Weder Flash noch Mob

 

Flashmob (englisch flash mob; flash „Blitz“, mob [von lateinisch mobile vulgus „reizbare Volksmenge“]) bezeichnet einen kurzen, scheinbar spontanen Menschenauflauf auf öffentlichen oder halböffentlichen Plätzen, bei dem die Teilnehmer einander nicht persönlich kennen und ungewöhnliche Dinge tun.

https://de.wikipedia.org/wiki/Flashmob

Wenn mir YouTube mal wieder Tango-Videos vorschlägt, fällt mir regelmäßig auf: Die alten Sachen gefallen mir oft sehr gut, bei neueren Produktionen frage ich mich meistens, ob ich angesichts solcher Bilder vor 22 Jahren mit diesem Tanz begonnen hätte.

„Ungewöhnliche Dinge“ taten sicherlich die Teilnehmer eines Tango-Flashmobs zum 77. Todestag von Carlos Gardel. Auf einem Platz in Barcelona gab es 2012 eine Menge Interessantes zu sehen und zu hören. Gut, die Tanzenden wurden offenbar von einem Modegeschäft ausstaffiert. Aber die Sängerin motivierte die Akteure mit ihrem Tango Reina de Piedra“ zu außergewöhnlichen und vor allem sehr unterschiedlichen Interpretationen.


https://www.youtube.com/watch?v=jvS1sAHFBTU

Beim Zeitsprung in den Mai dieses Jahres weiß ich nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Die müde Darstellung eines schleppenden Troilo lässt nur einen Schluss zu: Alle Anwesenden haben dieselben Tangolehrer – oder tanzen die hier sogar mit?


https://www.youtube.com/watch?v=6zqQyfbnRbY

Auch der wunderbare Walzer „Flor de Lino“ kann die Anwesenden offenbar nicht veranlassen, dem lahmen Hintern ein wenig mehr Dynamik zu verleihen. Da flasht und mobbt gar nichts! Wenn ich das mit dem obigen, neun Jahre alten Video aus Barcelona vergleiche, muss ich an den Unterschied zwischen einer Rede von Joschka Fischer und Robert Habeck denken. Die gemeinsame Ursache ist wohl der Regelungs- und Verbotswahn


https://www.youtube.com/watch?v=spcZBbiHMRg

Da war heuer bei einem Walzer-Flasmob in Wien doch erheblich mehr geboten! Obwohl ich den Sitz der Corona-Schutzmasken etwas irritierend finde, muss ich doch sagen: Man bemüht sich um Stil und Dynamik – manchmal sogar im passenden Rhythmus und ohne das Betriebsprogramm defekter Androiden. Freilich gilt: Der gemeine Wiener hat den Walzer ebenso wenig im Blut wie der Argentinier den Tango.


https://www.youtube.com/watch?v=BlrUhtKF14M

Auch die hauptsächliche Ursache des Elends kann man in einem überaus lustigen Video erkennen, das ebenfalls von einem Tango-Flashmob berichtet, der sich 2017 in Hamburg ereignete. Der massiv gockelige Tangolehrer nebst seiner Partnerin, laut Eigenbeschreibung auf ihrer Website „international bekannte und tätige Tango-Argentino-Showtänzer sowie Maestros de Tango“ beteuert, mit Machismo habe das alles nichts zu tun, „aber mit Männlichkeit“ – und die „Ladies“ müssten „mehr Frauen“ sein. Tja, mehr Frauen – welcher Mann wollte das nicht…

http://www.tango-chocolate.de/ueber-uns.html

Und ein weiblicher Fan versichert mit glühenden Augen:  „Wenn ich nochmal als Mann auf die Welt komme und suche schöne Frauen, dann würde ich tanzen lernen – und zwar Tango.“ Was natürlich nicht erklärt, wieso sie das versucht.

https://www.youtube.com/watch?v=NLbTns8Pjag

Dazu passt eine Frage, die heute ein Mitglied einer Tango-Facebookgruppe gestellt hat, um das Konzept der Tangoschulen“ zu erfragen. „Mich würde interessieren, ob es bei Euch auch jede Woche so abläuft: Wiederholung, Üben und dann eine neue Figur.“

Ja, wie denn sonst?

Aber wir deutschen Tänzer sind Meister in der Theorie: Daher wird dieser Vermutung heftig widersprochen. Schritte und Figuren – aber nein, alles improvisiert! Und wenn, so versichert ein Tangolehrer, gebe es 136 verschiedene Bewegungsoptionen. Davon sind offenbar aber 130 auf YouTube verboten, da man sie auf solchen Videos nie sieht.

Den Schlussgag verdanke ich einem „Fan von klaren Definitionen“:

„Dialog bedeutet, z. B. im Rahmen von Lead&Follow, zum einen, dass wir miteinander absprechen, was wir als nächstes tun und zum Zweiten, dass wir es dann auch gemeinsam tun, mit ständiger Aufmerksamkeit einander gegenüber. Also: Leader sendet Führungsimpuls als Vorschlag, Follwer empfängt Führungsimpuls, interpretiert was gemeint sein könnte und meldet zurück, ob mit Vorschlag einverstanden, oder nicht. Nach der Absprache kommt dann die Ausführung. Leader führt seinen Teil der Figur aus, Follower führt seinen Teil der Figur aus und wir begleiten einander dabei aufmerksam.“

Wahrlich, genauer und treffender könnte man Paartanz nicht beschreiben. Kann nur sein, dass danach die Partnerin dem Theoretiker ins Öhrchen flüstert:

„Schatz, du kannst aufhören, die Musik ist längst vorbei!“

Quellle: https://www.facebook.com/groups/tangoforum/

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