Kommentare? Müssen nicht sein…
Immer wieder sehen andere Schreiber in meiner
Weigerung, bei mir anonyme Beiträge zuzulassen, den Hauptgrund für den
angeblichen „Misserfolg“ meines Blogs. So schrieb mir Yokoito schon gleich zu Beginn seines „Tangoblogblogs“:
„Von daher ist das
ein alberner kleiner Geßlerhut, den offenbar auch niemand grüßen möchte, sonst
gäbe es sicher mehr Traffic bei Ihren Kommentaren. (…) Wie auch immer – überwinden Sie das bitte. Wenn Sie es hinbekommen, werden Sie belohnt werden –
Ihr –Blog wird erstrahlen. Vertrauen Sie mir.“
Selbstredend
ging er gleich mit gutem Beispiel voran und ließ anonyme Wortmeldungen zu.
Seine Kommentarrate ist mehr als bescheiden (bei den letzten 14 Posts gerade
mal zwei – und davon ist einer von mir…).
Auf dem Forum www.tanzmitmir.net klingt das dann schon
aggressiver, wenn auch durch ein satirisches „Bezirksliga-Wortspiel“ noch
einigermaßen amüsant:
„Um sich unliebsame
Gegen-Diagnosen nicht aussetzen zu müssen, meidet G.R. ja inzwischen wieder
dieses Forum und führt die Diskussion lieber in seinem hermetisch gegen
Pseudonyme 'abgeriedelten Blog' weiter ... daher auch die dortige
Friedhofsstille in den Kommentaren.“
Stimmt ja auch irgendwie: Ich fühle mich ganz
gesund – und wenn nicht, lasse ich mir Diagnosen lieber von Leuten stellen, auf
deren Praxisschild der wahre Name prangt. Und „Friedhofsstille“? Mit durchschnittlich
knapp drei Beiträgen zu meinen Texten bin ich ganz zufrieden!
Sind Kommentare
überhaupt ein Qualitätskriterium für ein Blog?
Kaufe ich mir eine Tageszeitung wegen der Leserbriefe? Yokoito beispielsweise schreibt oft schöne Posts, die ich interessiert
lese. Häufig kann ich ihm zustimmen, manchmal nicht – aber mir fehlt das
Bedürfnis, ständig meinen Senf dazuzugeben. Und wenn die meisten anderen dies
auch so sehen – so what? Interessanter sind schon die Aufrufzahlen oder die
Bezugnahme auf anderen Foren – und da kann ich mich wahrlich nicht beklagen!
Erst kürzlich fand ein Bericht von mir über
einen Schweizer DJ und Buenos-Aires-Kenner auf dem „Tanzmitmir“-Forum Beachtung – ich habe davon schon berichtet: http://milongafuehrer.blogspot.de/2016/01/von-einem-der-es-wissen-musste.html
Bekanntlich ging es um die Frage, ob man die berühmten „Códigos“ in BA ebenso
ernst nimmt wie in gewissen europäischen Kreisen. Es hätte eine spannende
Diskussion werden können, beispielsweise mit Berichten aus dieser Stadt oder
Zitaten von dortigen oder hiesigen Veranstaltern von Milongas. Es kam jedoch
anders:
Nachdem zunächst einigermaßen hilfreiche
Beiträge eingestellt wurden, ging es bald völlig vom Thema weg. Da wurden
irgendwelche Videos zum Tanzen auf einem oder zwei Quadratmetern verlinkt, und
alsbald befand der erste Klugschwätzer: „Nun ja, wieder
einmal die typische Rechenschwäche unseres nordwestlichen Nachbarn: EinQuadrat
von 1,41 m Seitenlänge hat 1,9881 qm und somit weniger als 2 qm.“
Das Thema „Rituale“ führte zu lichtvollen Darlegungen
aus der menschlichen Verhaltensforschung: „Der
Kuss beim Menschen galt früher als Fütterungsmethode von Mund zu Mund. Heute
wird der Kuss vor allem als Zeichen der partnerschaftlichen Zuneigung zwischen
zwei Menschen gesehen. Das Bergen des Kopfes an die weibliche Brust wird
genutzt, um die Beziehung zwischen Mutter und Kind und darüber hinaus als
sexueller Reiz bei erwachsenen Personen.“
Auch der „Código Sauberkeit“ musste
herhalten: „Wirkliche Stinker schreckst
du damit leider nicht ab, aber jene die Körperpflege für selbstverständlich
halten, verärgert man mit solchen Ansagen.“
Thematisch bedeutsam schienen auch
Übernachtungs-Gepflogenheiten bei Auswärts-Milongas: „Die Dame nimmt natürlich ein Einzelzimmer und Du schläfst im Auto. Wenn
deine Umarmung ernst sein sollte und Du brav bist, dann nehmt ihr euch ein
Einzelzimmer, die Tanguera auf der Matratze und Du unter der Matratze, wie es
sich gehört.“
Ebenfalls Interessantes erfuhr man zur
Kleidungswahl von Tangueros: Ich hoffe,
mit einem dutzend Oberhemden, die ich nur beim Tango trage, bleibe ich noch im
unteren Mittelfeld.“ Dies ließ natürlich ein Konkurrent nicht durchgehen: „Für mich liegst Du bestimmt unter den
Spitzenreitern mit Deinen 12 Oberhemden. Wird's Dir unter denen nie zu heiß ?“ Sprachlich
zumindest dann eine noch heißere Replik: „weist
du nicht, manche xxx haben es gerne warm, so sagt bei uns der Volksmund.“
Damit war das beliebte Männerthema „Ich krieg
mehr Weiber als du“ eröffnet: „Mein
nächster Einsatz ist bei der '30er Party der TS' 16.1.2016 und am
21.1.2016 der Philharmonikerball.“ – „Deshalb hoffe ich ganz besonders für
dich, daß dieser Thread lange weiterlebt, so daß er für dich zum leuchtenden
Pfad wird, und dir beibringt, irgendwann eine Tango-Tänzerin aufzufordern“ – „Und
ich komme gerade von einer Milonga u. konnte dort u.a. meinen weiblichen
Fanclub erweitern. Juchhu (Ich hoffe, dass auch mit Dir die Damen zufrieden
waren, Kollege)“ - „Ja, besten Dank, es war ein prima Abend! ... und ich hatte
offenbar sogar noch ein bisschen länger als Du zu tun, bis wir jetzt auch
endlich von der Milonga wieder nach Hause durften.“
Kein Wunder, dass nun auch die holde
Weiblichkeit mit erfolgreichen Ausstatttungsdetails auftrumpfte: „Nach einer durchtanzten Nacht das einzig
richtige! Jetzt ein Eiswasser-Fussbad! Oder um es anders zu sagen: Comme il
fault!“
Bei der Gelegenheit: Alle Zitate wurden per
copy&paste eingefügt, um das sprachliche Niveau der Autoren nicht zu
verfälschen. „Comme il faut“ ist da recht wenig…
Und nicht vergessen:
Bei diesem Thread sollte es um die eventuell unterschiedliche Auffassung der
Códigios in Buenos Aires und Europa gehen!
Da kann man sich folgender Einschätzung eines Kommentators nicht ganz
verschließen: „so sprudeln weiterhin die
Seiten endlos, nichts sagendes blahblah.“ (Was den und andere allerdings
nicht daran hinderte, weiter die Seiten zu füllen.)
Aber glücklicherweise griff ja auch unser
aller Cassiel in die Debatte ein und bereicherte sie mit (bislang)
sage und schreibe 14 ellenlangen
Predigten zu den Vorzügen von Mirada und Cabeceo (http://milongafuehrer.blogspot.de/2016/01/jetzt-mal-alle.html). Nur – und das habe ich vorausgesehen und mich daher
weitgehend herausgehalten: Wenn man dem Guten mehr als einmal widerspricht,
wird er patzig: „Also, verehrter
Zeitgenosse, ich lese da wieder eine latente Aggression in Deinen Zeilen und
eigentlich habe ich wenig Lust, mich damit auseinanderzusetzen.“ (…) „Ganz
generell: Ich lese Deinen Beitrag so, dass Du mich nun unbedingt persönlich
angehen willst.“
Und schon landete eine solche Debatte dort,
wo sie gemeinhin endet: bei Nazivergleichen oder – wie hier – bösen psychiatrischen
Andeutungen. Auf Cassiel gemünzt las
man da: „Damit möchte ich nicht sagen
wollen, dass er ebenfalls zum zwanghaften Zählen neigt - aber seine Disposition
zu Zwangssyndromen ist offensichtlich. Ein Zwangserkrankter bildet im Laufe
seiner Erkrankung oftmals ein immer umfangreicheres Regelwerk von unsinnigen
Zwangshandlungen auf.“ Auch dies wurde selbstredend wieder kommentiert: „Gelungene Psychoanalyse, NocheroSoy! Ich
gratuliere!“ – „Ich werte das übrigens als einen weiteren Treffer des
Tiefschlag-Spezialisten Dr. N. Soy. Wohl recht schmerzhaft für seinen neuen
Privatpatienten.“
Selbiger ließ dann noch eine Gewaltfantasie seiner
Freundin (!) vom Stapel, in der Cassiel
die Hauptrolle spielt: „Entweder bekommt
der daraufhin die Zähne ausgeschlagen oder wird in die Klappse eingeliefert.
Also ich wär' für die Kiefer-Vollprothese ......“
Ja, so lautet dann
wohl der Schluss: „Viele Kommentare – hohe Qualität“
Mein Bloggerkollege Yokoito schrieb jüngst zu diesem Forum: „Ohne Witz – ich habe
fünf Minuten überlegt, ob ich das jetzt mit dem Passieren einer, sagen wir,
olfaktorisch interessanten Bahnunterführung vergleichen soll, bei der man
hofft, die Luft so lange anhalten zu können, bis man durch ist. Dann habe ich
mich doch dagegen entschieden. Das wäre doch ein bißchen gemein gewesen.“
Guter Post. Ja, stimmt, Gerhard, zu Anfang meiner atemberaubenden Bloggerkarriere war mein Plan, ein reges Kommentarleben anzustoßen und somit Unterhaltung auch für mich selbst zu generieren. Inzwischen weiß ich, daß dies so nicht funktioniert - und daß meine anfänglichen Annahmen nicht zutreffend waren...schade (ich glaube, das hatte ich auch schon irgendwo geschrieben).
AntwortenLöschenBei dieser Gelegenheit - Wordpress war so nett, mich auf einen Kommentar zu einem 2014er Post von Terpsi hinzuweisen. Wo ich dann auch meinen Senf dazugegeben habe - und sogar innerhalb weniger Stunden eine Reaktion von Terpsi selbst bekam. Sie ist also noch auf dem Planeten - treibt sich nnur offenbar lieber auf dem von ihr so genannten "Sugarmountain" herum. Ich nicht, habe aber mal kurz reingeschaut - sieht wie relativ direkte Werbung für ihre Kurse aus, nicvht so spannend für mich. Ich hoffe immer noch auf ein Comeback.
Lieber Yokoito,
AntwortenLöschenwas heißt hier „Comeback“? Du bist doch da und schreibst Texte, die offenbar Interesse finden!
Das „Tango Addiction“-Blog quillt übrigens auch nicht von Kommentaren über (dazu oft Einzeiler wie „thanks, beautiful“ oder so). Trotzdem ist es wohl eines der bekanntesten Tangoforen.
Nebenbei: Falls Du Deinen Kommentar zum Thema „Tanzweise bei An- oder Abwesenheit des festen Partners“ meinst – macht bei uns keinen Unterschied. Vielleicht deshalb, weil wir schon mehr als 30 Jahre „im G‘schäft“ sind.
Machen wir weiter so!
Beste Grüße
Gerhard