Gender and Role Balance
Auf
verschiedenen Internet-Foren wird momentan heiß über dieses Thema diskutiert. Es
geht um die Frage, ob Veranstalter wegen der Ausgeglichenheit des Anteils
führender bzw. folgender Tänzer (im Idealfall also fifty-fifty)
Zugangsbeschränkungen für ihre Milongas erlassen sollen – entweder also eine
„Frauenquote“ von mehr als 50 Prozent nicht akzeptieren („gender balance“) oder
überschüssige weibliche Teilnehmer nur zulassen, wenn diese die führende Rolle
tanzen („role balance“) – wie immer man das dann kontrollieren will.
Dass
bei etlichen Veranstaltungen, bei denen man um Teilnahmeerlaubnis bitten muss
(siehe Encuentros), zudem eine „Gesichtskontrolle“ stattfindet (ob also der
Kandidat den allfälligen „Códigos“ Gehorsam leisten dürfte) kommt noch hinzu,
ist aber hier nicht Thema.
Den
Stein ins Rollen brachte Melina Sedó,
die nun hierzu eine Umfrage veranstaltet, welche allerdings eher auf Tangoleute
zugeschnitten ist, welche Erfahrungen mit Encuentros und Marathons haben:
Mein
Bloggerkollege Yokoito startete dann
ebenfalls eine Befragung, die allgemeiner angelegt ist. Man kann hierbei
zwischen zwei Umfrageformaten wählen:
Aus
seiner eigenen Skepsis macht Yokoito keinen Hehl und nennt das Ganze „gender
discrimination“:
Dass
Yokoito damit beim Blogger Cassiel
nicht gut ankam, war vorherzusehen – wo dieser doch momentan stark darauf aus
ist, das Sedó-Engel-Werk „Caminar
abrazados“ verticken zu helfen, und generell nicht einsieht, dass Umfragen
beim Tango etwas bringen. Siehe die Kommentare zu seinem jüngsten Text:
Ich
finde aber, auch beim Tango sollte der Kunde König sein. Yokoito schreibt dazu in seinem neuesten Beitrag („Marty in Tangoland"):
„Cassiel hat Recht,
wenn er sagt, es ist Sache eines Veranstalters, wie er seine Regeln definiert.
Nur: Wir alle, die wir Veranstaltungen besuchen, sind nicht nur „Stakeholder“,
sondern ebenfalls Akteure, deren Entscheidungen auch das Angebotsumfeld prägen.
So wie ich mich als Käufer zwischen dem großen Versandhändler und dem Laden um
die Ecke entscheide. Ersterer ist schön bequem, und oft auch noch einen Euro
billiger. Nur – ist der lokale Laden erst mal verschwunden, gibt es nur noch
den Versandhändler – und dann ist Schluß mit lustig.“
Selbstredend
habe ich mich an den Umfragen beteiligt und fordere dazu ausdrücklich auch
meine Leser auf. In meinem „Post Neujahr“
habe ich es heuer zu Jahresbeginn so formuliert:
Die „schweigende
Mehrheit“ der Milongabesucher möge sich mehr äußern – und das Lehr- und
Veranstaltungspersonal ihr zuhören!
Abschließend
kann ich es mir nicht verkneifen, noch ein wenig pro domo zu sprechen (Thomas
Kröter bitte nun das Lesen einstellen, es wird statistisch!):
Zu
unserer „Wohnzimmer-Milonga“ laden wir per Mail an unsere Tangofreunde ein. Eine „Geschlechterbegrenzung“ findet selbstverständlich
nicht statt, und wir akzeptieren die Anmeldungen schlicht nach der Reihenfolge
ihres Eingangs. Nach kleinen Problemen mit der „Überfüllung“ limitieren wir die
Gästezahl zukünftig auf 14, d.h. inklusive Karin und mir 16 Personen.
Da
meine Frau dankenswerterweise genau Buch über die Gästelisten führt, habe ich
heute eine kleine Bilanz zu unserem „Gender
and Role Balancing“ erstellt:
Stichprobenumfang:
200 Teilnehmer bei insgesamt 14 Milongas, d.h. zirka 14 pro Termin
Frauenanteil
insgesamt: 56 %
(Dies
entspricht übrigens meinen Erfahrungen der letzten Jahre: Einen deutlichen
„Frauenüberschuss“ auf den von mir besuchten Tangoveranstaltungen stelle ich
immer weniger fest!)
Noch
interessanter wird es bei uns, wenn man einrechnet, dass einige unserer
weiblichen Gäste beide Rollen tanzen (und dies auf der „Wohnzimmer-Milonga“
auch praktizieren). Ich habe nun die Statistik so verändert, dass jede führende
Frau als Mann gerechnet wurde – wodurch sich die Zahl der „Frauen“ entsprechend
reduziert und die der „Männer“ steigt:
Dann
käme man auf einen „Frauenanteil“ von 43
%.
Die
Realität wird irgendwo in der Mitte liegen – bei uns wäre dies eine weibliche
Quote von (56+43):2 = 50 %
Passt
doch, oder? Und das auf völlig freiwilliger Basis…
P.P.S. Yokoito hat die Ergebnisse nun auf seinem Blog veröffentlicht:
https://tangoblogblog.wordpress.com/2016/08/17/gender-selektion-revisited-die-survey-auswertung/
Lieber Gerhard,
AntwortenLöschenja, ein unendliches Thema! Habe auch dazu meinen Senf abgegeben, dieses Mal bei Yokoito. Der Frauenüberschuss müsste gar kein Problem sein, wenn man nicht immer solche Möchtegern-Bachelors hätte. Viele Grüße von Annette
Liebe Annette,
AntwortenLöschenja, über dieses "Prinz auf der Erbse"-Syndrom werde ich demnächst mal schreiben!
Viele Grüße
Gerhard