Liebes Tagebuch… 85
Von Zeit zu Zeit findet in einem Tanzstudio in unserer Nähe ein Milonga-Abend statt, bei dem wir meistens erscheinen. Der Laden, ein ehemaliges Kino, wurde Anfang der 1970er Jahre als Tanzschule umgebaut – und dort unterrichtete viele Jahre ein Lehrer, dem ich auch meine ersten Schritte auf dem Parkett verdanke.
Inzwischen ist der Ort wieder zum Tanzen erwacht, man hat renoviert und einen schönen Saal mit ausgezeichnetem Parkett und prima Musikanlage gestaltet. Gespielt wird ein buntes Programm von alter und neuer Musik.
Leider machen die Veranstalter wenig Werbung für den Tango, so dass sich zu den Milongas meist nur eine niedrige zweistellige Zahl von Gästen einfindet. Außerdem dominiert in Ingolstadt ein Tangoverein, der die Szene mit Unterricht, Festivals, Livemusik und alten Tangoaufnahmen flutet.
Na ja, Platz ist jedenfalls bei „unserer“ Milonga genug, so dass sich die „Ronda-Disziplin“ meist erübrigt.
Manchmal erscheinen dort sogar junge Leute, um Tango zu üben – so auch letztes Mal. Und es tanzen gelegentlich sogar Männer miteinander!
Mir gefällt es sehr, was die Jungs und Mädels (wohl kaum älter als 20) auf dem Parkett treiben. Natürlich würden wohl Tango-Experten Gift und Galle ob des „regelwidrigen Anblicks“ spucken, wenn mal eine Discofox-Figur einem Ocho folgt.
Beim letzten Mal zog sich die Gruppe fallweise in eine Nische zurück und bastelte gemeinsam an irgendwelchen Moves herum, wobei man auch die Partner wechselte. Manches, was dabei herauskam, sah schon richtig gut aus. Und wenn die jungen Leute mal saßen, ließen sie keinen Blick von der Tanzfläche.
Ich sagte zu meinen Begleiterinnen: „Ob die wissen, dass sie gerade so Tango lernen wie ihre Kolleginnen und Kollegen vor gut hundert Jahren?“
Na ja – wohl ziemlich sicher nicht. Aber es funktioniert immer noch. Und ich hoffe, dass man die jungen Leute nicht in Tangokurse zwingt, wo man ihnen erklärt, was „richtig“ oder „falsch“ ist. Sondern dass man sie so tanzen lässt, wie es ihnen gefällt!
Dem Tango könnte es guttun.
P.S. Und so sieht es aus, wenn man Kinder auf den „korrekten Tango“ dressiert:
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