Ein Tritt frei

In der Tango-Facebookgruppe, aus der man nicht zitieren darf, stellte vor einer Woche der Oberpfälzer Veranstalter Christian Beyreuther die folgende Frage:

„Was würdet ihr machen in einer Situation, bei der es eine Person gibt, die sich gegen 23 Uhr bei einer Tango Veranstaltung mit Live-Musik noch immer in der vom Veranstalter zusätzlich angemieteten Cafébar befand? Sie war dort, um sich Schuhe und Klamotten anzuschauen, wo die Live-Musik stattfand, und war von der Musik so angetan, dass sie sich entschloss, zu bleiben und mitzutanzen. Als der Veranstalter sie nach Beendigung der Veranstaltung fragte, ob sie denn nicht bereit wäre, für den Abend Eintritt zu bezahlen, kam von der Person eine dreiste Antwort: Nein, die Kasse ist ja schon zu. Was würdet ihr nun mit so einer Person machen? Würdet ihr sie in die nächste Milonga reinnehmen oder sie wegschicken?

Die betreffende Person war bereits gegen 20:00 Uhr Gast der Veranstaltung und wollte nur für ein paar Minuten Schuhe und Klamotten anschauen.

Ist es legitim, die Person freundlich, aber bestimmt bei der nächsten Milonga mitzuteilen, dass sie hier nicht tanzen kann, ohne einen Eintritt zu bezahlen? Wenn sie nicht in der Lage ist, das zu tun, muss sie die Veranstaltung verlassen, um in die nächste Milonga zu gehen, wo sie sich daran beteiligen kann, wenn sie das möchte."

Meines Wissens hat Beyreuther diesen Fall dort schon einmal aufgetischt – oder geschah dies nun zum zweiten Mal? Erschwerend kommt jedenfalls hinzu, dass der Veranstalter diese Person und deren Tendenz, ihn runterzuhandeln, bereits kannte.  

In 36 Kommentaren wurde dieser komplizierte Fall bislang erörtert.

Ich frage mich aber, wieso die Geschichte so schwierig ist. Hier gilt zweifellos das Hausrecht des Gastgebers – wer nicht zahlt, kommt halt nicht rein. Auch nicht zum Schuhe gucken. Und wer das nicht einsieht, begeht Hausfriedensbruch:

https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__123.html

Freien Eintritt hätte die Dame von mir nicht erhalten – eher einen Tritt frei

Ich verkenne nicht, dass solche Leute darauf spekulieren, dass man es nicht zum Affront kommen lässt. Daher muss man die Nerven bewahren und ihnen genau den liefern. Notfalls durch zwei Uniformierte, welche sie aus der Veranstaltung begleiten und erforderlichenfalls die Personalien feststellen. Für manche Clubbesitzer ist dies das tägliche Brot.

Selbst in Pörnbach war es nötig, mal einen Milongagast, der sich danebenbenommen hatte, rauszuwerfen. Haben wir auch getan.

Offenbar plagten den sensiblen Christian Beyreuther aber solche Skrupel, dass er den Fall nun der Tangogemeinde vorlegen wollte. Was mich im speziellen Fall doch wundert.

Im Internet ist er nämlich durchaus ein Freund klarer Worte. So setzte er einmal bei einem sehr konservativen Event als Veranstalter durchaus heftige Grenzen:

„Hinweis: Rücksichtloses Tanzen und das Nichtbeachten der o.a. Codigos führt zum sofortigen Ausschluss der Veranstaltung.“

https://milongafuehrer.blogspot.com/2019/06/eine-rucklichtslosigkeit-sondershausen.html

Und im speziellen Fall wollte er mir sogar einmal verbieten, über ihn zu berichten:

„Ebenso bleibt es für dich, nach deiner Meinung erlaubt, urheberrechtlich geschütztes Material zu kopieren und auf deiner eigens dafür erstellten Webseite zu veröffentlichen. Um Erlaubnis fragen muss man nicht!

Lieber Gerhard Riedl,
hiermit ‚untersage‘ ich dir schriftlich,
mein Bild und Textmaterial,
meine Zitate,
sowie das Bild und Textmaterial von mir bekannten Personen, wo ich zitiert werde
und allen Webseitenlinks, wo ich namentlich genannt werde,
auf deinen Tango-Blogs und anderen Publikationen zu veröffentlichen.
Herzliche Grüße,
Christian

https://milongafuehrer.blogspot.com/2019/09/perfekte-ronda.html

Na, das war doch mal eine klare, wenn auch juristisch nicht durchsetzbare Ansage! In der Folge hetzte er auf Facebook gegen mich und mein Blog – schließlich sperrte er mich und mein persönliches Umfeld:

„Ja nicht solche Fragen ins Facebook stellen. Das Riedl wartet nur auf solche Postings. Es wird dich demütigen, erniedrigen und zerfleischen. Pass auf dich auf, das Riedl kommt bestimmt, auch ganz bald zu dir.“

„Bist du wahnsinnig? Möchtest du, dass man dich fertigmacht? Willst du, dass du auf das Riedl's (…) bekloppten Tango-Blog landest? Willst du, dass man dich ächtet, beschimpft und demütigt? Nein, das willst du nicht! Nein, das willst du ganz bestimmt nicht! Steinigungen und Hexenverbrennungen gibt's nicht mehr. Aber an den Pranger wird man dich stellen. Jawohl, so wird das kommen, ganz gewiss!“

„Der muss halt sein verkacktes Leben an uns auslassen.“

„Ich hab ihn blockiert. Somit kann der Penner sich nicht mehr über meine Postings auslassen. Euch empfehle ich, das selbige zu tun.“

https://milongafuehrer.blogspot.com/2019/09/offener-brief-die-zweite.html

Und auch in der aktuellen Debatte beschied er einem Kommentator:

„Ich frage mich gerade ernsthaft, ob du nicht mehr alle Latten am Zaun hast.“

Quelle: https://www.facebook.com/groups/tangoforum/permalink/2576545195846268

Ich fürchte, hier handelt es sich um ein verbreitetes Phänomen:

Während man im Internet den starken Mann spielt, ist man in der analogen Welt eher im Rückwärtsgang (und das im Tango!) unterwegs.

Klar, man riskiert ja kaum etwas, wenn man im digitalen Bereich anderen mit Grobheiten kommt. Im wahren Leben müsste man jedoch mit heftiger (vielleicht nicht ausschließlich verbaler) Gegenwehr rechnen.

Daher bin ich glücklich, Christian Beyreuther heute aus vollem Herzen unterstützen zu können: Er hat völlig recht, wenn er sich hoffentlich in Zukunft nicht mehr auf solch faule Deals einlässt.

Dazu passt eine andere Geschichte, die er nun ebenfalls erzählt: Als er noch Milongas veranstaltete, in denen ein pauschaler Eintritt (inklusive Getränke) erhoben wurde, meinte einmal eine Besucherin, für sie müsste es billiger kommen, da sie ja keinen Wein trinke. Sonst mache er ja mit ihrer Abstinenz einen zusätzlichen Gewinn!

Hätte der Veranstalter nun für den ganzen Abend einen Aufseher neben die Flaschen stellen sollen? Wobei ähnliche Ideen ja durchaus schon verfolgt wurden…

Was mich bei dem Thema stets etwas verunsichert: Es gibt Leute, die wirklich mit jedem Euro rechnen müssen und sich daher normale Eintrittspreise kaum leisten können. Und selbst wenn man denen anbietet, stattdessen zum Beispiel beim Auf- und Abbau mitzuhelfen, bleiben Bedenken: Manche schämen sich zu gestehen, dass sie kein Geld haben.

Ich meine, hier hilft nur Sensibilität – nicht gerade die Kernkompetenz vieler Organisatoren. Eine rühmliche Ausnahme bildet Theresa Faus, welche in ihren Einladungen diese Frage stets anspricht.

Auf die obige Dame trifft dies allerdings nicht zu: Wer sich Tangoschuhe oder Kleider kaufen kann, hat sicher noch ein paar Euro übrig.  

Jedenfalls bin ich auch hier wieder froh, dass wir mit dem Tango nie Gewinne machen wollten und daher selber keine Eintrittsgelder kassierten. In der Summe also stets draufzahlten.

Tango macht als Subkultur viel weniger Probleme denn als Branche!

Zum Weiterlesen:

https://milongafuehrer.blogspot.com/2023/03/sag-zum-abschied-leise-service.html

Und hier noch etwas zum Hausrecht:

https://www.youtube.com/watch?v=sXFFDyjjbIg

Kommentare

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