Tango technisch gesehen
Als Satiriker ist man darauf angewiesen, dass andere Quatsch verzapfen. Der Tango ist dafür eine gute Quelle, da er ja ein hoch emotionaler Tanz ist. Männern erscheint das oft verdächtig, so dass sie versuchen, die Gefühlsstürme rational in den Griff zu kriegen – vulgo: sie technisch zu umschreiben. Geschieht das gruppenweise, entstehen Texte, für die jeder Comedy-Autor Höchstpreise löhnen würde.
Zum folgenden Beispiel aus einem nicht genannt sein wollenden Tangoblog muss warnend vorausgeschickt werden:
Die folgenden Zitate sind satirehalber sämtlich aus dem Zusammenhang gerissen. Natürlich ergibt sich deren geistige Brillanz mühelos aus dem Originaltext, dessen Lektüre daher dringend empfohlen wird (siehe Link am Schluss des Artikels).
Zunächst geht es um eine Tangofigur, welche die meisten von uns (selbst wenn man den Namen kennt) selbstverständlich nicht beherrschen:
Zur „Enrosque“ (eine Art „Schrauben-Drehung“) sollte man wissen:
„In der Form mit vollständiger Drehung mit Vorwärts-Sacada als Einstieg in die Enrosque, ruhiger und stabiler Ausführung und anschließendem Planeo oder gar abschließender Sacada atrás ist diese nunmal bereits aus Sicht der physikalischen Dynamik ein kleines Kunstwerk, und wenn es in die Ronda sicher eingebaut werden kann (im Hinblick auf Harmonie zur Musik und bezüglich der sich stetig ändernden Raumgeometrie während der Ronda) dann ist sie schon ein Hingucker wert. Und ein Zeichen eines gewissen Niveaus.“
Zweifellos – und zwar schon, wenn man einen solchen Text fehlerfrei vorlesen kann! Merke aber:
„Das Beherrschen eben jener Figur ist notwendig, aber nicht hinreichend.“ Und:
„Leider stellt sich ein solcher Moment recht selten bei den regulären Milongas im Westen unseres deutschen Nachbarlandes ein. Bei meinen Besuchen dort habe ich solches nur 3 Mal gesehen über einen Zeitraum von ungefähr 15 Jahren.“
Ein solches Gedächtnis kann man nur bewundern!
Kurzfristiger Unterricht hilft da eher wenig:
„Diese Masterclasses mit diesen Effekthascher-Publikumsmagneten-Workshops sind mir auch ein Dorn im Auge, weil die eigentlich dafür nötige Zeit in einem nur 2 Stunden dauernden Unterricht, für derart komplexe Abläufe, nicht im geringsten ausreicht.“
Na, dann lass ich’s doch lieber, oder?
Und zu Hause in der Küche üben? Da fehlt irgendwie der „Spirit“:
„Vielleicht geht es nur mir so, aber reine Trockenübungen, so etwas wie nur meine Partnerin und ich, womöglich in einer Küche, fallen mir motivationsmäßig eher schwer, es fehlt dann irgendwie das richtige spirituelle Umfeld.“
Ja, „Trockenübungen“ mit der eigenen Partnerin können langweilig sein! Zudem ist die Küche für Männer ein gefährlicher Ort – nachher muss man noch die Spülmaschine ausräumen…
Und man sollte erstmal das Üben lernen, nicht das Tanzen:
„Zum Üben braucht man sehr viel Disziplin und ein gutes Übungskonzept. Die wenigsten haben das, sie üben in den blauen Himmel hinein, lassen sich durch unwichtige Dinge ablenken und hangeln sich von einem Problem zum anderen. Üben muss man genauso lernen wie das Tanzen selbst.“
Und ohne profunde Kenntnisse der Neurologie ist Tangolernen eh Banane:
„Das Kleinhirn verankert Bewegungen so tief, dass ich als Lehrer die Leute nicht lange genug zu Übungszeiten motiviert bekomme, schlechte Angewohnheiten zu verändern. Durch synaptische Plastizität (Hebb’sche Regel: ‚Neurons that fire together, wire together.‘). Langfristige Potenzierung (LTP) sorgt dafür, dass stark genutzte neuronale Verbindungen verstärkt werden.“
Hebb’sche Regel? Da muss ich in meinem Biologie-Studium gefehlt haben! Also mal nachschauen:
„Wenn ein Axon der Zelle A ... Zelle B erregt und wiederholt und dauerhaft zur Erzeugung von Aktionspotentialen in Zelle B beiträgt, so resultiert dies in Wachstumsprozessen oder metabolischen Veränderungen in einer oder in beiden Zellen, die bewirken, daß die Effizienz von Zelle A in Bezug auf die Erzeugung eines Aktionspotentials in B größer wird.“ Damit wies Hebb auf die Bedeutung der zeitlichen Korrelation prä- und postsynaptischer Prozesse bei Lernprozessen hin, die sich in vielfältigen Varianten bestätigt hat.“
https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/hebbsche-regel/30973
Donnerwetter – und das muss man alles beim Tango wissen? Ach Mönsch… ich wollte doch nur ein bisschen tanzen!
Gut, dass es auch in diesem Metier Experten gibt, deren Wissen weit über unseren Tanz hinausreicht. Wichtig ist allerdings, sich einen bescheidenen Anstrich zu geben:
„Was neuronale Netze angeht – da kann ich jetzt nicht widerstehen. KI-Experte oder -Forscher bin ich nicht, nur interessierter Laie. Ich habe allerdings 1990 ein Jahr lang bei Mitsubishi Electric in Osaka an neuronalen Netzen geforscht.“
Und neben Japan sollten wir beim Tango natürlich an Buenos Aires denken:
„Ich habe mal gehört, in Argentinien sei die Vorstellung bestimmter Grundtypen von Bewegung (Drehen vs. linear) enger an die Musik gekoppelt als hierzulande. Ob das stimmt wage ich nicht zu beurteilen, ich denke allerdings, ‚Ronda-Fluß am Laufen halten‘ ist trainierbar – allerdings ist es sicher schwieriger, die ‚streßfreien‘ Möglichkeiten in einer dynamischen Situation zu finden als in einer statischen.“
Ja, die „fließende Ronda“… Welch hehres Ziel! Ob das stressfrei erreichbar ist?
Gut, dass wir Experten mit argentinischer Erfahrung haben:
„Ja, Deine Vermutung mit der räumlichen, musikabhängigen Bewegung in Buenos Aires stimmt, wobei die Grundtypen der Bewegung ob Drehung oder Linear – sich sowieso aus der Musik ergibt – Beispiel: DiSarli – fließend linear, aus Drehungen fließend, Biagi – trocken – rhythmisch, lokal mit rebotes – wie auch hier üblich. Leider klappt es hier linear nicht so gut, weil DiSarli nicht so oft gespielt und getanzt wird (wahrscheinlich, weil die bei DiSarli typischen 8tel-Synkopen, die i-Tüpfelchen, nicht wahrgenommen werden oder tänzerisch nicht umgesetzt werden können.)“
Rebotes („Abpraller) sind übrigens Wiegeschritte ohne vollständige Übertragung des Gewichts – nur, dass dies auch mal gesagt wird!
Aber Mist, jetzt habe ich wieder die Achtelsynkopen bei Di Sarli verpasst! Aber dass dieses Orchester bei uns wenig gespielt wird, kann ich nicht finden. Schließlich wurden doch die meisten von uns im Tangounterricht bis zum Erbrechen mit „Bahía Blanca“ gequält!
Moment mal:
„Und wenn, dann Tangos des Sextetts von Di Sarli aus den 30er Jahren, die allerdings sehr rhythmisch sind (z.B. Chau Pinela) Im Walzer werden hauptsächlich Drehungen fließend, sie Schritte hingegen Stakkato getanzt, ja Stakkato, weil es ein 6/8tel Tankt ist.“
Echt? Haben die auch mal nur zu Sechst gespielt? Da kann man sicher weniger Schaden anrichten. Und Staccato ist ja die typische Spielweise bei Walzern…
Quelle:
https://www.tangocompas.co/gedanken-ueber-tango-unterricht-6-teil/#comments
Fazit:
Wer bei den erleuchteten Diskussionen nicht ganz mitgekommen sein sollte: Kein Problem – um den Inhalt geht es ja nicht wirklich. Solche Seiten sind nichts anderes als ein Balzplatz, auf dem aufgeplusterte Kampel einander zeigen, wo der Tango-Hammer hängt.
Und wenn man Tempo und Pose vergleicht, wird klar: Thema ist nicht die Tanztechnik, sondern die Zoologie!
Bei Herrn Wendel können Sie mal sehen, wie eine freie und offene sowie anregende Diskussion stattfinden kann. Irgendwas machen Sie ziemlich falsch!
AntwortenLöschenNa sicher - nach über 11 Jahren und 2000 Artikeln sowie mehr als 5000 Kommentaren mache ich sicher was falsch. Muss ich mal drüber nachdenken...
LöschenDie typische Antwort eines Erbsenzählers. War nicht anders zu erwarten. Fehlt noch das Prahlen mit den Zugriffszahlen!
LöschenBitte sehr, gerne: aktuell fast 1,7 Millionen.
LöschenAber immerhin muss ich mich nicht nachts auf fremden Blogs herumtreiben und anonymen Blödsinn posten.
Immer wieder spannend zu sehen, welche Kommentare Sie zensieren und welche nicht. Aber wie schon viele festgestellt haben: Fällt Ihnen keine Antwort ein, wird zensiert. Das ist eben Ihre Art, mit Meinungen anderer umzugehen. Daher schreiben Sie ja nur in Ihrem geschützten Bereich statt dort, wo die eigentliche Diskussion stattfindet. Auch ich bin der Ansicht: das ist feig!
LöschenIch finde es vor allem feige, seinen wahren Namen nicht zu nennen. Im Gegensatz zu mir – ich habe sogar ein Impressum.
LöschenAußerdem hat niemand den Anspruch, seinen Kram an beliebiger Stelle im Internet loszuwerden. Machen Sie selber ein Blog auf und verzapfen Sie dort Ihre Weisheiten. Dann dürfen Sie auch selber entscheiden, welche Kommentare Sie veröffentlichen.
Oder ignorieren Sie mein Blog, wenn Ihnen andere besser liegen!
Ob anonym oder mit Namen: Sie zensieren nach Lust und Laune, wie es Ihnen in den Kram passt. Da ist es egal, ob man seinen Namen nennt oder nicht. Und Sie haben noch immer nicht die Frage beantwortet, warum Sie hier schreiben statt in dem Blog, wo die Themen behandelt werden. Aber dazu sind Sie eben zu feig. Deshalb werden Sie auch diesen Kommentar zensieren.
LöschenWer hier seinen wahren Namen nennt, nicht ausfallend wird und beim Thema bleibt, wird veröffentlicht. Sie können ja die 5300 Kommentare nachlesen, die auf meinem Blog stehen. Und darunter ist wahrlich genug Kritisches.
LöschenIch behandle hier meine Themen, und die Kollegen ihre. Und ich sehe mich nicht gezwungen, auf jeden Quatsch einzugehen, den andere über mich schreiben. Außerdem habe ich keine Lust, mir dann dumme Sprüche anzuhören.
Sorry, da kann ich Ihrem Unterhaltungsbedürfnis nicht dienen. Wenn Sie auf Prügeleien stehen, gucken Sie besser Actionfilme.
Und nun Schluss mit einer Debatte, die ich schon hundertmal geführt habe!
1,7 Millionen Zugriffe? Auf einen Blog über regionale Milongas, Playlists, Wohnzimmer-Tanzabende, ein bisschen Zauberei, ein paar politische Ausflüge – und natürlich die unvermeidliche Selbstdarstellung? Respekt. Da muss ja halb Südamerika regelmäßig mitlesen.
AntwortenLöschenZwar kein einsehbarer Zähler, keine Statistik, keine Quelle – aber wer braucht schon Transparenz, wenn man einfach große Zahlen in den Raum stellen kann? Vielleicht waren’s ja besonders tanzfreudige Bots oder Google-Crawler mit Vorliebe für Polemik und Playlist-Prosa.
Und bei über 2000 Artikeln klickt sich selbst ein Algorithmus irgendwann durch. Zugriff ist eben nicht gleich Leser.
Aber klar – wer so lange bloggt, hat sich die Zahl sicher auch irgendwie verdient. Oder zurechtgerechnet.
Na ja, vielleicht sind Sie ja selber ein Bot… Wenn ich übers Wasser liefe, würden Sie mir vorwerfen, nicht schwimmen zu können.
LöschenDie Strategie solcher Wortmeldungen ist natürlich klar: Man will von bestimmter Seite Zweifel säen, ob mein Blog wirklich eine so weite Verbreitung hat.
Wenn mein Blog wirklich derart unbedeutend wäre, müsste man sich keine so große Mühe geben.
Unbesorgt: Ich werde weiter veröffentlichen – ob mein Blog nun 5 oder 500 tägliche Zugriffe aufweist. Und mit nichts kann ich meine Gegner so ärgern!