Unter mütterlicher Überwachung
Ich habe
weiß Gott schon viel über die Reglements gelesen, mit denen gewisse Kreise im
Tango ihre höchst speziellen Vorstellungen von diesem Tanz und seinen
Veranstaltungen durchsetzen wollen.
Beim folgenden Text
allerdings blieb selbst mir die Spucke weg. Er stammt von dem in Skopje
(Mazedonien) lebenden DJ, Tangolehrer und Veranstalter Ivica Anteski. Auf seinem Blog „Pocas
Palabr@s“ („in wenigen Worten“) veröffentlichte er kürzlich unter der
Überschrift „Cultivating the tango
community“ einen Beitrag, den man gelesen haben sollte. Daher habe ich ihn
ins Deutsche übersetzt:
Die Pflege der Tangogemeinschaft
Waren Sie je frustriert über die Entwicklung Ihrer
Tangoszene? Haben Sie schon einmal die Milonga in Ihrer Stadt mit dem
schlechten Gefühl verlassen, dass Menschen die anderen auf dem Parkett nicht
respektieren? Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich Ihnen sagen: Sie
können eine Menge Einfluss auf diese Situation ausüben. In diesem Post werde
ich versuchen, auf wenige Dinge hinzuweisen, die man nie vergessen sollte, um
den Wachstums- und Entwicklungsprozess der Tangogemeinschaft zu unterstützen.
Menschen, die bemerken, dass sich ihre Tangoszene
nicht gut entwickelt, sind anfangs gewöhnlich in der Minderheit. Durch unsere
große Leidenschaft für den Tanz kann Tango-Aktivismus ein wirklicher
emotionaler “Entwässerungsprozess” sein.
Mit Hilfe der folgenden vier Punkte kann dieser
Prozess ohne große Frustrationen ablaufen. Sie sind die Quintessenz der
Erfahrung, welche ich fünf Jahre lang bei der Pflege der Tangogemeinschaft in
meiner Stadt machte.
1. Erzwingen der Códigos:
Es gibt eine Menge
Geschichten aus der Goldenen Tangoepoche über Milongueros, die zwei Cabeceos
benötigten: mit dem Mädchen, das sie auffordern wollten, und auch mit ihrer
Mutter. Ja, es gab Zeiten und Milongas, wo die Mädchen von ihren Müttern
begleitet wurden. Wenn der Mutter Benehmen und Manieren des Milongueros
missfielen, bekam er die Erlaubnis zum Tanz mit der Tochter nicht. So waren die
Jungs unter andauernder Beobachtung und hatten sich anständig zu verhalten. So
entschwindet der Mythos, Milongueros seien von sich aus Gentlemen gewesen – sie
wurden dazu gezwungen.
Fragen Sie einen
Anwalt oder Richter: Jedes Gesetz ist nur ein Stück Papier und hat keine
Bedeutung, wenn kein Zwang besteht, es zu verwirklichen.
Heute gibt es keine
Mütter, welche die Überwachung besorgen. Ohne Kontrolle kann auf dem
überfüllten Tanzflächen ein Chaos entstehen: vom akrobatischen, gefährlichen
Tanzen bis zu aggressivem und vulgärem sexuellen Verhalten. Natürlich kann man keinen
davon abhalten, zu tun, was er mag, aber dieses Verhalten kann die Stimmung der
Milonga zerstören. Und natürlich kann es den Ruf des Tango als Tanz beschädigen
– der sowieso nicht so gut ist.
Auf den heutigen Milongas kommt die Rolle der
Überwachung den Veranstaltern zu. Jeder Organisator, der sich um das Ansehen seiner/ihrer
Milonga kümmert, sollte den Tänzern ermöglichen, die Códigos zu respektieren
und jedes schlechte Benehmen zu verhindern und zu bestrafen (die Strafe kann
von einem wertenden Blick bis zum Verbot reichen, die Milonga wieder zu
besuchen). Die Regeln sollten ausdrücklich bekannt gegeben werden, sodass jedem
klar ist, was von den Tänzern erwartet wird.
Nach meiner
persönlichen Erfahrung verbessert das die Stimmung der Milonga. Das Verhalten
der Tänzer automatisiert sich mit der Zeit, und ich (als Veranstalter) brauche
mich nicht mehr um die „Kontrolle“ zu kümmern. Wenn sich manchmal jemand
daneben benimmt, verhindern und ahnden die anderen Tanzenden sein/ihr
Verhalten. Ein schöner Aufenthaltsort!
2. Die Gemeinschaft erziehen:
Die Veranstalter
müssen ausdrücklich veröffentlichen, welche Códigos in ihren Milongas respektiert
werden sollten. Aber das ist keine Erziehung – es ist nur eine Feststellung,
eine Bedingung, unter welcher ein Tänzer als Gast akzeptiert wird. Die Regeln
werden nur genannt, und es wird von den Tanzenden erwartet, dass sie schon
wissen, was diese Regeln bedeuten.
Die Unterrichtung über
Bedeutung, Geschichte und Nützlichkeit der Códigos ist die Aufgabe des
Tangolehrers. Ich habe das Gefühl, dass die Lehrer an den meisten Orten, die
ich in Europa bereiste, diesem Auftrag
nicht nachkommen – zu wenig oder gar nicht.
Warum ist das so? Ich
vermute, viele von ihnen vergessen einfach (oder, noch schlimmer, es ist ihnen
einfach egal), dass der Tangounterricht darauf abzielt, den Schüler auf die
leichtere Navigation in den Milongas vorzubereiten – und auch darauf, eine
schöne Zeit dort zu haben, und die anderen Gäste auch. Die Códigos und das
Verhalten auf Milongas sollte ein sehr wichtiger Teil des Tango-Lehrplans sein –
nicht nur Schritte, Technik, Musikalität, Verbindung…
Ich vermute, Argentinier lernen es, weil es
Teil ihrer Kultur ist und wahrscheinlich oft genug erwähnt wird. Aber was
sollte ein Europäer, der in einer Umgebung mit wenig oder keinem Kontakt mit
der Tangokultur lebt, über die Códigos wissen?
Die Veranstalter können auch bei der
Erziehung helfen – mit Veranstaltungen, welche die Tangokultur der Gemeinschaft
näher bringen – Events wie Filmvorführungen, öffentliche Vorträge und
Diskussionen etc.
3.
Vergeuden Sie Ihre
Zeit nicht:
Egal, was Sie tun, es gibt einige Leute, die
für immer verloren sind. Das bedeutet, dass einige der erfahreneren Mitglieder
der Szene, welchen die Códigos nicht gelehrt wurden, sie nie akzeptieren werden. Ich
weiß nicht, was in den Leuten steckt, das sie vom Lernen und dem Wechsel ihres
Verhaltens abhält, aber vertrauen Sie mir, „es“ existiert und blockiert ihre
Verbesserung.
Also vergeuden Sie Ihre Zeit nicht, sie zu
belehren. Wenn sie die Idee eines passenden Benehmens auf Milongas nicht
akzeptieren, kann der Organisator ihnen Hausverbot erteilen oder sie zur
Minderheit machen und es den anderen, respektvollen Tänzern überlassen, auf sie
Druck auszuüben. Dieser soziale Zwang funktioniert manchmal.
Das war ein Grund, warum ich anfing, Tango zu
unterrichten – ich wollte so dringend Milongas besuchen, wo die Menschen einander
respektierten und wo die Regeln Vorhersehbarkeit und gute Stimmung
ermöglichten. Man kann nur Anfänger beeinflussen, die neu in der Gemeinschaft sind
– verschwenden Sie keine Zeit mit den bereits ausgebildeten Tänzern.
4.
Menschen sind
Menschen
Was immer Sie tun, bitte, bitte, vergessen
Sie nicht, dass sie es mit Menschen zu tun haben. Ich selber musste das auf dem
harten Weg lernen. Begeben Sie sich nicht grundlos in Konflikte, erlauben Sie
den Menschen, ihre Würde und Überzeugungen zu behalten. Die Kultivierung einer
gesunden Tangogemeinschaft ist ein langer Prozess. Manchmal brauchen Menschen
Zeit, um zu verstehen, wie und warum einige Dinge auf eine bestimmte Weise
funktionieren. Seien Sie in dieser Entwicklung nicht arrogant, erlauben Sie
ihnen, zu reifen. Verwenden Sie besser die Methode der Anleitung, anstatt ihnen
die Tangokultur aufzuzwingen.
Einige Kommentare
hierzu kann ich mir nicht verkneifen:
1.
Schön, dass wir nun
das x-te Märchen über die Entstehung der Códigos hören. Während nach einer
saarländischen Expertin die bösen amerikanischen und japanischen Touristen schuld
waren, sind es nun die Mütter schöner Töchter! Irgendwann müsste man sich in
der traditionellen Szene mal einigen…
Für
meinen Teil brauche ich auf Tanzveranstaltungen die verkniffene Moral des
Kleinbürgertums längst überlebter Zeiten überhaupt nicht, wo mit Lorgnon bewehrte
Anstandsdamen potenzielle Freier überprüften, während sich der Männe mit
irgendwelchen Mätressen vergnügte… ebenso wenig übrigens „informelle
Mitarbeiter“ im Sinne einer „Tango-Stasi" - „respektvolle Tänzer", welche im Veranstalter-Auftrag Druck auf Andersdenkende machen. Es ist unglaublich!
Ein szenetypischer Textbaustein ist die Beschwörung des „Chaos" bei Missachtung der Códigos. Aber „vulgäres sexuelles Verhalten"? Na gut, ich war noch nie auf einer Balkan-Milonga...
Ein szenetypischer Textbaustein ist die Beschwörung des „Chaos" bei Missachtung der Códigos. Aber „vulgäres sexuelles Verhalten"? Na gut, ich war noch nie auf einer Balkan-Milonga...
Prima, nach Einschüchterung oder Rausschmiss aller missliebigen Gäste wird
sicherlich die Stimmung der Verbliebenen ins Unermessliche steigen!
Schon
der Vergleich irgendwelcher „Benimmregeln“ mit strafbewehrten staatlichen Gesetzen
zeigt den Grad der Verirrung, welcher sich in manchen Köpfen breit macht!
2.
Na klar, die lockeren
Tanzkurse heutzutage sind eben viel zu lasch – da hilft nur der Rückgriff auf
den „Anstandsunterricht“ früherer Epochen, um die Debütanten in eine hölzerne,
hierarchische Gesellschaftsstruktur zu integrieren. Ich fürchte, selbst die
Tangolehrer werden dieses Curriculum nur mit gebremstem Schaum absolvieren, um
zu verhindern, dass erwachsene Menschen sich dieser Zumutung durch Flucht
entziehen und lieber wieder Faschingsbälle besuchen, wo sie manchmal sogar noch
mit Konfettis werfen dürfen…
Und was
die szenetypischen argentinischen Kronzeugen betrifft: Wie nun schon oft genug
zu lesen stand, ist die dortige „Tangokultur“ ebenfalls ein weites Feld –
ebenso wie das Musikangebot auf den Milongas.
3.
Ja, ja, die „Unbelehrbaren“…
da ich auch zu ihnen gehöre, weiß ich nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Vielleicht
ist das, was sich in ihnen sträubt, die Erfahrung, dass Menschen, die gut
tanzen und auf eine ordentliche Kinderstube zurückblicken können, der
Neuerfindung des Rades nicht bedürfen?
Aber
ja, liebe Código-Verbreiter, konzentriert euch auf die Anfänger, die glauben
noch jeden Schmarrn!
4.
Bei diesem Punkt beschleicht
mich der Verdacht, den Schreiber könnten einige Sprüche, welche er in den
ersten drei Kapitelchen gerissen hat, nun doch irgendwie reuen. Immerhin
billigt er sich selber eine gewisse Toleranz und
dem Publikum Zeit zu, die Weisheit seiner Botschaft zu verinnerlichen. Na
immerhin…
Wie mein Tangokollege
Thomas Kröter, dem ich auch diesen
Tipp verdankte, nun sagen würde: „No politics, but…“
Könnte es eigentlich
sein, dass der Rigorismus, mit dem auch im Tango „Law and Order“ durchgesetzt
werden, teilweise von der gesellschaftlichen und politischen Umwelt beeinflusst wird? Verglichen mit Ivica
Anteski ist Cassiel ein
Liberaler. Ich brauche jedenfalls keine hundert Jahre alten Benimm-Traditionen –
weder aus Argentinien noch gar aus Mazedonien. Nimmt man die Pressefreiheit als
Maßstab für kulturelle Offenheit, sieht es in diesem Land jedenfalls nicht gut
aus:
Nach der Rangliste
der „Reporter ohne Grenzen“ steht
Mazedonien auf Platz 117 von 180:
„Fast alle Medien
unterstehen der Kontrolle der Regierung. Zudem sind sie auf Werbeeinnahmen
angewiesen. Die Abhängigkeit von Anzeigenkunden nimmt einigen Medien die
redaktionelle Unabhängigkeit und macht sie gefügig. 2011 ließ die Regierung
drei kritische Medien schließen – offiziell wegen ausstehender Steuerzahlungen.
Kritische Journalisten in Mazedonien müssen mit Gewalt und Übergriffen rechnen,
welche jedoch kaum strafrechtlich verfolgt werden.“
Um Nachfragen zuvorzukommen:
Deutschland liegt aktuell auf Platz 12, an der Spitze stehen die Skandinavier
(Finnland, Dänemark und Norwegen).
Und hier der Originaltext:
Soeben (3.4.) hat Herr Anteski geantwortet: "I am sorry, I do not understand your language..." Na ja, seine mazedonischen Blogtexte hat er sich auch ins Englische übersetzen lassen - aber vielleicht meint er ja ein ganz anderes Sprachproblem!
P.P.S. Sodala, damit es mein mazedonischer Bloggerkollege versteht, nun als Extra-Service die englische Übersetzung meiner Anmerkungen:
And that’s my comment which I cannot resist:
1. Nice to hear now the umpteenth fairy tale about the origin of the “códigos
del tango”: Whereas according to a german tango expert from the Saarland the
wicked american and japanese tourists are to be blamed for it, it is now the
fault of the mothers of beautiful daughters! At some point in the future, the
traditional scene should come to a common point of view! For my part, I don’t
need milongas with the uptight moral of a middle class bourgeoisie of times long
ago, where chaperons with glasses checked potential marriage candidates, while
their spouses had fun with their concubines… I also don’t need the sort of
spies known from the former GDR, here called “respectful dancers”, who – in the
name of the organizer – make pressure on dissidents. That’s incredible!
A patter typical for
such scenes is the conjuration of the “chaos” when neglecting the códigos. But “vulgar
sexual behavior”? Okay, I never visited a milonga in that region…
Fine then, after
intimidation and firing of all unpopular visitors, the mood of the guests still
present will rise to immensity!
Yet the comparison of
any “behavior rules” with criminal laws ordered by state shows the degree of
confusion taking place in some heads!
2. Of course the easygoing dance lessons nowadays are too lax, the only
thing being helpful is the recourse to the “decency lessons” of earlier eras,
in order to integrate the debutants into a wooden, hierarchic structure of
society. But I’m afraid that even tango teachers will meet this curriculum only
half-hearted, in order to prevent grown-ups fleeing this imposition and prefer
to visit carnival dance events, sometimes there even being allowed to throw
confetti.
And as to the
argentine star witnesses often cited in this scene: Many news sources tell us that
tango culture there also shows a wide spectrum – as well as the music played at
milongas.
3. “The unteachables” – o yes, I know… and as I’m also belonging to them, I
don’t know whether to laugh or to cry. Perhaps the thing resisting in those
people is called experience – the belief that when being able to dance well and
looking back to a good breeding, there is no necessity to reinvent the reel. But
yes, dear código preachers, focus on the beginners, for they will believe in
any nonsense!
4. At this point the suspicion creeps me that the author could be sorry for
some claims he made in the above text. At least he grants himself a certain bit
of tolerance and the audience time to internalize his wisdom. Okay, after all…
Am 10.5. hat Ivica Anteski nun geantwortet. Näheres zum Fortgang der Debatte findet man hier:
http://milongafuehrer.blogspot.de/2016/05/unter-mutterlicher-uberwachung-ii.html
Am 10.5. hat Ivica Anteski nun geantwortet. Näheres zum Fortgang der Debatte findet man hier:
http://milongafuehrer.blogspot.de/2016/05/unter-mutterlicher-uberwachung-ii.html
Lieber Gerhard,
AntwortenLöschenbisher dachte ich immer, die "Tanzlehrer" haben sich für den Tango Argentino den sogenannten Grundschritt einfallen lassen, weil sie die Struktur dieses nun wirklich frei improvisierbaren Tanzes nicht erfassen und daher als Rettungsanker immer wieder auf Schrittfolgen zurückgreifen müssen.
Beim Lesen dieser Kampfschrift kam mir erneut - vgl. meinen Kommentar zu deinem letzten Post - ein ähnlicher Gedanke, wie du ihn äußerst:
Nach der Gleichmacherei in der Gesellschaft - im Eilzugtempo zum Einheitsmenschen - jetzt auch zum dazu passenden Einheitstänzer mit dem Endziel: erlaubt sind ausschließlich Milongas, auf denen die (gefühlten drei)Marschmusiktangos der Goldenen Epoche (der historische Zeitvergleich würde hier bestens zutreffen!)zelebriert werden und der TJ den Einsatz für den gemeinsamen Rückwärtsschritt gibt!
Liebe Grüße nach Pörnbach
Egon Wenderoth
Lieber Egon,
Löschenim Gleichschritt rund um den Saal – da könnten einem schon Parallelen einfallen…
Von mir aus dürfen die Anhänger einer solchen mentalen Einstellung das gerne machen: im Hinterzimmer, Tür zu, Essen drunter durchschieben!
Für Menschen, welche den Tango trotz allem noch in die Rubrik „Gesellschaftstanz“ und nicht „Religionsersatz“ einordnen, ist das wohl nichts. Allein die Vorstellung, dass ich unter „Aufsicht“ tanze und dann per sozialen Druck „bekehrt“ werde – da kommt Stimmung auf!
Wogegen ich mit „Unbelehrbarkeit“ angehe: Dass der Eindruck vermittelt wird, Tango habe nun eben so zu sein. Dem Herrn aus Mazedonien kommt es gar nicht mehr in den Sinn, andere könnten eine mindestens genauso berechtigte, abweichende Vorstellung von Tango haben. Dazu lese ich nicht einen einzigen Satz!
Herzliche Grüße
Gerhard
Hallo Gerhard,
LöschenDas Konzept der gelenkten Demokratie ist ja generell wieder am Kommen, speziell in Osteuropa sehen wir gerade ein paar schöne Beispiele. Dieser liberale Irrglaube an die Fähigkeit des Einzelnen, selbst Verantwortung zu übernehmen! Einfach nur anstrengend. Ich denke wirklich, daß viele sich danach sehnen, diese lästige Verantwortung nicht mehr übernehmen zu müssen.
Aber es könnte schlimmer kommen - mir fällt dazu gerade ein Buchtitel von Wolf Wondratschek ein: "Früher begann der Tag mit einer Schußwunde". Wobei ich auch gerade an Osteuropa (Sarajewo) denken muß.
Noch ein ganz wichtiger Aspekt: Die Freiheit schränkt die "Vorhersehbarkeit" ein - für manche Menschen (nicht nur bei der Tangomusik) ein gravierendes Problem!
LöschenDas ist ja echt gruselig! Mama mia!
AntwortenLöschenIch hatte mal die Vorstellung, Tangomenschen seien doch etwas "besser" als der vulgäre Durchschnitt. Muss ich mich davon verabschieden?
Ja - Tangomenschen sind ein ganz übles Volk. Ohne die Segnungen der Códigos gäbe es Sex, Drugs & Rock'n Roll!
LöschenLieber Gerhard
AntwortenLöschenVielleicht ist dieser Text nicht gerade der richtige Anlass. Aber für mich ist fast alles Anlass genug, um über das Getue als “Tangolehrer“ Beobachtungen auszutauschen.
Wenn du das Foto aus der Vogelperspektive für die Werbung bei dem Buch von Melina Sedo anschaust, dann siehst du ihre Hand zwanglos auf der linken Schulter des Mannes. Ganz unterschiedlich zum Griff auf seine linke Niere, wie Du es bereits erwähnt hast.
Für mich läuft das alles unter dem Motto, denn Sie wissen eigentlich nicht was sie tun.
Aber Hauptsache sie unterrichten Andere.
Herzliche Grüße aus dem Salzkammergut
Peter
Lieber Peter,
Löschenden Effekt gibt es ja häufig im Coaching-Bereich: Da werden simpelste Binsenweisheiten mit riesigem Gedöns und zu einem fetten Preis (siehe den von Buch und DVD) verkauft.
Ich gestehe, das Werk aus finanziellen Gründen nicht erstanden zu haben. Vielleicht enthält es ja doch wertvollsten Inhalt.
Wenn ich mir aber die Vortanzvideos der beiden anschaue, welche zuhauf im Internet verfügbar sind, kommt mir der ketzerische Gedanke: Na gut, das sollte eigentlich jeder können, der drei Jahre intensiv Tango tanzt.
Die Beisterung des jeweiligen Publikums schwappt ja auch nicht direkt über...
Herzliche Grüße
Gerhard
Lieber Gerhard
AntwortenLöschenIn diesem speziellen Fall kann ich mich einfach nicht zurückhalten: der Tanzstil der beiden großen Lehrenden ist jedenfalls für mich sowas von steril bis „abtörnend“, dass ich nie mit dem Tango angefangen hätte, wären mir nur Videos von den beiden zugänglich gewesen.
Ich weiß gar nicht, wie in diesem Zusammenhang das Wort Ausstrahlung eine Bedeutung haben könnte.
Ich konnte schon einmal den Vergleich mit der Wachablöse anbringen. Wenn ich mir zur Kontrolle meines Vorurteils hin und wieder ein Video von den beiden ansehe, schaffe ich das nur für kurze Zeit, danach ist mein Vorurteil wird bestärkt.
Ich frage mich, wie so viele Leute auf eine derartig ausdruckslose Tanzweise hereinfallen.
Naja, vielleicht ist es auch nur mein Neid auf die vielen Leute, die dort hinterher laufen.
Grüße aus dem Salzkammergut
Peter
Lieber Peter,
Löschendas ist eben der neue Tangostil!
Wenn Du Dir aktuelle Vortanzvideos auf YouTube anschaust, findest Du immer mehr „Showpaare“, welche in innigster Umarmung bedeutungsschwanger im Kreis hatschen. Wird heute von der konservativen Szene so verlangt und dann auch geliefert – sind ja Profis.
Man sieht das sehr gut an meinem Lieblingspaar, Sebastian Arce und Mariana Montes. Vor 6 Jahren haben sie noch so getanzt:
https://www.youtube.com/watch?v=qlhYZKXXfJ8
Und inzwischen? Grad noch bei der Milonga im zweiten Teil trauen sie sich, anklingen zu lassen, was sie wirklich können:
https://www.youtube.com/watch?v=OCWocnc0BQ8
Sedó und Engel muss man zubilligen, dass sie noch nie anders getanzt haben und somit als „authentisch“ gelten. Aber ich mag mich nicht über Bücher äußern, die ich nicht gelesen habe. Frau Sedó war da großzügiger: Als Cassiel damals den Verriss meines ersten „Milongaführers“ veröffentlichte, meldete sie sich unverzüglich zu Wort:
„ARGH! Hört sich nach einem schlimmen Machwerk an. (…) Ansonsten: wer will schon wieder ein Tangobuch mit persönlichen Erfahrungen und Ansichten lesen? Irgendwie ist mir schon zu Beginn meiner Tangolaufbahn aufgefallen, dass jede/r der/die Tango tanzt, auch etwas dazu sagen / schreiben möchte, seine eigene Geschichte aufarbeiten muss.. Egal wie wert- und sinnvoll das ist. (...) Und so sind schon sehr viele unnötige Bücher zustande gekommen. Dieses hier werde ich genauso wenig in die Hand nehmen, wie seine Vorgänger!“
Die Stilfrage stellt sich halt nicht nur beim Tanz…
Herzliche Grüße
Gerhard