Mila Vigdorova
In
ihrem Video, das ich jüngst besprach, berichtete die Autorin Olena Fluyerar auch über ihren Aufenthalt
in Italien, wo sie bei der Tänzerin Mila
Vigdorova Unterricht nahm.
Ich
muss gestehen, diesen Namen nie zuvor gehört zu haben, und auch die paar Tanzsequenzen, die dort zu sehen waren,
erregten nicht direkt meine Aufmerksamkeit.
Gestern
stolperte ich aber mehr zufällig über ein bereits 8 Jahre altes Vortanz-Video der Lehrerin auf YouTube, das mich schwer
beeindruckte.
Bekanntlich
bin ich von den üblichen „Tango-Shows“ kaum zu begeistern: Vieles hat man
schon hundert Mal gesehen – und der Trend, dass inzwischen oft (vor allem aus
kommerziellen Gründen) geklont wirkende
Paare mit ernster Miene die Ronda abschleichen, macht es nicht besser.
Hier
ist das freilich anders: Milas
Tanzpartner Rodrigo Fonti (mir
bislang ebenso unbekannt) kommt ersichtlich von Neotango (obwohl man hier zu einem klassischen Titel tanzt). Seine
Bewegungsweise beweist eine unglaubliche Körperkontrolle
trotz schwierigster Aktionen, ist
stets stabil und „erdig“. Die Choreografie
beeindruckt durch höchst originelle,
witzige Elemente mit verblüffendem Timing.
Milas Tanzstil ist auf technisch absolut ebenbürtigem Level, ansonsten jedoch deutlich anders: Schwerelos wie eine Elfe umschwebt sie
ihren Partner und interpretiert
völlig eigenständig die Musik. Das, was ich sonst oft vermisse, zeigen die
beiden im Übermaß: Jeder tanzt seinen individuellen
Stil – und dennoch (oder vielleicht gerade deshalb) passt es perfekt
zueinander.
Am
meisten beeindruckt hat mich die grandiose
Musikalität, mit der hier eine Aufnahme interpretiert wird, die mich a priori
nicht vom Sitz gerissen hätte. Was die beiden allerdings daraus machen, halte
ich für sensationell. Wer einmal wissen möchte, was man unter „con cadencia“ versteht, findet beim
Zusehen die Antwort.
Auf
ihrer Facebook-Seite habe ich nähere
Informationen zu der Tänzerin gefunden:
Mila
Vigdorova begann im Alter von 5 Jahren mit Ballett
und Volkstanz und startete im
Jahr 2000 mit dem Tango. Seit 2003 unterrichtet sie diesen Tanz und studierte
bei vielen Tango-Größen, insbesondere in Buenos Aires zwischen 2003 und 2013.
In diesen Jahren führte sie auch ihre Tangoschule in Moskau, seither lebt sie
aus familiären Gründen in Salerno (Italien). Mit mehr als 20 Tanzpartnern
unterrichtete sie und gab Vorführungen in verschiedenen Ländern. Und sie
beherrscht beide Rollen im Tango.
Ich
finde, all das sieht man ihrer Tanzweise an, die durch ungeheure Flexibilität
und Einfühlungsvermögen gekennzeichnet ist. In 15 Jahren hat sie Kurse für die Technik von Folgenden entwickelt. Auf
ihrer Facebook-Seite liest man dazu unter anderem:
„Sie lehrt, dass Eleganz
und Schönheit in der Bewegung stark mit Funktionalität und Logik der Bewegung
korrelieren, Leichtigkeit und Spaß mit der Korrektur der technischen Aspekte
einhergehen und die Verbindung mit dem Partner eine sehr klare strukturelle
Logik und keine kurzlebige spirituelle emotionale Basis hat. Emotion und Ausdruck kommen mit der Perfektion des
Gleichgewichts und der Klarheit der Biomechanik der Bewegung, und selbst für schöne
Füße gibt es technisch nützliche Erklärungen.“
Wie
schön, mal von einer Tangolehrerin ein so ausführliches
Konzept zu erhalten!
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