Wiederwaertige Pobeleien
Auf der Facebook-Seite von Ralf Sartori geht es derzeit wirklich rund. Der neueste Aufreger ist ein Video auf YouTube, welches der Münchner Tangolehrer – wegen Verbotsgefahr mit einem Eichhörnchenbild getarnt – am 3.8. verlinkt hat.
Der studierte Deutschlehrer, Autor und YouTube-Aktivist Gunnar Kaiser, der dem Querdenker-Lager zugeordnet wird, betitelt das Werk „Wissenschaft oder Propaganda? - Clemens Arvay vs. MaiLab“. Darin fährt Arvay, österreichischer Sachbuchautor und Diplomingenieur für Gartenbau, einen Generalangriff auf Mai Thi Nguyen Kim und ihre Seite „maiLab“. Über die promovierte Chemikerin und Wissenschaftsjournalistin habe ich schon einmal berichtet:
http://milongafuehrer.blogspot.com/2020/07/sind-wir-alle-gleich-doof.html
Clemens Arvay zerpflückt in seinem Video einen Beitrag der Bloggerin, in dem sie „7 kritische Fragen zur Impfung“ beantwortet:
https://www.youtube.com/watch?v=a_NpJU12_LA
Er bewirbt dabei seinen Buch-Bestseller „Corona-Impfstoffe: Rettung oder Risiko?“
https://de.wikipedia.org/wiki/Clemens_Arvay
Herr Kaiser klingt in der Anmoderation so: „Habt ihr auch manchmal das Gefühl, heutige Wissenschaftsjournalisten seien der verlängerte Arm des pharmazeutisch-medialen Komplexes?“
O je, ich wollte mich eigentlich über Sachfragen informieren statt meine Gefühle zu erkunden… Clemens Arvay legt gleich zu Beginn noch einen drauf:
„Das ist überhaupt das Problem mit der Medienberichterstattung, mit der einseitigen, dass die Impfstoffe einseitig als risikofrei dargestellt werden, die Fragezeichen auch bei der Wirksamkeit unterdrückt werden und der kritische Diskurs, der wissenschaftlich nach wie vor stattfindet, nicht abgebildet wird.“
https://www.youtube.com/watch?v=HQF4i6aGKmo
Nun weiß ich es endgültig: Mein Gefühl sagt mir, diese Aussage sei großer Blödsinn. Mein Verstand übrigens auch. Ich habe sicherlich seit Beginn der Pandemie eine vierstellige Zahl von Texten und Sendungen in den klassischen Medien verfolgt, die sich genau damit befassen. Ich gestehe, zur Pflege meines Immunsystems das Video nicht in voller Länge ausgehalten zu haben.
Langer Vorrede kurzer Sinn: Sartori, dessen Sympathien begreiflicherweise auf Seiten des österreichischen Gartenbau-Experten liegen, bekommt es nun mit einem anderen Urgestein der Münchner Tangoszene zu tun: dem Tanzschulbesitzer Oliver Fleidl – wie ich aus eigener Erfahrung weiß, kein Verächter vollmundiger Sprache:
http://milongafuehrer.blogspot.com/2017/03/vorgetauschte-hohepunkte-in-munchen.html
Die Redeschlacht zwischen den beiden stellt bestes Kabarett dar und sei daher in Auszügen zitiert:
Fleidl meint zunächst, die öffentlich-rechtlichen Medien wären doch durchaus auch kritisch aktiv – so in Sendungen wie „Frontal 21, Report Mainz, Kontraste oder die Anstalt“.
Sartori hält das für eine bloße „Hofnarren“-Funktion.
Fleidl: „Aber auch hier: Eine ‚Systempresse würde solche Sendungen auf keinen Fall dulden. Mal abgesehen davon, dass in den letzten Jahren die großen Skandale in Wirtschaft und Politik von der angeblichen ‚Lügenpresse‘ aufgedeckt wurden.“
Sartori: „Und wieviel Skandale wurden von dieser Presse nicht aufgedeckt? Und das Kabarett hat durchaus auch eine System stabilisierende Eigenschaft, da es die Empörung des Volkes in Lacher kanalisiert und dadurch entschärft...“
Fleidl: „Achso Anstatt jetzt eine Liste zu präsentieren, welche Skandale eure sogenannten freien ‚Journalisten‘ aufgedeckt haben, hat die Systempresse geschlafen und nicht genug aufgedeckt?“
Sartori: „Ja genau. Lassen wirs einfach.“
Fleidl: „Ich kann nicht glauben, dass du hier in letzter Zeit dermaßen viele Beiträge aus einer zumindest zwielichtigen Ecke postest, angeblich um ‚zum Nachdenken anzuregen‘, und wenn man dann nicht alles brav abnickt, ZACK. Vorbei. Ich dachte, ihr seid die Aufgeweckten?“
Sartori: „Aber muss ich wirklich erklären, was es bedeutet, sich auf Thesen und Inhalte zu beziehen oder was der Unterschied dazu, Personen zu diffamieren, die diese Inhalte vortragen?“
Fleidl: „Das Problem ist, dass allein dieses Video schon mit Verleumdung und Diffamierung anfängt.“
Sartori: „…der Vortrag ist nur so gespickt mit konkreten Infos zum Thema, aber niemand von Euch bezieht sich hier auch nur auf eine einzige inhaltliche Aussage darin.“
Fleidl: „Das Video ist nicht gemacht worden um inhaltliche Auseinandersetzungen zu führen. (…) Und ich brauche auch nicht im Minutentakt auf mein Buch verweisen, wenn ich an einer wirklichen Auseinandersetzung interessiert bin. Hier wird mit der Popularität von MaiLab Geld verdient. Meine Meinung.“
„Hab mir diese Dauerwerbesendung für sein Buch 10 Minuten angeschaut. Und von ausgewogener Berichterstattung kann hier schon nach der Anmoderation nicht die Rede sein. Natürlich gibt es Horrorgeschichten, und er hat diese offenbar säuberlich in seinem Buch aufgeführt. Bravo. Er tut ja geradezu so, als wenn irgendjemand behaupten würde, so eine Impfung sei vollkommen ohne Risiko. Das hat niemand behauptet, und letztlich muss das jeder für sich selbst entscheiden.“
Sartori: „Sehe ich anders, denn seinen Ausführungen steht ja durchaus eine wissenschaftliche Gegenposition gegenüber, zwischen denen wir uns hier unser eigenes Bild machen können. (…) Und dass es dazu ein Buch von Clemens Arvay gibt, durch das man sich noch eingehender zu dieser Thematik informieren kann, sehe ich nicht als Makel, im Gegenteil! Natürlich kann und soll er im Zuge seines Vortrags darauf verweisen. Das ist für mich keine manipulative Werbung, sondern ein durchwegs transparentes Agieren, naheliegend und legitim!“
Fleidl: „Ganz ehrlich: Bei einem Mann mit deinem Horizont kann ich nicht nachvollziehen, dass du sowas als wissenschaftlichen Diskurs bezeichnest. Vom Umfeld Kaiser TV mal ganz zu schweigen.“
Den Vogel schoss dann noch ein anderer Kommentator ab, der zu Protokoll gab:
„Die Motivation von diesem armen Biologen ist nur Neid, um nicht zu sagen verborgener Hass gegen MaiLab. Schon die Unterstellung aller Wissenschaftsjournalisten, sie arbeiten für die Pharmaindustrie, ist ein Unding. (…) Ne, sorry Junge, Du verstehst so viel von Wissenschaftsjournalismus, wie meine Urgroßoma von Quantenmechanik.“
Das haute Sartori nun eindgültig aus dem meditativen Lotussitz:
„Auf diesem Niveau diskutiere ich nicht. Es ist einfach nur erbärmlich... Wenn ihr nicht fähig oder bereit seid, Euch auf Argumente zu beziehen, dann verschwindet gefälligst von meiner Seite und lasst Euch hier nie wieder blicken! (…)… das sind einfach nur wiederwaertige Pobeleien!“
Tja, wieder einmal ein strahlender Beweis, wie lieb man einander doch im Tango hat – und in der Isarmetropole umso mehr!
Abschließend meine ich: Lasst den armen Ralf doch alle Videos gucken, die er mag! Immerhin missioniert er doch nur auf seiner eigenen Seite, was man nicht von jedem FB-Aktivisten behaupten kann. In den letzten Jahren war es ziemlich ruhig um ihn geworden – vielleicht ändert sich das jetzt. Und wenn Sartori sich mit der einenden Kraft des tanzenden Eros seine Weltuntergangs-Szenarien zusammenfabuliert: Vielleicht hält ihn das davon ab, ein weiteres Tangobuch zu schreiben.
Und übrigens gibt es doch weit widerwärtigere Popeleien:
https://www.youtube.com/watch?v=TwdwHaYdoBM
Quelle: https://www.facebook.com/ralf.sartori
Lieber Gerhard,
AntwortenLöschenkennst du den Volksverpetzer Blog, die haben sich die Mühe gemacht und dasVideo von C. Arvay analysiert. https://www.volksverpetzer.de/corona-faktencheck/cgarvay-mailabder/
Woraufhin er ein Antwort Video gedreht hat, in dem er sich dann auch noch selbst widerlegt hat.
https://www.volksverpetzer.de/aktuelles/arvay-widerlegt/
Ich fürchte nur es hat wenig Sinn diese Links auf dem FB Profil von Ralf zu posten.
LG Kurt Kieselbach
Lieber Kurt,
Löschendas Volksverpetzer Blog kenne ich zwar, aber der spezielle Artikel war mir neu. Sehr lesenswert! Die detaillierte Recherche zeigt, mit welch subtilen Methoden manipuliert wird.
Herzlichen Dank und beste Grüße
Gerhard