Gerhards Tandas 9

 

Heute geht es um eine Tangosängerin, die ich für die beste ihrer Generation halte: Susana Rinaldi (geb. 1935 in Buenos Aires).

Sie studierte ab 1949 Kammergesang am Conservatorio Nacional de Música, 1955 begann sie eine Schauspiel-Ausbildung. Zwei Jahre später debütierte sie im Fernsehen und spielte 1959 ihre erste Theater-Rolle. Wegen des Niedergangs des getanzten Tangos in den 1960er-Jahren verlegte sie sich später auf eher konzertante Interpretationen lyrischer Texte wie die von Homero Manzi. Sie trat auch mit Astor Piazzolla auf.

Nach ihrer Emigration nach Frankreich während der Militärdiktatur kehrte sie 1989 nach Argentinien zurück. Sie ist mit dem Bandoneónspieler und Orchesterchef Osvaldo Piro verheiratet. Seit 1992 ist sie UNESCO-Botschafterin – sie setzt sich immer wieder für Frieden und Menschenrechte ein.

Mich beeindruckt ihre kräftige, dramatische Stimme, die aber ebenso zu sensiblen Nuancen fähig ist. Obwohl man zu zahlreichen ihrer Aufnahmen durchaus tanzen kann, wird sie so gut wie nie auf hiesigen Milongas aufgelegt. Aber diesen Kulturverlust sind wir ja gewöhnt – gerade auch bei Leuten, die sich angeblich fürs „Tango- Weltkulturerbe“ einsetzen. Zur Tangokultur hat Susana Rinaldi viel beigetragen.

Ihre zahlreichen Alben umfassen eine riesige Auswahl klassischer Tangos, aber auch Kompositionen des Tango nuevo. Ich habe eine Tanda aus vier Titeln ausgewählt:     

Tinta Roja ist ein traditionelles Stück von Sebastián Piana (Musik) und Cátulo Castillo (Text). Das Orchester von Aníbal Troilo brachte es 1941 heraus. Der nostalgische Text beschreibt Erinnerungen in „roter Tinte auf Grau von gestern“.


https://www.youtube.com/watch?v=uKKi-qsdN0A

Malena ist ein weiterer Klassiker von Lucio Demare (Musik) und Homero Manzi (Text) aus dem Jahr 1942. Rinaldi hat ihn auf ihrer CD „A Homero Manzi“ 1969 interpretiert. Ich habe den Titel (inklusive Textübersetzung) schon einmal ausführlich besprochen:

http://milongafuehrer.blogspot.com/2016/07/gerlinde-ubt-jetzt-tango.html

 https://www.youtube.com/watch?v=DsBw-UersHE

Die Mionga Candombe Oro y Plata („Gold und Silber“) aus dem Jahr 1943 stammt von Charlo – alias Carlos José Pérez (Musik) und Homero Manzi (Text). Susana Rinaldi hat das Stück 1977 auf ihrer CD „Y vamos ya...“ gesungen. 


https://www.youtube.com/watch?v=VCsCfA2deKQ

Einer meiner Lieblingstangos ist Nieblas del Riachuelo (1937) von Juan Carlos Cobián (Musik) und Enrique Cadícamo (Text). Das Thema ist die Beschreibung eines Schiffswracks in den Nebeln des Flusses Riachuelo – und so wie dieser Kahn nie wieder in See stechen wird, ist es halt auch mit einer früheren Liebe vorbei… Rinaldi veröffentlichte das Stück auf ihrer CD „En el Underground".


https://www.youtube.com/watch?v=CGAlDwIZ0U4

Ich habe Stücke von dieser Sängerin schon oft aufgelegt – und stets war das Parkett gefüllt. Dies gilt insbesondere für meine Lieblings-CD von ihr: „Mi voz y mi ciudad“ kam 1966 als erste ihrer Produktionen heraus. Wer noch ein wenig weitertanzen möchte, dem sei diese Zusammenstellung dringend empfohlen! Für mich das Highlight des Albums: der Titel Nunca tuvo novio (ab 15:30). Auch diesem Stück habe ich schon einmal einen Artikel gewidmet:

http://milongafuehrer.blogspot.com/2016/12/nunca-tuvo-novio.html

Traditionalisten seien aber gewarnt: Der Arrangeur Roberto Pansera hat ein sehr ungewöhnliches Instrument eingebaut – eine Hammondorgel. Nach dem bisherigen Text ist jedoch nicht zu vermuten, dass Vertreter dieser Fraktion überhaupt bis hierher lesen.

Aber ich will ja gar nicht allen gefallen – dafür den anderen umso mehr.

Viel Freude beim Tanzen!  

https://www.youtube.com/watch?v=TUv04bKc2uA

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