Bezness und AMIGA

Der erste Begriff war mir bislang unbekannt: „Bezness“ ist die arabische Verballhornung des Wortes „Business“ – man kann es auch als Konglomerat aus „Beziehung“ und „Business“ verstehen.

Das Phänomen tritt vor allem in Urlaubsländern auf, wo das Einkommensniveau von Touristinnen und Touristen das der Einheimischen deutlich übersteigt. Naiven Reisenden wird dann eine Liebesbeziehung vorgegaukelt, welche nur dazu dient, das Opfer im Anschluss auszunehmen: von Geldzuwendungen über den Erwerb des Aufenthaltsstatus bis hin zu Scheinehen.

Was hat das alles mit dem Tango zu tun? Nun, auch hier geht es öfters ums Geschäft. Und zu dem Behufe wird nichtsahnenden Anfängerinnen und Anfängern gerne das Blaue vom Himmel versprochen. Und vielleicht erliegen gerade Frauen dann auch dem exotischen Charme des wenig mittelbelasteten Tangolehrers. Oder reifere Tangueras sind auf der Suche nach einem finanziell potenten Herrn, der für die ausbleibenden Unterhaltszahlungen des Ex einsteht. Soll alles vorkommen…

Mir geht es jedoch um etwas anderes: Es ist sehr schwer, die betörte Betrogene oder den liebestollen Urlauber davon zu überzeugen, dass den Loverboy aus Tunesien oder die feurige Chica aus der Dominikanischen Republik doch eher die wahre Liebe zum Geld antreibt. Regelmäßig kommt dann der „AMIGA-Spruch“: „Aber Meine(r) ist ganz anders“.

https://at.wikimannia.org/AMIGA-Syndrom

Nein, ihr Lieben: Ist er (oder sie) meist nicht. Das gilt ganz generell. Nur die Sexualhormone bewirken, dass man Männer für attraktiv hält, die Vergnügen daran haben, möglichst schnell und laut von A nach B zu gelangen. Oder weibliche Wesen, die vor Weihnachten Verwestes aus dem Wald holen, um damit die Wohnung zu dekorieren.

Jede dritte Ehe in Deutschland wird geschieden. Daher habe ich auch nur zweimal geheiratet.

Aber um nun endlich auf mein eigentliches Thema zu kommen. Das „Amiga-Syndrom“ dürfte auch hinter einer anderen Erscheinung stecken, die mir immer wieder auffällt:

Bekanntlich sehe ich manche Entwicklungen im Tango eher skeptisch – „Lamentiererei“ hat das kürzlich ein Leser genannt. Was ich untertrieben finde – dafür schreibe ich viel zu aggressiv…

So bin ich nach wie vor davon überzeugt, dass der Siegeszug des konservativen Tango, der sich unberechtigt als „traditionell“ versteht, nicht zu bestreiten ist. Die Milongas, welche wirklich ein weites musikalisches Spektrum bieten, sind selten. „Neolongas“, auf welchen gar keine Tangos zu hören sind, stattdessen aber groovige Popmusik wummert oder wabert, machen die Situation nicht besser. Interessante und kompliziertere Arrangements kann man lange suchen. Für passionierte Tanzende ist beides gleich fad.

Und selbst auf Milongas, wo das aktive, auch verbale Auffordern der Frauen ausdrücklich erwünscht ist, sitzen die Damen meist herum und warten auf den herbeireitenden oder blinzelnden Prinzen. Es ist zum Verzweifeln!   

Regelmäßig erhalte ich auf meinen Pessimismus hin die Reaktion: Das möge ja in meiner Gegend (also „hinter den sieben Bergen“) so sein – aber im Umfeld des Schreibenden verhalte es sich ganz anders. Da gebe es sehr wohl viele Veranstaltungen mit einem tollen Mix aus verschiedensten Musikstilen. Und sogar auffordernde Frauen – manchmal jedenfalls, bei günstiger Mondphase…

Nun vergisst man dabei, dass ich zwar keine sehr weiten Tangoreisen mehr unternehme, aber meine Themen sehr sorgfältig recherchiere. Und auch persönliche Informationen auswerte.

So sehe ich dann, dass gelobte Veranstalter teilweise übergriffigen Blödsinn veröffentlichen. Oder ich kriege persönlich mit, dass die Verheißung „Tangos, Valses und Milongas von 1920-2022“ schon etwas übertrieben ist. Eher schwimmen dann einige moderne Bröckchen in einer recht altbackenen Suppe.

https://milongafuehrer.blogspot.com/2023/04/entfesselt-in-der-seilfabrik.html

https://milongafuehrer.blogspot.com/2022/09/steffitango.html

Und Wildschweine sind meist doch keine Löwen. Nicht mal auf dem Parkett…

Aber auch bei den lokalen Milongas gilt halt das „Amiga-Prinzip“: „Aber meine ist ganz anders“.

Wahrscheinlich stellt dies eine Form des Lokalpatriotismus dar, welche man ja vom Sport kennt: Auch wenn die Rasenkomiker des „FC Grün ist die Heide“ im Regelfall nur Luftlöcher schlagen, halten die Fans sie für die Größten. Und an der 1:12-Niederlage ist nur der Schiedsrichter schuld…

Ich fürchte, in der Regel gilt auch für Milongas eher ein Machospruch über Frauen, den man heute nur noch zitieren darf, wenn man weiß und über Siebzig ist:

„Kennst du eine, kennst du alle.

P.S. Zur Hintergrund-Information:

https://www.youtube.com/watch?v=VgHA2_W8vQ8

 

 

 

 

 

      

 

Kommentare

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