Ins Netz gegangen
Angesichts
des momentanen Rumors im Internet zu meinen Ansichten über Tangorituale wie den
Cabeceo muss ich mit Schmunzeln daran denken, dass ich vor fünf Jahren noch
keine Ahnung von sozialen Netzwerken und Blogs hatte: Mit dem Computer schrieb
ich lediglich per „Word“ Texte, wie
zum Beispiel den meines ersten Tangobuches. Nach dessen Erscheinen lernte ich
mit Suchmaschinen umzugehen und entdeckte zu meinem Erstaunen, dass der sich
als „Cassiel“ titulierende
Tangoblogger eine Besprechung meines „Milonga-Führers“
ankündigte und schon dabei seine Abneigung gegen mein Werk kundtat. Als dann
einige Zeit später die Zeitschrift „Tangodanza“
eine recht wohlwollende Rezension veröffentlichte (um deren Erstellung sich der
Blogger erfolglos beworben hatte), stellte der sofort einen galligen Verriss
meines Buches ins Netz.
Na
gut, damit muss man rechnen, auch wenn die Besprechung sich vorwiegend an
Randaspekten abarbeitete (so zum Beispiel der Frage, warum mein kleiner
Bezahlverlag nicht die gleiche Ausstattung biete wie der Piper-Verlag bei einer Neuerscheinung
von Bruno Jonas, oder wieso die „Tangodanza“ hier nicht objektiv sein
könne). Was jedoch sofort darauf und zirka zwei Jahre lang über mich hereinbrach,
hätte ich mir nicht vorstellen können: Die in jenem Blog geistig beheimatete
Gemeinde überzog mich mit einer dreistelligen Zahl abwertender bis gehässiger
Kommentare – die meisten davon natürlich ohne ihre wahre Identität
preiszugeben (Zitate habe ich genug veröffentlicht, bei Bedarf bitte selber
unter „Tangoplauderei / Rezensionen“
bzw. „Gastbeiträge“ nachlesen).
Ich
hatte damals gute Berater, die mir drei Strategien empfahlen, welche sich im
Nachhinein als goldrichtig erwiesen, und die ich daher jedem Opfer von
„Cybermobbing“ raten kann:
1.
Die
Urheber solcher Äußerungen, wenn möglich, persönlich anschreiben. Die mögen es
nämlich gar nicht, wenn man sie einzeln herauspickt – im Schutz der Masse
fühlen sie sich stärker.
2.
Ja
nicht selber in solchen Foren kommentieren – das ist ungefähr so risikoarm wie
das Schwenken eines roten Tuches inmitten einer Herde andalusischer Kampfstiere!
Man würde lediglich zum johlenden Gaudium der Meute von allen Seiten
niedergemacht. Zudem hat der Administrator alle Optionen vom Löschen der
Texte bis zum Einstellen gefakter Kommentare.
3.
Eine
„Gegenöffentlichkeit“ schaffen, sei es durch eine persönliche Website, einen
Facebook-Account oder einen eigenen Blog. Immer wieder lehrt die Erfahrung,
dass es die Urheber gar nicht schätzen, wenn man den größten Blödsinn dort in
komprimierter Form zitiert (eine Kommentierung kann man sich oft sparen), sie
sich dergestalt plötzlich in einem „Auswärtsspiel“ befinden.
Ich
hätte anfangs nicht geglaubt, dass es so einfach funktioniert – doch die
Entwicklung bestätigte es eindrucksvoll: Nachdem mit der Zeit auf besagtem Blog
sogar positive Anmerkungen zu meinen Büchern erschienen und dies von Cassiel auch nicht per Anranzen der
Schreiber zu verhindern war, sperrte er schließlich Ende 2013 alle
Kommentarfunktionen zum Thema mit der Bemerkung: „Ich möchte zu den Ideen von Gerhard keine neue Diskussion beginnen -
nach meinen Erfahrungen brauche ich das nicht noch einmal.“ Derzeit wird er
wieder mutiger, wahrscheinlich, weil wieder genug andere auf mich eindreschen,
und mischt auf der Facebook-Seite von Theresa Faus genüsslich mit – auch wenn
sein Bekenntnis über mich „Seit beinahe zwei Jahren ignoriere ich ihn. Das geht ganz
wunderbar“ schlichtweg die Unwahrheit ist: Bereits Tage zuvor pflegte
er im Forum www.tanzmitmir.net wieder einen
Meinungsaustausch mit mir!
Auch
in der aktuellen Debatte werden Mantras über mich heruntergebetet, die weder neu noch
richtig sind: „er will keinen Dialog; er sucht die Konfrontation um jeden
Preis“, „üble Polemik bzw. bewusste Schmähung Andersdenkender“, „Ich habe
beispielsweise erhebliche Bedenken, ob das, was Gerhard so veröffentlicht, noch
unter den Begriff Satire bzw. Ironie fällt (und damit in dem Schutzbereich von
Art. 5 Abs. 3 GG liegt)“ – alles O-Ton Cassiel! Abgesehen von dem Gag mit dem
Grundgesetzartikel, bei dem Verfassungsjuristen wohl vor Lachen unter den Stuhl
fallen würden, wird hier ab einem (zugestandenen) IQ von mehr als 90 ein Faktum
wissentlich verdreht:
Es ist ein riesiger Unterschied, ob ich
Zustände bzw. Personengruppen mit harten Worten angreife oder eine solche
Abwertung auf konkrete Menschen beziehe. Beispielsweise haben die Sätze „Hierzulande ist der Tangounterricht eher
lausig“ oder „Tangolehrer können meist weniger, als sie behaupten“ eine
völlig andere Qualität als das Statement: „Der
Tangolehrer XY ist ein Stümper“. (Auch die Justiz geht bei der Beleidigung
nicht genau erfassbarer Gruppen von der Straflosigkeit aus!) Dass man sich
subjektiv angepisst fühlt, kann ja
sein (so wie ein Taliban beim Anblick einer Mohammed-Karikatur, ohne selber
Gott zu sein) – objektiv ist es aber nicht
der Fall.
Mir geht es aber bei diesem Thema gar nicht
um die rechtliche Würdigung. Um auf ein Problem hinzuweisen, muss ich keine
real existierende Person heruntermachen – im Zweifel würde dies mein Anliegen
eher diskreditieren. Meine werten Gegner sind da weniger zimperlich: Von A wie „Arroganz“ zumindest bis T wie „Tourette-Syndrom“ (stets auf mich
persönlich bezogen) ist da alles drin – und Nazi-Anspielungen wie zum Milonga-„Führer“ gelten ja wohl in manchen
Populationen als „Kavaliersdelikt“… Auch in der jüngsten Debatte löscht Theresa Faus keine Kommentare, welche
mich als „feige“ bzw. „armselig“, „Stinkstiefel“ respektive „Heckenschütze“
bezeichnen oder die Erwartung
ausdrücken, dass mir „Frauen ins Gesicht
spucken“. Bei einem solchen „Tango-Urgestein“, das ich bisher sehr ernst
genommen habe, wundert mich dies gewaltig. Ist sie so abhängig von ihren „Fans“?
Daher in aller Klarheit: Natürlich könnte ich
auf ihrer Facebook-Seite kommentieren (halt via meine „Administratorin“ Manuela
Bößel) – aber ich äußere mich keinesfalls in Netzwerken, wo solche
Ausfälligkeiten geduldet werden. Wieso meine „Gegnerin“ (ein sportlicher
Begriff, wie ich finde) sich nicht auf meinem Blog äußert, ist ihre Sache.
Bedenken wie die beschriebenen müsste sie nicht haben, da hier beim
Hinterlassen eines Kommentars der folgende Text erscheint:
„Aus Ihrem Beitrag
muss Ihr wahrer Name hervorgehen. Wenn Sie sich unter "anonym"
einloggen, müssen Sie diesen im Text des Kommentars nennen. Unterlassen Sie
bitte beleidigende und herabsetzende persönliche Angriffe! Nur Anmerkungen,
welche diese Voraussetzungen erfüllen, werden veröffentlicht.“
Ich
bin heilfroh, dass ich mich von vornherein entschlossen hatte, auf meinem Blog
in Beiträgen die Nennung des wahren Namens zu erwarten. Ich verzichte damit auf
eine Fülle von Kommentaren – ein quantitativer, aber kein qualitativer Verlust.
Meist kommen lediglich Allgemeinplätze und deren Variationen heraus, die an
intellektueller Kachexie schwer zu überbieten sind:
„Oh, wie peinlich!“
„Völlig absurd!“
„Nein, das ist noch
viel schlimmer!“
„Da hast du recht.“
„Ich hab’s gar nicht
gelesen.“
„Ich hab‘ auch gleich
wieder aufgehört.“
Eine
fundierte Auseinandersetzung mit den paar hundert Seiten Text, die ich schon
über den Tango geschrieben habe? Forget it! Muss ich das haben? Nein.
Andererseits nimmt der Buchverkauf gerade wieder zu…
Abschließend
für alle, die unter Pöbeleien aus dem Netz leiden, ein tröstlicher Gedanke: In
solchen Foren entsteht gerne der Eindruck einer „gefühlten Mehrheit“, die in
Wirklichkeit nur eine überschaubare In-Group repräsentiert. Man darf bei all
dem Gedudel die analoge Welt nicht vergessen: An den letzten vier Tagen
beispielsweise war ich auf vier Milongas, tanzte sehr viel und wurde überall
mit größter Freundlichkeit behandelt. Bei günstiger Konstellation forderte ich
per Cabeceo auf, ansonsten „normal“. Körbe gab es keine, und auch arabisch
klingende Verwünschungsformeln habe ich nicht vernommen…
Politisch
unkorrekter Witz:
Im
Kurt Hoffmann-Film „Wir Wunderkinder“ entspinnt sich in
einem Bumslokal ein Wortgefecht zwischen dem ehemaligen Klassenprimus Stein und dem „Eintänzer-Schwengel“ Meisegeier.
Siegfried
Stein: „Die Konfession meines Kopfes ist
wohl Nebensache. Hauptsache, dass man darin kein Vakuum hat, nicht?“ Schally
Meisegeier: „Mann, ich hab da drin vielleicht mehr Vakuum wie du!“
Offenbar kommt man jetzt zunehmend auf die Idee, Texte wie die meinen zu kriminalisieren. So schreibt Kollege Cassiel heute auf seinem Blog:
AntwortenLöschen"Diese Menschen sind, wenn sie sich im Internet äußern, häufig davon überzeugt, ihre doch recht dünn begründeten Ansichten – häufig mit Unverschämtheiten und/oder Halbwahrheiten verziert – wären jeder Kritik entzogen; schließlich ist es ja „Satire“, die durch die Kunstfreiheit geschützt sei. Der TV-Moderator, Satiriker und Zyniker Stefan Raab war auch lange dieser Ansicht. Einige zehntausend Euro Straf- und Schadensersatzzahlungen später sieht er es vielleicht inzwischen auch ein wenig differenzierter."
Mein Angebot: Dann nehmt's euch doch an Anwalt (der erstmal einen Vorschuss will) und lauft's zu Gericht (wo es ebenfalls erstmal was kostet), verklagt's mich und bleibt's nach Abweisung der Klage auf den Zahlungen sitzen!
Die begleitende Gaudi in der Justizkantine sollte euch der Spaß wert sein - und ich werde selbstverständlich live berichten...
Cassiel spielt hier offensichtlich auf den Fall des Models Lisa Loch im Jahr 2001 an. Das RTL-Magazin „Explosiv“ berichtete damals über sie in einem kurzen Film, in dem sie sich vorstellt: „Hallo, ich heiße Lisa Loch und bin 16 Jahre alt.“ Diese Szene kommentiere Stefan Raab in mehreren Sendungen von „TV total“ mit Bemerkungen, die der „Münchner Merkur“ als „versaute Witze“ deklarierte. Beispiel: Er macht der Schülerin Hoffnung auf eine erfolgreiche Karriere in der Pornobranche. „Man muss doch heute nicht mehr Lisa Loch heißen, das kann man doch notariell regeln lassen, zum Beispiel in Petra Pussy.“
AntwortenLöschenDie Angegriffene litt in der Folge an Hänseleien in ihrem Umfeld, wurde telefonisch belästigt und auf offener Straße beleidigt. Sie musste sich in therapeutische Behandlung begeben. 2004 wurde ihr vom OLG Hamm wegen Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts ein Schadenersatz von 70000 € zugesprochen.
(Quellen: www.my-tvtotal.de, Wikipedia)
Ich bedanke mich bei Cassiel für den geschmackvollen Vergleich dieser Sauereien mit meiner Arbeit als Autor. Nie wurden die Unterschiede deutlicher.
Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.
AntwortenLöschenSo sehr mich der obige Kommentar gefreut hat und ich inhaltlich damit übereinstimme: Er ist anonym, und daher musste ich ihn löschen. Wenn mir der Schreiber seinen Text nochmals mit realem Namen schickt, veröffentliche ich ihn gerne!
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