Das Wort zum Samstag

 

„Im Dunkeln ist gut munkeln“

Zum wiederholten Mal wird derzeit wieder eine „Milonga negra“ im Münchner Süden angekündigt: „Tanzen in absoluter Dunkelheit“.

Der Veranstalter schreibt dazu:

Tanzen in absoluter Dunkelheit führt nach meiner Erfahrung dazu, auf die Musik genauer hinzuhören, sie neu wahrzunehmen und ermutigt uns, die Langsamkeit im Tango zu entdecken, Pausen zu machen und zu genießen, vielleicht sogar das Tempo zu halbieren oder noch weiter zu verringern, und sich darin noch enger und intensiver auf den Partner einzulassen.“

Als Kenner der lokalen Szene frage ich mich halt: Noch langsamer? Wie soll das gehen?

In der FB-Gruppe „Tango München“ wird das Angebot dann noch mit einem tangotypischen Puff-Motto beworben:

„Schöne Frauen warten auf Euch!“

Das Motto hat man sich von Leonard Cohen ausgeliehen: „You want it darker, we kill the flame“:

If you are the dealer, I′m out of the game
If you are the healer, it means im broken and lame
If thine is the glory, then mine must be the shame
You want it darker
We kill the flame

Wenn du die Karten gibst
bin ich aus dem Spiel
Wenn du der Heiler bist, bedeutet das
Ich bin gebrochen und gelähmt
Wenn dir der Ruhm gebührt, dann
Gebührt mir wohl die Schande
Du willst es dunkler
Wir löschen die Flamme

https://www.songtexte.com/songtext/leonard-cohen/you-want-it-darker-1330b521.html

https://www.songtexte.com/uebersetzung/leonard-cohen/you-want-it-darker-deutsch-63d622e3.html

https://www.youtube.com/watch?v=XQOpeJ8YHrE

Na, da kommt sicher Lebensfreude auf!

Quelle: https://www.facebook.com/events/388794303535426

Ich habe diese Veranstaltung schon einmal in einem Artikel besprochen:

https://milongafuehrer.blogspot.com/2017/11/a-schmarrn-bleibt-schmarrn.html

Was ich mir damals verkniffen habe: Der Organisator des Ganzen ist Augenarzt! Als Satiriker kannst du sowas nicht erfinden – es würde übertrieben klingen.

Was bedeutet nun aber „munkeln“?

Das ursprünglich niederdeutsche (norddeutsche) Wort ‚munkelen‘ (leise, heimlich reden) gelangt im 16. Jahrhundert auch in den Süden Deutschlands und wird dort zu ‚munkeln ".

Na, da sind wir ja wieder ganz beim Tango: Da werden ja die wesentlichen Informationen gerne heimlich ausgetauscht. Offene Kritik dagegen führt oft zur Ausgrenzung!

 

Kommentare

  1. Da du selbst noch nicht dabei warst - im Gegensatz zum Schreiber dieses Kommentars - kannst du auch nicht beurteilen, wie toll es ist, wenn
    - du im Dunkeln verzweifelt eine Tanzperson suchst, aber immer nur an die Betonwand (oder andere Paare) stößt;
    - jemand aus Versehen den Lichtschalter betätigt und du im grellen Licht bemerkst, wie deine Gattin - naja;
    - du endlich jemand gefunden hast, wo sich die Tanzperson dann irgendwann als Mann entpuppt (nichts gegen Männer, aber ich tanze nun mal lieber mit Frauen);
    - du dringend frische Luft brauchst, aber im Finstern die Ausgangstür nicht findest;
    - du dich zu langweiliger Musik noch langweiliger bewegen musst;
    - du dich schließlich fragst, wozu das Ganze gut sein soll?
    Hat aber sicher irgendeinen Vorteil!

    AntwortenLöschen
  2. Hallo Gerhard,
    jetzt muss ich Dir doch mal Kontra geben, und zwar als jemand, der (offensichtlich im Gegensatz zu Dir 😉 ) die Dunkelmilonga aus eigener Erfahrung kennt.
    Ich gebe zu, anhand des Einladungstextes fällt es leicht, sich über die Veranstaltung lustig zu machen. Ich sehe es aber eher als Versuch, noch irgendwie Leute, bzw. hauptsächlich Männer, für die Veranstaltung zu interessieren. "Sex sells" ...ist nun mal so, auch wenn es mir auch nicht gefällt.
    Die Dunkelmilonga selbst könnte Dir aber eigentlich sehr gut gefallen:
    - der Veranstalter achtet auf ein ausgewogenes Verhältnis von Führenden und Folgenden
    - er kümmert sich sehr um seine Gäste und tanzt auch selbst mit
    - das Auffordern findet in absoluter Dunkelheit statt, daher spielen Äußerlichkeiten oder auch tänzerisches Können keinerlei Rolle
    - es bleibt niemand unbetanzt sitzen
    - durch das Fehlen jeglicher optischer Ablenkungen kann man sich völlig auf die Musik und den Partner konzentrieren und einlassen
    - es gibt keine wirkliche Ronda und keine Codices
    - einfaches "Ablatschen" von Figuren oder ständig auf der Stelle tanzen ist kaum möglich
    - über die Musikauswahl kann man vielleicht streiten, aber sie ist auf jeden Fall sehr abwechslungsreich mit einem breiten Spektrum...und der Veranstalter ist offen für Vorschläge (ein paar Stücke seiner Playlist stammen schon mal von mir)
    - da ja niemand zuschaut, wird man experimentierfreudiger
    - wer sich dazwischen einfach nur unterhalten will, kann das einfach außerhalb des Tanzraumes tun, ohne den Tanzfluß zu stören

    Ich habe selten so viel und so intensiv getanzt, wie auf diesen Milongas.
    Vielleicht probierst Du es einfach mal aus ....
    LG
    Carmen

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Liebe Carmen, lieber Peter,

      danke für eure Anmerkungen, die sehr schön zeigen, wie verschieden doch die Einstellungen dazu sein können. Und zwar durchaus mit triftigen Gründen für beide Möglichkeiten.

      In meiner Reihe „Wort zum Samstag“ geht es mir nicht darum, irgendwelche Tangovorhaben zu verurteilen. Eher suche ich nach Texten, die schlichtweg komisch sind und von denen ich daher hoffe, dass sie die Tangomenschen auf dem Weg ins Wochenende darüber ein wenig amüsieren.

      Ich kann mir schon vorstellen, worin für manche der Reiz eines solchen Tuns liegt, wenn man sich im Dunkeln sehr subtil auf seinen Tanzpartner einstellen muss und die üblichen Ablenkungen wegfallen.

      Allerdings besteht natürlich durch den Wegfall der Sicht ein „Código“, der das Tanzen noch viel stärker einschränkt als die üblichen Reglements. Das würde meinem Bewegungsdrang heftig widersprechen.

      Insgesamt weiß ich halt nicht, ob diese ganzen Sonderformen (ich hab auch schon mal etwas zum „Tango im Schwimmbecken“ veröffentlicht) unseren Tanz wirklich weiterbringen. Vielleicht auch mal Tanzen ohne Musik? Dazu gibt es Ideen im Contango. Oder „Brustschwimmen ohne Wasser“?

      Daher: Nein, für mich wäre das nichts. Aber ich will niemandem den Spaß daran verderben. Daher hoffe ich, dass auch Anhänger dieser Tanzform ein wenig über meinen Text schmunzeln konnten.

      Herzliche Grüße euch beiden
      Gerhard

      Löschen

Kommentar veröffentlichen

Hinweis zum Kommentieren:

Bitte geben Sie im Kommentar Ihren vollen (und wahren) Namen an und beziehen Sie sich ausschließlich auf den Inhalt des jeweiligen Artikels. Unterlassen Sie herabsetzende persönliche Angriffe, gegen wen auch immer. Beiträge, welche diesen Vorgaben nicht entsprechen, werden – ohne Löschungsvermerk – nicht hochgeladen.
Sie können mir Ihre Anmerkungen gerne auch per Mail schicken: mamuta-kg(at)web.de – ich stelle sie dann für Sie ein.