Di Sarli via KI
Ein Blogger-Kollege, der nach vielen Jahren Pause nun dieses Hobby erneut für sich entdeckt hat, stellte kürzlich in einem FB-Forum für Tango-DJs folgende Frage:
„Stellt euch vor, es gäbe ein neues Orchester, das Lieder kreiert, die, sagen wir, nach di Sarli (oder einem anderen der großen Namen) klingen.
Stellt euch ein ‚blindes Experiment‘ vor. Ihr hört euch das Stück an und müsst dann entscheiden, ob ihr es spielen wollt. Nehmen wir an, es klingt für euch wirklich wie ‚di Sarli EdO‘.
Nun stellt euch vor, dass einige zusätzliche Informationen zur Verfügung gestellt werden: a) dieses Lied wurde irgendwie auf dem Dachboden von di Sarlis Enkelin entdeckt. b) es gibt ein neues zeitgenössisches Orchester, das wie di Sarli spielt. c) es gibt ein neues KI-Modell, das mit allen originalen di Sarli-Liedern trainiert wurde und das neue Stücke kreiert.
Wie würden diese zusätzlichen Informationen eure Entscheidung beeinflussen und warum?
Ich denke, wir können uns darauf einigen, dass a) und b) möglich sind, wenn auch mit unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit. Sicherlich ist c) heute unerreichbar, aber wie viel würden Sie in einem, fünf oder zehn Jahren darauf wetten?“
Trotz der etwas seltsamen Schreibweise vermute ich, der Kollege meinte den bekannten Pianisten, Orchesterchef und Komponisten Carlos Di Sarli.
Obwohl es auf dieser Seite meist ziemlich friedlich zugeht, erntete der Schreiber ziemlich viel Gegenwind. Einige Beispiele (von mir übersetzt):
„Wir müssen konsequent sein und nur mit Androiden zum KI-generierten ‚Tango‘ tanzen, oder?“
Im weiteren Wortwechsel fällt dann noch der Satz:
„Allein der Gedanke daran erscheint mir sinnlos und abstoßend.“
Andere Beispiele:
„Seien wir also versichert, dass KI und moderne Interpretationen die EdO-Klassiker niemals ersetzen werden.“
„Ich finde deine Frage kindisch, Yokoito. Sobald man sich in der digitalen Welt bewegt, gibt es keine grundlegenden Grenzen mehr zwischen wiederhergestellten, virtualisierten, pasteurisierten und KI-generierten Produkten. Was soll's? Frag mich stattdessen, wie ich das Arrastre auf meinem Bandoneón übe, dann werde ich beurteilen, ob du den rauen Bogenstrich der EdO auf deiner Geige beherrschst.“
„Ich frage mich, wie gut AI den Einsatz von Pedalen und Verzierungen bei Di Sarli, das einzigartige Vibrato und die Intonation von Guisado oder González, die Phrasierung von Verdi oder Scorticati und einfach die allgemeinen, nicht geschriebenen Teile eines Arrangements reproduzieren könnte. Leopoldo Federico war einige Monate lang im Orchester von Di Sarli, und als er andere Möglichkeiten fand, entschuldigte er sich direkt bei ihm, weil er die stilistischen Eigenheiten einfach nicht hinbekam. Und wir sprechen hier von einem Mann, der bis dahin sowohl mit Salgán als auch mit Piazzolla gespielt hatte, es lag also nicht an mangelnder Technik.“
„Di Sarli (Troilo, D'Arienzo…) sind tot und mögen in Frieden ruhen. Experimente wie das vorgeschlagene werden als Grabschändung und Blasphemie empfunden.“
„Wenn man nicht in der Lage ist, seine eigene – sinnvolle, akkurate und authentische – Vision des Tangos zu kreieren, oder zumindest eine der klassischen Visionen akkurat und sorgfältig zu reproduzieren... nun, dann hilft es auch nicht, die Asche alter Meister mit KI zu stören. Es scheint einfach unethisch und geschmacklos zu sein.“
„Das Science Fiction Tango-DJ Forum ist woanders.“
„Ein anderes Beispiel ist Alfredo Gobbi. Niemand kann seinen ausdrucksstarken, seufzenden Ton und sein weinendes Glissando kopieren, nicht einmal im goldenen Zeitalter! Nur Mauricio Mise ist ihm irgendwie ähnlich. Auch der moderne Geiger Ramiro Gallo hat es manchmal drauf. Aber Gobbi ist immer noch unverkennbar Gobbi. Seien wir also versichert, dass KI und moderne Interpretationen niemals die EdO-Klassiker ersetzen werden...die Antwort liegt also auf der Hand... sorry für die Unhöflichkeit.“
Quelle: https://www.facebook.com/groups/TangoDJForum/permalink/3042546252579222
Ich finde es beruhigend, dass man in der Tangowelt der Künstlichen Intelligenz eher skeptisch gegenübersteht. Auch außerhalb der EdO gibt es doch genügend Originale, die es verdient haben, aufgelegt zu werden! Und mir ist es schon zu viel, wenn DJs andere Bearbeitungen der Originalmusik vornehmen, beispielsweise am Tempo oder den Frequenzen herumfummeln.
Die Tangomusik wird so immer mehr zum Opfer von Technikern. Und nun noch KI? Darauf verzichte ich gerne!
Aber gut – in dem Fall habe ich den Verdacht, dass es dem Verfasser in erster Linie darum ging, als Blogger ein wenig bekannter zu werden. Nachdem er früher vehement ausgeschlossen hatte, auf Facebook aktiv zu werden.
Das dürfte auch das vorrangige Motiv sein, mir immer wieder seltsame Kommentare zu schicken.
Wie dem auch sei: Ich empfehle, stattdessen einfach gute Texte zu verfassen. Möglichst weder auf Englisch noch über technische Spezialfragen. Hieß es nicht mal, alle Tangothemen seien längst behandelt?
Nach über 2000 Veröffentlichungen sage ich: Vielleicht. Aber die Leute lesen es immer wieder gern – wenn man sie gut erzählt!
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Zur Abwechslung mal ein aktuelles Foto |
Soso. Kein Englisch, keine Spezialthemen. Sonst noch Wünsche? Daß o.g. Debatte in dieser (übrigens privaten) Facebook-Gruppe für DJ-Spezialthemen und auf Englisch stattfindet, scheint Dich ja nicht weiter gestört zu haben. Ist nur insofern praktisch für Dich, daß Nicht-Gruppenmitglieder keine Möglichkeit haben, den Original-Verlauf zu sehen. Ansonsten, dein Text, mal wieder das übliche Strickmuster. Langweilig. Du hast es einfach nicht mehr drauf.
AntwortenLöschenYokoito
Wünsche habe ich gar keine. Und wer meinen Rat nicht annehmen will, soll es lassen.
LöschenWer es genau nachlesen will, kann sich anmelden. Die nehmen jeden.
Ansonsten warten wir halt mal 10 Jahre, wie sich dein Blog entwickelt. Vielleicht hast du ja bis dahin sogar ein Impressum.