Kein schöner Video

 

Niemand darf wegen seines schlechten Geschmacks bevorzugt werden." (Harald Schmidt)

Nicht nur Tangovereine, sondern auch politische Parteien sind derzeit bestrebt, mir eigene Satiren zu ersparen: Seit dem Video zur Rettung des Weltkulturerbes habe ich nie mehr so niveaulos gelacht wie über eine soeben erschienene Produktion von „Bündnis 90 / Die Grünen“.

Irgendeine gottverlassene Werbeagentur kam wohl auf die Kateridee, eine Gemme  aus dem eisernen Vorrat deutschen Volksliedgutes umzuschreiben: das Epos „Kein schöner Land“, um 1840 dem Volke aufs Maul gedichtet vom romantischen Autor Anton Wilhelm von Zuccalmaglio. Wie wir alle von Zeltlagern wissen, wurde dazu so manche Klampfe gequält.

https://de.wikipedia.org/wiki/Kein_sch%C3%B6ner_Land_in_dieser_Zeit

Büchner Preis-verdächtig ist allenfalls die Giga-Idee, aus dem Titel ein „K“ zu entfernen, worauf das Machwerk sich nun „Ein schöner Land“ betitelt. Die weiteren Verse klingen allerdings nach einer Strafarbeit für Unterprimaner. Eine kleine Auswahl der schillernden Karfunkel deutscher Bildungs-Endzeit sowie falscher Endreime:

Müssen uns’re  Erde wahr’n

Fürs Leben wird es hier zu warm...

 

Kämpfen fürs Klima,

Kurzstreckenfliega,

und meine Farm

 

Anschluss an Straße, Bus und Bahn

Und natürlich auch W-Lan

 

Die richt’gen Sachen,

lasst sie uns machen,

Oh yeah

Dazu passend eine Reihe von Szenen mit geläuterten Edelmenschen im korrekten Genderverhältnis, die noch gestellter und künstlicher wirken als jede ZDF-Degeto-Version von Rosamunde Pilcher-Romanen. Und beim Casting wurde streng darauf geachtet, die vielen Amateure auszusondern, die halbwegs singen können. Es hätte sonst nicht zum Text gepasst. Ein Trost: In einer Szene wird angedeutet, alte, weiße Menschen dürften auch mal Würstchen grillen. Wie schön!

Lediglich das grüne Traumpaar Baerbock und Habeck darf die Schlusszeilen als Rezitativ bringen, wofür ich unendlich dankbar bin. Was mir dabei auffiel: Die beiden kämen auch als Hauptdarsteller im ZDF-Herzkino-Format gut rüber – so in der Art: Der verschuldete Schriftsteller Robert, der sich als Vogelwart auf die Hallig Hooge zurückgezogen hat, trifft die von der Liebe enttäuschte Seehund-Retterin Annalena

Wahrlich, das Video-Epos wirkt wie die jüngste Fälschung der gallekotzgrüngelben Partei-Plakate – man meint auch hier, eine AfD-nahe Agentur habe den Klimarettern eins reingewürgt. Oder war es die „Heute Show“, „Extra 3“ oder gar Jan Böhmermann? Nein, der twitterte bereits: „Vielleicht WOLLEN die Grünen gar nicht gewählt werden?!“

https://www.waz.de/politik/gruene-bundestagswahl-wahlkampf-baerbock-habeck-id233126251.html

Das ist zu bezweifeln. Was mich noch mehr beunruhigt: Solche Videos müssen doch nicht nur produziert, sondern schließlich auch abgenommen werden, bei dieser Partei wohl von einem größeren Gremium. Und da war niemand mit einem halbwegs soliden Geschmack, der seine Freund:innen darauf hingewiesen hat: Vorsicht – das klingt eher nach Satire als nach ernst gemeinter Wahlwerbung?

Was, wenn diese Leute in Regierungsverantwortung mal erkennen müssten, dass man einen weit gefährlicheren Müll nicht absegnen darf?

Es reicht doch wirklich, dass wir Sozialdemokraten immer noch „Wann wir schreiten Seit an Seit“ von Hermann Claudius singen müssen, der später auch Elogen an den Führer dichtete. Die viel schönere „Internationale“ haben uns ja die Kommunisten geklaut…

Aber in diesem Wandervogel-Singsang gäbe es doch Stellen, welche die Grünen ohne Umdichtung hätten übernehmen können:

Mann und Weib und Weib und Mann
Sind nicht Wasser mehr und Feuer.
Um die Leiber legt ein neuer
Frieden sich, wir blicken freier
|: Mann und Weib, uns fürder an. :|

https://ingeb.org/Lieder/wannwirs.html

O mei‘, bleibt nur zu hoffen, dass der gute Olaf Scholz von seinen Wahlkampf-Managern nun nicht gezwungen wird, mit Hamburger Schiffermütze eine umgedichtete Hans Albers-Kamelle rauszuhauen. Ansonsten dürfte seiner Kanzlerschaft nichts mehr im Wege stehen…

Selbstverständlich kommt abschließend jetzt, als Service für meine getreuen Leser, das grüne Kulturwerk. Ich empfehle allerdings, sich am Sessel anzuschnallen und vorher zur Vermeidung heftigster Erregung eine angemessene Portion Sprit einzupfeifen – getreu dem Motto:

„Breit, weil ihr es seid“


https://www.youtube.com/watch?v=Em_WUdK5WKI

P.S. Ich rate, sich das Video unverzüglich anzusehen – wer weiß, wie lange es noch auf YouTube steht…

Kommentare

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