Thorwarth contra Nuhr
Wie ich bereits berichtete, scheint es die „Frankfurter Rundschau“ für ihre Pflichtaufgabe zu halten, nach jeder Sendung namens „Nuhr im Ersten“ einen geharnischten Verriss zu veröffentlichen. Besonders aktiv ist dabei die Redakteurin Katja Thorwarth, von der schon eine ganze Reihe ziemlich gleichlautender Besprechungen stammt. Allmählich scheint es mir Zeit, auch darüber mal eine Kritik zu verfassen. Nehmen wir gleich die Sendung am letzten Donnerstag:
Unter dem Titel „Dieter Nuhr stürzt sich auf die Rassismus-Debatte und ‚Die letzte Instanz‘“ zieht die Schreiberin zunächst einen Nazi-Vergleich. Mit dem sei es wie mit der AfD: Wieso erführen Partei und Kabarettist eigentlich so viel Aufmerksamkeit, wieso nicht beide mit Nichtachtung strafen?
Schon mal lustig: Meist wirft ja eher die Linke Dieter Nuhr vor, er habe Nazi-Vergleiche bemüht…
Leider, so die Journalistin, müsse man sich die Arbeit schon machen – die extreme Rechte existiere ja nicht erst seit der AfD und wabere bis in die „sogenannte gesellschaftliche Mitte“. Zweifellos wabert da auch der gescholtene Kabarettist. Daher muss man ihn wohl auch wöchentlich kritisieren.
Der Job sei also „analytische Aufklärung“, und die mache keiner „nur zum Spaß“. Das klingt aus Thorwarths Munde überzeugend. Spätestens beim Anblick ihrer Autorenfotos (siehe Links) weiß der Betrachter: Nichts außer dem Andromedanebel könnte von der Schreiberin weiter entfernt sein als ein primitiver Lachreflex. Schließlich hat die Frankfurterin an der Goethe-Universität Soziologie, Sozialpsychologie und Politik studiert, Schwerpunkt Qualitative Sozialforschung. Das war nicht anders zu vermuten.
Im Gegensatz zum „Bachelor“ sei die Beschäftigung mit Dieter Nuhr „harte Arbeit“, die aber gemacht werden müsse, da er viel zu oft auf Sendung sei. Seit 2009 reiße er in der ARD „seine Witzchen“ – was nicht ganz stimmt, er moderiert die Sendung erst seit 2011. Erste Programme von ihm dagegen liefen schon in den 1990-er Jahren. So ganz viel „harte Arbeit“ hat sich Frau Thorwarth mit den Recherchen wohl nicht aufgebürdet.
Über 3300 Minuten „Nuhr im Ersten“ habe es seither gegeben. Und da rede der Kerl auch noch von „Cancel Culture“ – wo er doch der wohl am meisten im Fernsehen auftretende Kabarettist sei! Na ja, an der „Frankfurter Rundschau“ kann es nicht liegen, die versucht ja mit solchen Hetztiraden ihr Äußerstes, es zu verhindern. Eine tolle Logik: Wenn es nicht klappt, jemanden abzuschießen, soll der sich ja nicht beklagen, man versuche es ständig! Und – verwegene Vermutung – ist Dieter Nuhr deshalb immer noch auf Sendung, weil er Kabarett macht, das vielen gefällt?
Der Künstler, so die Rezensentin, äußere sich „nicht unclever“, indem er über alles und jedes seine Witze reiße und sich daher „unangreifbar“ mache. Damit kann er natürlich eine knallharte Investigativ-Journalistin nicht täuschen. Schließlich bleibe das nur „beim Referat“.
Gelegentlich geht die Autorin sogar auf Inhalte der Moderation Nuhrs ein: So möchte sie – wie die Linke – den Patentschutz bei Impfstoffen aufheben. Da ist sie anderer Meinung als Nuhr, weswegen ihr das Programm nicht gefällt.
Weiterhin habe er seine „Bescheidwisser-Rassismus-Diskussion“ schlauerweise mit Disneys „Dschungelbuch“ eingeleitet, welches aus dem Kinderprogramm entfernt wurde, um dann – nach Einlullen der Zuschauer – auf rassistische Äußerungen in der WDR-Sendung „Die letzte Instanz“ zu kommen. Dies sei zwar nach Nuhr „keine Sternstunde“ gewesen, aber in der Unterhaltung dürfe man nicht alles so ernst nehmen. (Irgendwie ging es wohl um Zigeunersoße – also eines der brennendsten Probleme im bundesdeutschen Rassismus). Das ist natürlich eine schreckliche Verharmlosung!
Und dazu habe Nuhr „ein Szenario gezeichnet, als stünde der antifaschistische Mob mit dem Hackebeil vorm Schafott und warte auf die boulevardeske, alltagsrassistische Kundschaft. Das ist keine Satire, sondern Stimmungsmache und die Umkehrung der Verhältnisse in Sachen Bedrohung.“
Bereits
weiter oben hatte die Schreiberin gefragt, ob denn „Offensichtliches“ auch Satire sei. Solche Fragen zu diesem Begriff kenne ich aus eigener Erfahrung von
Leuten, die mit dieser Kunstform nichts anfangen können. Ich habe es daher
aufgegeben, eine Aufklärung zu betreiben, welche ja gar nicht gewünscht ist. Ob
etwas als Satire durchgeht, hängt heute wohl davon ab, ob es sich mit den Ideen
sich als links missverstehender Meinungskontrolleure
deckt.
Von den anderen Künstlern der Sendung erfahren wir kaum etwas – von Ingo Appelt immerhin, dass er ein unerlaubtes Frauenbild als Satire verkaufe. (Nebenbei: Er plädierte dafür, die Mütter rechter Gewalttäter sollten ihre Söhne besser beaufsichtigen.) Und Lisa Eckhart muss sich mit dem Spruch begnügen, sie habe das „amouröse ADHS“ bedient. Torsten Sträter bleibt mit seinem exzellenten Solo gänzlich unerwähnt, ebenso der Comedian Stefan Danziger.
Irgendwann, so die lakonische Begründung der Schreiberin am Schluss, „kann man auch mal aussteigen“.
Voraussetzungen wäre allerdings, so meine Ansicht, erst einmal eingestiegen zu sein – in eine halbwegs professionelle Erledigung seiner Aufgaben.
Kurt Tucholsky schrieb einmal zu einem politischen Skandalurteil in der Weimarer Republik, das sei keine schlechte Justiz, sondern gar keine. Und heute hat nicht alles, was in Zeitungen steht, mit Journalismus zu tun.
Der begänne schon damit, sich das Themas bewusst zu sein: Besprochen soll ja eine Fernsehsendung werden, in der vier Künstler agieren – und die Dieter Nuhr moderiert. Stattdessen sind diese „Kritiken“ stets lediglich Abrechnungen mit einem einzelnen Mitwirkenden.
Vor allem aber könnte man wenigstens gelegentlich sachlich beschreiben, worum es den Kabarettisten bei ihren Aussagen ging. Das kann man dann immer noch bewerten. So aber liest sich das Ganze wie ein Polizeibericht, in dem – und das auch noch schlampig – die Verfehlungen protokolliert sind.
Hier der gesamte Text:
In einem Artikel wird die Autorin zusammen mit Lotte Laloire vorgestellt, ihres Zeichens Politikredakteurin beim „Neuen Deutschland“. Die ist begeistert von „ihrer Mentorin Katja Thorwarth und deren bissigen Kolumnen.“ Auch das kann nicht überraschen.
Auf die Frage „Welche Eigenschaften muss eine gute Kolumnistin mitbringen?“ antwortet Thorwarth:
„In erster Linie muss sie eine Meinung zu ihren Themen haben und sich auch trauen, diese zu formulieren. Sie sollte in der Lage sein, Themen tiefer zu betrachten und konsequent zu durchdenken. Und ganz wichtig: Sie darf keine Angst vor möglichen Reaktionen haben.“
Na ja – eine Meinung jedenfalls hat sie. Das mit dem Durchdenken und der tieferen Betrachtung könnte sie noch üben.
Ich bin zwar kein Leser der Frankfurter Rundschau, habe sie jedoch bislang für ein traditionsreiches, seriöses Blatt gehalten. Wikipedia weiß dazu:
Die 1945 gegründete Zeitung wurde bis 2013 verlegt, gedruckt und vertrieben von der Druck- und Verlagshaus Frankfurt am Main GmbH. Nach der Insolvenz dieses Unternehmens gehört sie nun zur Zeitungsholding Hessen des Medienmoguls Dirk Ippen. Seit 2012 geriet das Blatt in diverse Krisen, was einen Auflagenrückgang sowie den Abbau von Arbeitsplätzen zur Folge hatte. Die politische Ausrichtung wird als „bequemes Sich-Einrichten in einem schrumpfenden linken Milieu“ beschrieben. 2012 bezeichnete sie der Journalist Thomas Schmid als „Linksspießerblatt“.
https://de.wikipedia.org/wiki/Frankfurter_Rundschau
https://www.welt.de/debatte/article111077604/Wie-sich-die-FR-zum-Linksspiesserblatt-schrumpfte.html
Diesen Personenkreis ärgert natürlich ein seit 30 Jahren höchst erfolgreicher Kabarettist wie Dieter Nuhr besonders. Aber meine Leser dürfen sich eine eigene Meinung bilden. Noch ist die besprochene Kabarettsendung im Netz verfügbar. Ich wünsche, wie immer, viel Vergnügen respektive eine gerechte Empörung!
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