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Unter einem Nachahmerprodukt (auch Me-too-Produkt, von engl. me too ‚ich auch‘) versteht man Produkte, die einem meist innovativen Original-Produkt in vielen Eigenschaften und Fähigkeiten gleichen und bei Erfolg des Erstanbieters – möglichst kurz darauf – auf den Markt kommen.

Die Geschichte dürfte bekannt sein: Der US-amerikanische Filmproduzent Harvey Weinstein hat in den letzten Jahrzehnten wohl Dutzende von Frauen sexuell belästigt und genötigt. In drei Fällen wird ihm auch Vergewaltigung vorgeworfen. Die Schauspielerin Alyssa Milano hat unter dem Hashtag „#metoo“ aufgefordert, ähnliche Erfahrungen zu posten, was massenhafte Reaktionen hervorrief.
Weinstein ist nun beruflich erledigt. Zudem hat ihn seine Frau verlassen, und er muss sich diversen juristischen Verfahren stellen.

Auch bei uns haben sich inzwischen Schauspielerinnen, aber auch viele unbekannte Frauen mit ähnlichen Erfahrungen zu Wort gemeldet. Das Strickmuster der Geschichten ist stets ähnlich: Männer missbrauchen ihre (meist berufliche) Machtstellung dazu, sich Untergebenen bzw. Kolleginnen sexuell zu nähern. Lehnen diese das ab, so haben sie – mehr oder weniger unausgesprochen – mit beruflichen Nachteilen zu rechnen. Versuchen sie, öffentlich Vorwürfe zu erheben, wird ihnen von vielen Seiten abgeraten: Der Mann sitze am längeren Hebel, es wäre schwierig, die Anschuldigungen zu beweisen etc. Folglich leiden sie stumm, wechseln den Arbeitsplatz – oder gehen notgedrungen auf die Avancen ein.

Ich frage mich schon einmal, was daran neu ist – schließlich ist mir der Begriff „Besetzungscouch“ seit meiner Jugendzeit bekannt. Was hier zu tun ist, steht im (inzwischen verschärften) § 177 des Strafgesetzbuchs: Nein heißt Nein – und jeder, der sich darüber hinwegsetzt, macht hoffentlich Bekanntschaft mit dem Staatsanwalt.

Mit Amüsement denke ich an eine Geschichte aus meinem früheren persönlichen Umfeld: Eine Gymnasiastin hatte einen Ferienjob in einem Supermarktlager. Jeden Morgen kam ein Lkw-Fahrer an und rückte ihr mit anzüglichen Sprüchen und Angetatsche auf die Pelle. Ihre Drohung, ihm beim nächsten Mal eine Ohrfeige zu geben, nahm er tragischerweise nicht ernst. Als die junge Dame ihm dann tatsächlich eine schmierte, rannte er mit einer Beschwerde zur Geschäftsleitung – und holte sich die Androhung der Kündigung ab.

Im Berufsleben herrschen allerdings Zwänge verschiedenster Art, auch für Männer. Ich habe es persönlich erlebt, wie mangelnde „Stromlinienform“ bei Dienstvorgesetzten ankommt und welchen Karriereknick ein Nein bedeuten kann. Ich habe mich damals gerichtlich gewehrt und einen Achtungserfolg erstritten – der Weg ins Direktorat eines Gymnasiums (den ich mir zum Glück nicht wünschte) war dadurch aber verbaut. Zivilcourage wird auch in einer liberalen Gesellschaft nicht nur von Frauen gefordert!  

Gewaltig nervt mich jedoch die inzwischen auch bei uns angelaufene Maschinerie einer „Empörungskultur“, welche man bereits in diesem Interview erahnen kann:  

Im gleichen Artikel schildert eine Frau zurückliegende, ziemlich ekelhafte Erlebnisse aus ihrer Arbeitswelt. Gewehrt hat sie sich dagegen, jedoch wohl nicht konsequent genug. Schlimm finde ich aber, wie sie diese Erfahrungen nun in der Erziehung weitergibt:

„Letztens war ich mit meiner sechsjährigen Tochter unterwegs und eine Gruppe Männer warf uns Küsse hinterher. Ich habe sie dann angeschrien und meiner Tochter erklärt, dass dieses Verhalten nicht in Ordnung ist. Aber mit Anfang 20 konnte ich damit noch nicht so umgehen."

Im Tangozusammenhang allerdings höre ich immer wieder von Südamerikanerinnen, denen in Deutschland Zweifel ob ihrer Attraktivität kommen, da ihnen hierzulande kein Mann nachpfeift…

Unter dem Kampfbegriff „Sexismus“ wird nun wirklich jeder Käse breitgetreten – auch von der Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli, die neulich zu einer internationalen Konferenz in der Bundeshauptstadt eingeladen war. Der Vorsitzende erkannte die Politikerin nicht und äußerte, ohne sie anfangen zu wollen. Als sie sich zu erkennen gab, habe er gesagt: „Ich habe keine so junge Frau erwartet. Und dann sind Sie auch so schön.“
In ihrer Rede nahm die das Ganze noch mit einem Rest von Humor: „Sehr geehrter Herr Botschafter a.D., es ist schön, am Morgen mit so vielen Komplimenten behäuft zu werden.“
Kaum zu Hause angekommen, entschloss sie sich jedoch auf Facebook unter der Überschrift „Unter Schock - Sexismus" zur Skandalisierung:
„Klar, ich erlebe immer wieder Sexismus" (…) Aber so etwas habe ich auch noch nicht erlebt."

Gut, dass Männer wie Oscar Wilde schon tot sind, sie hätten es in diesen Kreisen heute schwer:
„Die Moral ist immer die Zuflucht der Leute, welche die Schönheit nicht begreifen.“
(Aber vielleicht würde der Literat ja als Schwuler Minderheitenschutz genießen…)

Einzig die österreichische Schauspielerin, Sängerin und Tänzerin Nina Proll wagte es, diese Themaverfehlungen unter dem Hashtag „#notme“ anzuprangern:

„Warum bestehen eigentlich immer die Feministinnen darauf, dass Frauen Opfer sind? Das verstehe ich nicht. Ich bin seit 20 Jahren in diesem Beruf tätig, und ich schwöre, ich bin dabei noch nie von einem Mann sexuell belästigt worden. (…) Ich bin vermutlich sexsüchtig und habe keinen gesunden Zugang zu diesem Thema. Oder vielleicht bin ich einfach nicht attraktiv genug, um von einem Mann sexuell belästigt zu werden. Oder nicht jung und erfolglos genug. (…) Man kann tausend Gründe finden, warum man von einem Mann abhängig ist und man kann 1000 Gründe finden, warum man es nicht ist. Abhängigkeit liegt doch immer im Auge des Betrachters. (…) Ich frage mich, in was für einer Gesellschaft wollen wir leben? Wollen wir einander nur noch anzeigen und vor Gericht bringen? Oder sind wir in der Lage auf Augenhöhe miteinander zu reden und ‚Nein‘ zu sagen, wenn uns irgendetwas missfällt?“

Da gingen natürlich auf beiden Seiten die Hüte hoch – der Post wurde sogar für kurze Zeit, wohl auf Nutzerbeschwerden hin, von Facebook gelöscht. Na klar, eindeutig wird hier zur Unzucht aufgerufen…

Für mich als Biologen liegt die Tragik halt darin, dass Testosteron aus Männern Geschöpfe macht, die Personen attraktiv finden, die sich meist nicht für Fußball interessieren und kein Vergnügen daran finden, Bier aus der Flasche zu trinken sowie gruppenweise Vereinshymnen zu grölen. Evolutionstechnisch ist das eine Meisterleistung!

Die Menschheit wäre schon lange ausgestorben, wenn männliche Blicke nicht automatisch auf schöne Kehrseiten sowie in brutpflegefördernde Ausschnitte fielen. Und was wir dann verbal von uns geben, ist auch nicht intelligenter als das halbe Dutzend Strophen des Buchfinkengesangs im Frühjahr. Und wenn man noch beobachtet, wie solche Singvogelmännchen beharrlich einer artgerechten Dame auf den Wecker gehen – da kämen an einem Vormittag schon etliche Jahre Haft zusammen…

Glücklicherweise gibt es jedoch für die Damen das Refugium des Tango argentino, bei dem inzwischen strengere Sitten herrschen als im Nonnenkloster. Aber im Ernst: Männer, die beim Tango übergriffig werden, haben sich ihren Ruf in der Szene schnell versaut – außer bei den Tänzerinnen, welch sich dies explizit wünschen.

Dennoch bitte ich die Frauen herzlich, nicht an männliche Ammenmärchen zu glauben, man tanze ausschließlich wegen der Musik, der Technik und damit einhergehender mönchischer Introversion. Nein, es ist schön, ein Wesen im Arm zu haben, welches sich (meist) etwas zarter und weicher anfühlt als das maskuline Pendant.

Gelegentlich habe ich sogar den Eindruck, manche Damen wären von entsprechenden Motiven geleitet… und wenn ich es mir recht überlege, wurde ich beim Tango ebenfalls schon sexuell belästigt: Es gab Tänzerinnen, welche sich unaufgefordert auf mein Knie setzten und mir etwas vorsangen (leider nicht mein Lieblingsstück) oder minutenlang vergaßen, nach einer Begrüßung ihren Arm von mir zu nehmen. Und bekanntlich ist auch meine Bekleidung immer wieder im Fokus begehrlicher weiblicher Blicke – wie oft schon wurde ich gefragt: „Schwitzt du nicht in deinem Pullover?“ Diese Äußerungen können doch nur bedeuten, dass ich ihn lieber ausziehe solle…

Ich halte es da aber mit Nina Proll:

„Aber das liegt vermutlich daran, dass ich sexuelle Annäherungsversuche von Seiten eines Mannes grundsätzlich erfreulich finde und einen solchen erst mal als Kompliment und nicht als Belästigung verstehe.“

Und das noch in meinem Alter – Wahnsinn!

P.S. Eine weibliche Sichtweise zum Thema findet man hier:
https://im-prinzip-tango.blogspot.de/2017/10/die-gute-alte-sexismus-am-arbeitsplatz.html

Kommentare

  1. Auf der Website des Bezirksamtes Berlin Friedrichshain-Kreuzberg fand ich folgenden „Handlungsleitfaden zur Umsetzung von Maßnahmen gegen sexistische, diskriminierende und frauenfeindliche Werbung“. Beigefügt sind auch Muster-Beschwerdeschreiben an den Deutschen Werberat und betroffene Firmen:

    Danach ist eine solche Werbung u.a. in folgenden Fällen gegeben:

    „1. wenn Personen, insbesondere Frauen, aufgrund ihres biologischen und sozial konstruierten Geschlechts, ihrer sexuellen Identität oder Orientierung abwertend und entwürdigend dargestellt werden.
    Konkretisierung: z.B. Werbung, die vermittelt, dass Frauen zwar schön sind (das schöne Geschlecht), aber (willens-)schwach, hysterisch, dumm, unzurechnungsfähig, naiv, ausschließlich emotionsgesteuert etc., bzw. nicht so klug, strategisch, handwerklich geschickt etc. wie heterosexuelle, gesunde Männer.

    4. wenn die Darstellung von Personen und Personengruppen, insbesondere von Frauen, bestimmte Rollenbilder, d.h. psychische Eigenschaften, Verhaltensweisen sowie Berufswelten, als gesellschaftliche Norm festlegen und somit Abweichungen diskreditieren und ausschließen.
    Konkretisierung: z.B. Werbung, die vermittelt, dass Frauen hysterisch, kompliziert, hilfsbedürftig, fürsorglich, mit großer Freude im Haushalt beschäftigt, konsumsüchtig, abhängig, verführerisch, schön etc. sind und Männer rational, aggressiv, machtbesessen, technisch begabt, stark, autonom, in der Geschäftswelt aktiv etc. sind. Diese geschlechtsbezogene Normierung betrifft auch Kinder, die als stereotype Jungen (Farbe blau, spielt mit Technik oder macht Sport) und Mädchen (Farbe rosa, spielt mit Puppen, Schmuck und Schminke) dargestellt werden.“

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