während der Tanda abbrechen, aber ich habe noch nie gesehen, dass andere Frauen das tun. Gilt es als unhöflich oder dramatisch, mitten in einer Tanda mit dem Tanzen aufzuhören?“
Schlimmer noch:
„…er tanzte ehrlich gesagt kaum – es fühlte sich an, als würde er mir nur im Nacken sitzen und den Tanz nutzen, um mir Angst einzujagen, aber getarnt durch eine vorgetäuschte ‚Männlichkeit‘.“
Dazu kommt, dass sie mit Anfang zwanzig kaum Gleichaltrige fand: „Ich tanze gerne mit Menschen jeden Alters und jeder Herkunft, aber manchmal fühle ich mich einfach unglaublich einsam, weil es niemanden aus meiner Generation gibt, mit dem ich tanzen kann. Es ist auch manchmal anstrengend, Kommentare wie ‚Du bist im Alter meiner Tochter/Enkelin‘ von Männern und Frauen zu hören.“
Und sie ist „ein bisschen traurig, dass alle so in ihren Gruppen und sozialen Kreisen verschlossen sind.“
Weiterhin eine Klage, die ich ebenfalls schon sehr oft gelesen habe:
„Manchmal fühle ich mich auch ein bisschen entmutigt wegen dieser ganzen Cabeceo-Sache. Bei anderen Gesellschaftstänzen fühle ich mich als Frau selbstbewusst und stark genug, um den Partner, mit dem ich tanzen möchte, verbal um einen Tanz zu bitten. Aber beim argentinischen Tango fühlt es sich so an, als würde die physische Distanz auf der Tanzfläche und die Tatsache, dass man mit den Augen fragen muss, mich als Anfängerin weniger selbstbewusst machen. Die meisten Tänzer suchen Augenkontakt zu Menschen, die sie bereits kennen und mit denen sie vertraut sind, und niemand aus meinen Tanzkursen/meiner Tanzschule besucht die Milongas, zu denen ich gehe. Ich würde gerne die Tänzer, mit denen ich tanzen möchte, verbal fragen, aber das würde sich anfühlen, als würde ich gegen die Etikette verstoßen und die Tradition missachten.“
Das zwar nicht, aber auf bestimmten Veranstaltungen kann man sich damit durchaus einen gewaltigen Schiefer einziehen! Den Frauen, die einen Mann gerne verbal fragen würden, wird das schnell abgewöhnt. Und das, obwohl die Blinzeleinladung doch angeblich die Damen vor männlichen Zumutungen schützen soll… aber dieser Wahnsinn dürfte unausrottbar sein.
Bei den Geruchsproblemen hält sich, im Gegensatz zu anderen Zudringlichkeiten, mein Mitleid in Grenzen: Der Mensch gehört zu den Säugetieren, und die riechen alle etwas streng. Wer’s nicht glaubt, kann sich im Raubtierhaus eines Zoos überzeugen – und die dort ansässigen Carnivoren arbeiten mit dem Naturduft. Gut, schlimmstenfalls könnte die Anfängerin sich ja mit einer Allergie rausreden…
Selber habe ich schon öfters an den schwefelhaltigen organischen Verbindungen gelitten, welche Friseure zur neuerlichen Farbgebung weiblichen Keratins einsetzen. Da muss man halt durch, ohne sich gleich im Internet zu beschweren!
Nicht nur von seiner Geschichte her ist Tango kein Tanz für hypersensible Zieselchen (beiderlei Geschlechts). Jeder von uns hat – gerade in der Anfängerzeit – Dinge erlebt, auf die er gut hätte verzichten können. Aber immerhin wird im heuigen Tango das Messer nicht mehr zur Wahrheitsfindung eingesetzt.
Wenn die Faszination überwiegt, macht man halt weiter – und wenn nicht, dann nicht!
„Ist das einfach die Natur des Tangos – voller Widersprüche zu sein?“ fragt die junge Dame. Genauso ist es!
Auf der anderen Seite könnte man es Anfängerinnen und Anfängern natürlich leichter machen. Beispielsweise bei dem Geschiss, das man ums Auffordern betreibt. Ferner beim Festhalten an Museumsmusik, der Cliquenwirtschaft und den Ego-Shows derer, die meinen, Erfahrung könne schlechtes Benehmen ausgleichen. Dann kämen vielleicht auch noch einige jüngere Menschen.
Und, auch wenn es unglaublich klingt: Es gibt mehr als eine Milonga, die man ausprobieren könnte!
Auf einer Tangoseite las ich gerade den Spruch:
„Die meisten hören zu früh auf, weil sie die Belohnung nicht kennen."
https://www.bailaneum.de/tanzschule/tango.html
Vielleicht sollte man dann mit dem Belohnen ein wenig früher beginnen…
Quelle: https://www.reddit.com/r/tango/comments/1k6k3fp/can_i_please_get_some_perspective_and_advice
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Illustration: www.tangofish.de |
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