Código-Workshop und Wohnzimmer-Milonga



Gut, dass es im Tango Alternativen gibt, die man auf Augenhöhe nebeneinander vorstellen sollte:

Einladungstext Theresa Faus auf Facebook:
In den Vorbereitungen für meinen zweiteiligen Workshop "Codigos" am Freitag in Innsbruck. (Anmerkung: Der Verein nennt sich lustigerweise „Libertango“.)
Für mich sind die "Códigos" gar nichts Moralisches, sondern praktische Hilfsmittel, um in gut besuchten Milongas Tanzpartner einzuladen und entspannt inmitten vieler Leute zu tanzen.
Das Respektieren der "Ronda" - Tanzen in der Tanzrichtung und in der Spur - kostet nicht viel Anstrengung und erhöht den Genuss aller erheblich. Wir üben einige Techniken dafür und arbeiten an Schrittqualität und Musikalitat, so dass für die Ronda keine Kreativität aufgegeben werden muss. Insbesondere üben wir elegant "bremsen"; eine Pause auskosten und mit der Musik wieder starten; genussreiche Bewegungen auf der Stelle; Feintuning des Drehgrades.
"Mirada und Cabeceo" ist eine faszinierende Methode, sich ohne Worte und aus der Ferne zu verständigen, dass man miteinander tanzen will. Und eine diskrete Methode, einen Korb zu geben oder zu bekommen. Wir üben, wie wir mit dieser Technik klar ausdrücken, was wir wollen und was wir nicht wollen, und was in verschiedenen Situationen zu beachten ist.
Wenn sich die Mehrheit der Besucher an die Códigos hält, kann eine magische Stimmung entstehen.
www.theresa-tango.de


Einladungstext von Gerhard Riedl zu seiner „Wohnzimmer-Milonga“ (am 18.10. mit Live-Musik: "Duo Tango Varieté"):

Wir halten es nicht für unmoralisch, keine „Códigos“ zu benötigen, da alle unsere Gäste über die praktischen Fähigkeiten verfügen, anderen aus dem Weg zu tanzen respektive nicht auf diese draufzurumpeln – und sich auch sonst von Natur aus benehmen können.

Da unser Wohnzimmer viereckig ist, verzichten wir auf eine Ronda, obwohl bei 17 Anwesenden auf 20 qm Tanzfläche eine gewisse Enge vorhersehbar ist (und unsere "Dorf-Kapelle" braucht ja auch noch Platz). Filigrane Techniken sowie ein Feintuning werden sich nicht vermeiden lassen. Dennoch hoffen wir weiterhin auf einen Gast mit Haftpflichtversicherung, der per Boleo unseren alten Fernseher schlachtet, auf dass wir uns endlich ein Flachbildschirm-Monster zulegen können, um Videos von Encuentros zu gucken!

Wer mit Cabeceo auffordern will, darf es gerne tun (falls er sich auf einen Meter Abstand nicht ein bisserl dämlich vorkommt). Allerdings habe ich bei uns bisher weder diskrete noch indiskrete Körbe erlebt, da unsere Gäste nicht so zieselig sind und gerne mit jedem tanzen. Und eine „magische Stimmung“ entsteht in der Wohnung eines Zauberkünstlers eh…

Daher können wir es uns leisten, im Vorfeld auf anderthalb Stunden Belehrungen zu verzichten und gleich mit dem Tanzen EdO-ferner Arrangements zu beginnen - vielleicht sogar zu "Libertango"...

Kommentare

  1. Auszüge eines Interviews mit Judith Preuss (Quelle: http://tangoforge.com/judith-preuss), von mir übersetzt:

    "Warum brauchen wir den Cabeceo? Warum sollten wir Dinge so tun, wie wir glauben, dass sie in Argentinien geschehen? Die Szene ist dort größer, sie haben nicht ausschließlich den Cabeceo, nicht nur traditionelle Musik. Ich war zwar seit mehr als zehn Jahren nicht mehr da, aber ich bin in Kontakt mit Leuten, die von dort kommen und dorthin reisen.

    Was ist das Ziel dieser strengen Regeln? Ich möchte bemerken, dass wir einen Fluss auf dem Parkett haben und in den Kursen die Idee der Navigation üben sollten. Aber ich denke, wir erreichen das nicht mit strengeren Regeln. Für mich kommt dabei heraus, dass die Menschen Angst vor der freien Bewegung bekommen. Sie wollen definiert haben, was richtig ist und es dann richtig machen. Sie fühlen sich sicherer, wenn sie den richtigen Tango tanzen, aber es gibt keinen richtigen Tango.

    Für mich wurde es im letzten Jahr schwieriger, weil viele Leute das strikte Regelwerk im Tangosalon sehr ernst nahmen. Manchmal fühlten mein engster Partner Constantin und ich uns wie typische Vertreter unserer Generation und sprachen von den „guten alten Zeiten“. Ich mag keine Turniere, Weltcup-Tango, bla bla. Ich sehe keine Notwendigkeit, daran teilzunehmen. Es ist ein kommerzielles Bedürfnis, damit die Leute sich sicher sein können, wer der Beste ist, was den besten Tango darstellt. Jetzt wissen wir es. Es ist schade, wenn es mit dem Tango die gleiche Geschichte wird wie mit dem Gesellschaftstanz. Er wurde standardisiert. Er könnte in verschiedener Weise gelehrt und ausgeführt werden, aber seine Entwicklung verlief anders. Mit dem Tango ist es das gleiche: Wenn man Wettbewerbe veranstaltet, braucht man Regeln. Was ist daran besser? Die Vielfalt, welche den Tango so schön macht, geht verloren.“

    (Judith Preuss begann 1991 mit dem Tango, unterrichtet diesen Tanz seit 1997, arbeitet als DJ, Choreografin sowie Tänzerin in Shows und gründete 2003 die Tangoetage „Mala Junta“ in Berlin.)

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Hinweis zum Kommentieren:

Bitte geben Sie im Kommentar Ihren vollen (und wahren) Namen an und beziehen Sie sich ausschließlich auf den Inhalt des jeweiligen Artikels. Unterlassen Sie herabsetzende persönliche Angriffe, gegen wen auch immer. Beiträge, welche diesen Vorgaben nicht entsprechen, werden – ohne Löschungsvermerk – nicht hochgeladen.
Sie können mir Ihre Anmerkungen gerne auch per Mail schicken: mamuta-kg(at)web.de – ich stelle sie dann für Sie ein.