Hertz statt Corazón



Neuerdings wird im Internet verstärkt über die neudeutsch „DJing“ genannte Tätigkeit diskutiert, welche ja derzeit vorwiegend darin besteht, Tanzpaare durch Einspielen langweiliger historischer Hörbeispiele in ihrem Bewegungsdrang zu hemmen.

Daher kann ich leidenschaftliche Diskussionen über das Was, also die Art der gebotenen Titel, durchaus verstehen. Interessanterweise geraten aber Männer bei solchen Themen bald unweigerlich zum Wie, sprich in die sogenannte „Baumarkt-Schleife“: Gerade bei Anwesenheit von ebenfalls auflegenden Kollegen wird der Konkurrent mit einem beeindrucken wollenden Kauderwelsch denglischer Fachbegriffe zugedeckelt.

Auch in einem Tanzforum, in welchem sich trotz weitgehend pseudononymer Kommentatoren das Hauen und Stechen im Rahmen hält, wurde ich kürzlich wieder Zeuge dessen, was die Menschen mit dem Bonsai-Chromosom so alles absondern, wenn gerade kein Schlagbohrer zur Hand ist.

Aus der bunten Mischung der heute wohl tangoüblichen verkopften Bescheidwisserei einige Zitate:

Zur Sicherheit verwende ich beim Abspielen einen Aufsatz für iTunes: PureMusic (diese Aufsatz ermöglicht, Titel mit unterschiedlichen SamplingFrequenzen zu spielen und auch den digitalen Ausgang entsprechend umzustellen - das wurde mit den neuen 96k Daten von TangoTunes notwendig; außerdem kopiert diese Software die Audiodaten vor dem Abspielen von der Platte in den Hauptspeicher, das minimiert Latenzen).

„CD-Titel werden mit einer Sampling-Frequenz von 44,1 kHz angelegt (das ist der RedBook Standard für die Audio-CD). Die neuen d'Arienzo Restaurationen von TangoTunes werden mit einer höheren Auflösung angeboten (96kHz). Die Sampling-Frequenz ist ein Wert, der angibt, wieviel (diskrete) Messpunkte bei der Abtastung ausgelesen werden. Bei 44,1 kHz sind das 44100 (digitale) Werte pro Sekunde, bei 96kHz sind es eben 96000 Einzelwerte. iTunes wandelt diese Sampling-Frequenz immer auf einen vorher fest eingestellten Wert (meist 44,1 kHz).“

„Audio-Daten, die von CD gerippt werden, liegen mit der Sampling-Frequenz von 44,1 kHz vor. Aus dem Nyquist-Shannon Theorem folgt dann, dass bei 22,05 kHz (halbe Sampling-Frequenz) das Ende des Frequenzgangs erreicht ist. Um einen Filter zwischen 20 und 22,05 kHz zu realisieren, der zuverlässig alle Frequenzen jenseits der 22,05 kHz rausfiltert, muss man einen sehr steilflankigen Filter basteln (2 kHz in der Tonhöhe ist eine zehntel Oktave).“

„Ich verwende für meine Arbeit einen I7 Notebook mit 2xSSD Raid-Array als Systemdisk und 1 TB Festplatte für die Musik. Das wird per USB an eine externe Soundkarte Z1 von Native Instruments weitergereicht, die auch die AD-Wandlung und die Vorhörmöglichkeit übernimmt. Nebenbei bemerkt steckt da auch ein 24bit/96kHz DAC drin. Von da aus geht es analog ins Mischpult (Behringer DJX9000USB), das die Signale von meinem Zweitnotebook für die VJ Seite, und das Mikrofon (für den Veranstalter) hinzufügt (sowie den iPod Eingang für die ggf. darauf bestehenden Gastlehrer). Vom Mischpult geht es wieder analog weiter zum EQ (Behringer DEQ 2496 mit angeschlossenem Messmikrofon ECM8000, der neben EQ auch die Spektrumanalyse und ggf. parametrische und dynamische EQs, sowie ggf. Kompressor/Expander übernehmen kann, obwohl ich persönlich nie mittels Kompressor oder Limiter am Dynamikumfang meiner Musik schrauben werde), von dort digital mittels AES/EBU zum LS Management System DCX2496 und von dort analog und balanciert zu den 4 aktiven Lautsprechern und dem Subwoofer.“

Vernunftargumente wie die eines anderen Schreibers werden selbstredend (!) ignoriert:

Für den Menschen hörbar sind Schallwellen mit einer Frequenz von 16 Hz bis ca. 20.000 Hz.“

Wobei ich als Biologe noch hinzufügen möchte: Mit einer oberen Hörgrenze von 20 kHz ist man noch kaum volljährig. Menschen im tangospezifischen Alter ab Fünfzig dürfen froh sein, wenn sie noch die Hälfte, also 10 kHz wahrnehmen. Mit 50 kHz und mehr landet man dagegen eindeutig im Fledermausbereich und müsste daher mit den Beinen nach oben tanzen (widerspricht sicherlich den Códigos)!

Wie man an dem Schweigen zum nachfolgenden Kommentar sieht, wirkt Ironie bei solchen Schreibern überhaupt nicht:

„Übertreibt ihr da nicht etwas, Altes Analoges mit Stahlnadel vom Antikplayer geholt, diese wie auch immer bei dem Anbieter wer weiss wie oft mit unterschiedlichster Hard- und Software digitalisiert und verteilt, das ganze via Internet geholt, da den Protokollen vertraut, denen man im heimischen Umfeld wiederum nicht traut. schon etwas Voodoo, oder? Aber ich hätte da auch was: Immer einen Laptop mit Spiegelbildschirm zum Abspielen nehmen, gibt mehr Brillanz im Klangbild.“

An einer Stelle immerhin überkommt einem Verfechter des HiFi-Tango eine leise Ahnung, worum es bei solchen Debatten im Kern geht:

„Manche Menschen würden hier sicher sagen, wir geben im Sandkasten mit unseren Spielsachen an.“

Biologisch gesehen würde ich das Problem eher in der Zeit der Geschlechtsreife verorten: Evolutionsbedingt hat das Sinnen (?) und Trachten der Männchen ja stets das Ziel, möglichst viel von den eigenen Genen der Nachkommenschaft aufzudrängen. Und hier steht wohl die überlegene Anlage für die bessere Erbanlage…

Daher möchte ich abschließend noch meinen eigenen Umgang mit der Technik beschreiben:

„Auf dem Fensterbrett unserer Wohnzimmer-Milonga steht ein kleiner, kompakter CD-Player von Bose. Ich greife im Bedarfsfall zur Fernbedienung, drücke auf die obere linke Taste und ärgere mich, dass anschließend das Garagentor aufgeht. Wenn ich dann das richtige Teil gefunden habe, zeigt mir der kleine Klugscheißer auf seinem Diss-Play ‚no CD‘, worauf ich ihm eine reinschiebe. Habe ich dabei versehentlich eine Oblate ähnlicher Größe erwischt, spielt das Gerät ‚Großer Gott, wir loben dich‘ – ansonsten gebe ich ihm per Nummer des Titels den Befehl: ‚Play diss‘, was er meistens auch tut. Ansonsten singen wir das Stück. Dabei schalte ich mein bereits gedimmtes Hirn aus und tanze.“

P.S. Ich bitte um Vergebung für die derzeitige Fülle von Posts. Ich hoffe mit meinen Lesern auf Zeiten, in denen man mich nicht fast täglich mit tränentreibendem Stuss aus dem Internet quält, was halt bei einem Satiriker den fast reflexhaften Griff zur Tastatur auslöst!

Weitere Infos:

Kommentare

  1. Lieber Gerhard

    Manchmal kommts recht direkt aus der BRD, hier aber seid ihr sehr höflich und zurückhaltend. Bei so viel "Quark" zu den Tango-Belangen gehts nur um eines um mit der Terminologie aus dem Salzkammergut zu sprechen: Wer hat den Längeren?

    Diese Frage müssen die "Technik-Tangueros" (praktisch ausschließlich Männer) dann nicht übers Tanzen herausfinden (natürlich nur im übertragenen Sinn), weil dazu ohnehin kaum Zeit bleibt.

    Herzliche Grüße vom Traunsee
    Peter Baumgartner

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    1. Lieber Peter,

      na, mein Hinweis auf die Evolution ging ja in diese Richtung...

      Noch was zum Schmunzeln: In meinem Beitrag habe ich ja auch unseren gemeinsamen Freund, den "Erzengel" (weißt eh) zitiert. Der hat in dem Forum gestern mit "BRD-Direktheit" auf die eher harmlose Ironie eines Gesprächspartners wie folgt reagiert:
      „So und jetzt werde ich einmal so robust, wie Du es üblicherweise bist: Wenn Erwachsene Menschen diskutieren, dann kann man, wenn man offenkundig keine Ahnung hat, auch einfach mal still sein und muss nicht mit irgendwelchem Halbwissen versuchen, den Anderen ins Unrecht zu setzen. Mich kotzt der Stil und der Ton, der hier phasenweise im Forum gelebt wird, regelmäßig an.“

      Dabei geht es bei diesem Thema doch darum(wieder Originalzitat Erzengel, eine Seite vorher):
      „Man sollte vielleicht immer darauf achten, dass es beim DJing um die Musik und nicht um Technik oder die eigene Person geht. (…) Die besten Tango-DJs, die ich bis jetzt gehört habe, waren immer sehr unauffällig bis unsichtbar.“

      Tja, "wer bin ich und wie viele?"

      Danke für Deine Anmerkung und herzliche Grüße aus Pörnbach
      Gerhard

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  2. Ja, hast recht, die Evolution in Deinem Text war schon in diese Richtung. Wir sind ja alle auch nicht ausgenommen. Der Kulturgewinn bestünde darin, diese entscheidende Frage nicht mit Nebesächlichkeiten sondern in der Haupsache entscheidungsreif zu machen, nämlich im Tanzen. Dann hätten die Frauen wenigstens was von unserer männlichen Hauptbemühung, das oben gesagte heraus zu finden.

    Aber was solls, dann haben eben die den Vorteil, die das beim Tanzen klären wollen. Während die anderen das Frequenzband abhören hören wir auf die Frauen.

    Freu mich immer wieder darüber, daß Du auf die Freude am Tanzen ohne all diesen Klimbim hinweist.

    Eines noch zum Schluß: ich denke die Technik-Tangueros sind bei weitem nicht in der Lage, auch nur die Wirkung eines schmalen zusätzlichen Frequenzbandes in ihr Tanzen oder in eine interessante Bewegung einfließen zu lassen.

    Damit ist dieses Geschwätz im Verhältnis zu den Anforderungen beim Tanzen schlicht für`n Hugo....hätte auch noch ein paar andere Ausdrücke um meine Beobachtungen über die Qualitätsdifferenz zwischen der technischen Ausrüstung der "Aufleger" und ihrem Tanzen zu beschreiben, aber dann würdest Du mich mit Recht aus deinem Blog aussperren....

    Herzlich
    Peter


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    1. Mein Schwager tanzt zwar nicht Tango, hat aber als "staatlich anerkannter Künstler" DAS Schmuckstück für genannte Herrn der Schöpfung kreiert:
      http://www.michael-hinterleitner.de/stuff/gliedmass.html
      Herzliche, grinsende Grüße
      Manuela

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  3. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

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    1. Tut mir leid, auch wenn mir Kommentare gefallen - ich bin fest entschlossen, den personalisierten Charakter meines Blogs nicht aufzugeben.
      Daher habe ich den obigen Beitrag gelöscht. Wenn sich der Verfasser entschließen sollte, den Text mit realem Namen nochmals einzustellen, werde ich ihn gerne hochladen!

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  4. Das find ich richtig: wir stellen uns eine Gesprächsrunde beim Wirt mit einer Halben Bier vor: Alle sind im Vollschleier gekommen............

    Peter Baumgartner

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    1. Lieber Peter,

      das ist wirklich gespenstisch: Ich könnte zehnmal soviel Kommentare haben, wenn das anonym möglich wäre. Das betrifft das ganze Spektrum von Anfängern über namhafte Tangoveranstalter bis hin zu internationalen "Stars": Die meisten wählen lieber diskrete Kontaktwege zu mir - aber sich öffentlich mit wahrem Namen äußern - lieber nicht!
      Ich habs ja in dem Beitrag "Jetzt trauts euch halt amal!" schon angedeutet: Hoffentlich fällt es unseren Politikern nicht wieder mal ein, Grundrechte wie die Meinungsfreiheit aufzuheben! Wer würde in einer solchen Lage dann noch "Gesicht zeigen" und sich öffentlich wehren? Ich hoffe, alt genug zu sein, das nicht mehr erleben zu müssen.

      Danke dafür, dass Du Dich gelegentlich zu einem Bier (oder besser an Viertel Wein?) an meinen "Stammtisch" setzt, so ganz ohne Burka!

      Herzliche Grüße
      Gerhard

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  5. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

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  6. Zum Blog Thema. Da ich eifrig in einschlägigen HiFi Foren lese, fand ich die c&p Zitate nicht so "besorgniserregend". Hier geht es ja wenigstens noch darum etwas Tanzbares bereit zu stellen. Der Highender stellt höchstens einen Barolo für sich selbst bereit während er mit seiner 100.000€ Anlage knisternden Platten lauscht.

    Ich habe eher den Eindruck dem Blogger fällt kaum noch etwas Sinnvolles ein. Ist das Thema Tango ausgeluscht? Oder wie heißt es so schön? Es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.

    Mein Tipp. Ein neues Hobby suchen oder, wenn´s unbedingt weiter der Tango sein muß, einfach mit anderen ( jungen ) Leuten Gedankenaustausch betreiben. Eine erfrischende neue Sichtweise.

    Aber genau das sehe ich auf Milongas ( Milongen? ) nicht. Haben die alten Zausel Angst vor der "wilden", unorthodoxen Jugend?

    Evolution heißt Entwickeln. Und dazu muß das Alte leider sterben...

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  7. Du kannst meinen Namen haben. Kannst damit aber eh nichts anfangen und macht meine Aussagen auch nicht anders...
    Max Möhre

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    1. Also, soweit ich das verstanden habe:

      Als ich mit meinem Blog vor anderthalb Jahren anfing, dachte ich, es wäre schon toll, wenn mir alle drei Wochen ein neuer Beitrag einfiele.
      Inzwischen (siehe den Schluss meines Textes oben) stürmen die Themen auf mich ein; ich komme kaum nach.
      Aber das Schöne daran ist: Es muss ja keiner lesen (derzeit sind es allerdings immerhin hundert Zugriffe pro Tag), und schon gar nicht alles.

      Zum Thema "Jugend": Da kann ich nur mein oft genug veröffentlichtes Mantra wiederholen: Mit historischen Einspielungen allein wird man kaum junge Tänzer/innen anlocken. Es gibt eine solche Fülle moderner, interessanter Tangomusik - man müsste sie nur (wie ich) zum Tanzen auflegen. Daher: Ja, man hat in der deutschen Szene Angst vor dem "Kontrollverlust" - aber das gibt und gab es ja in allen Sparten der Kunst. Übrigens ist hierbei das mentale Alter wichtiger als das biologische...

      P.S. Der wahre Name ändert im Einzelfall natürlich nichts an der Qualität einer Aussage - in der allgemeinen Tendenz aber sehr wohl. Ich habe in anonymen Blogs gruselige Erfahrungen gemacht, die ich mir hier ganz sicher nicht antun werde!

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    2. Es reicht aber nicht nur andere Musik aufzulegen. Die Entwicklung ( lat. evolvere ) der Menschen funktionierte immer nach dem Prinzip, dass die Alten der nächsten Generation ihr Wissen, Fähigkeiten uvm. übertragen haben. Diese hat es nach ihrer Vorstellung weiterentwickelt. Evolution ist also in erster Linie das und nicht wer hat den Größten.

      Leider scheint dieses Prinzip in der modernen Welt verloren gegangen zu sein. Das Sozialsystem wird sich schon kümmern ist wahrscheinlich das Denken.

      Die einzige generationsübergreifende Aktion, die ich auf Milongas sehe, ist, wenn ein älterer Herr eine junge Dame zum Tanz auffordert. Das war´s dann aber auch schon.

      In der Stadt in der ich lebe gibt es Studentenkurse und Kurs+Milonga mit ermäßigtem Eintrittspreis. Jetzt rate mal wer die Initatoren davon sind. Richtig. Studenten.

      Wieviel mehr hätte die erfahrene Tangogeneration die Aufgabe, nein Verpflichtung ( Stichwort Weltkulturerbe ), diese Förderung zu übernehmen?

      Schönen sonnigen Tag wünscht
      Max Möhre

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    3. Also, soweit ich da in meinem Biologiestudium aufgepasst habe, ist Evolution das Ergebnis von Mutation und Selektion. (Und das hat nebenbei schon a bissel was mit Fortpflanzung zu tun!) Als sicherlich hinkender Vergleich auf den Tango übertragen: Die Jungen entwickeln neue Musik, neue Tanzstile etc., und wenn sie damit unter den obwaltenden Bedingungen erfolgreicher sind, wird sich das durchsetzen, natürlich auf der Basis schon bestehender, bewährter „Erbanlagen“.

      Die Nachkommen nehmen sich also das, was sie brauchen – und warten nicht darauf, dass es ihnen die Ollen auf dem Silbertablett hinterhertragen! Wie sagte Kurt Tucholsky so schön: „Wer was kann, der sei willkommen – die anderen haben die Jugend als Vorwand genommen. Das sind – wir wollen uns da nicht streiten – verhinderte Talentlosigkeiten.“

      Nicht nur deshalb hält sich mein Missionierungsdrang in Grenzen: Ich musste mich für meine „widerspenstigen“ Ideen zum Tango schon nach Kräften beschimpfen und in die Nähe psychischer Erkrankungen rücken lassen. Dennoch werbe ich unentwegt öffentlich für eine Tango-Evolution. Aber bitte, wenn jüngere, kreative Leute es nicht fertig bringen, bei den DJs und Veranstaltern ihre Wünsche zu äußern oder einmal selber was Neues aufzuziehen, werden sie halt herausselektiert.

      Immerhin darf man auf unserer „Wohnzimmer-Milonga“ für null Euro tanzen – das wäre doch ein Angebot für Studenten, oder?

      Auch schöne Grüße!
      G.R.

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  8. Tja, würde es ein Tango-Gen geben würde die Argumentation aufgehen. Und das beste, man müsste ihn nicht mühsam lernen.

    Genau hier ist das Problem. Das Erlernen kostet in der Regel viel Geld. Wichtiger als eine 0€ Milonga wäre also ein 0€ Kurs für junge Menschen.

    Man kann es kaum glauben, aber ich besuche Kurse um Tango tanzen zu lernen. Um Partnersuche geht es mir nicht. Verrückt, aber wahr ;-)

    Dieses Problem, dass sich die ältere Generation ihrer Pflicht der Förderung der Jugend nicht annimmt, sondern lieber den nächsten Urlaub bucht, habe ich leider schon in einigen ( aussterbenden) Sportarten gesehen.

    Wird der Tango Argentino nur ein weiteres Beispiel sein?

    M.M.

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    1. Also, ob es ein spezielles Tango-Gen gibt, weiß ich nicht - ein Tanzgen existiert mit Sicherheit (bei mir vom Vater geerbt). Nach meiner Erfahrung lassen sich echte Talente auch durch die herrschenden Bedingungen (Kurse, "Workshops", Festivals, langweilige Musik) nicht behindern. Und den eigenen Tango muss man sich stets erkämpfen - wenn er "gratis" war, sieht man es ihm an.
      Ich gebe "meinen" Tango gerne ein zu eins weiter - da sind einige Tänzer/innen (unter 50), die ich für unseren Tanz gewinnen konnte. Für ganz junge Leute ist der Tango eh ziemlich sperrig - man muss im Leben erstmal einiges durchgemacht haben, um diese Zerrissenheit fühlen und in Bewegung umsetzen zu können. Macht ja nichts - die sollen sich erstmal beim Salsa (oder Ähnlichem) austoben, eines Tages kommen sie schon zu uns!
      Übrigens war der Tango in den 70-er Jahren schon fast mal weg vom Fenster. Die Ursache seines Revivals heißt Astor Piazzolla. Aber den darf man ja bekanntlich bei uns nicht tanzen...

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  9. Hallo Leute

    Wir üben oft bei uns mit Anderen (Jungen) und "jüngeren im Kopf" Tango, zum Null-Tarif. Siehe auch von Mauricio Castro "5 Minuten Tango" für (fast) alles, was Du brauchst, zum Tanzen...

    Aber den schätzen sie nicht sehr: er zerstört das große Geschäft mit seinem Video auf Youtube......und den Mythos vom jahrelangen Üben und die Mühsamen Stufen der marginal, sehr gering, leicht, halbmittel, mittel, obermittel usw. Fortgeschrittenen in der Hierarchie der Geschäftemacher....(mit den S/W oder farbigen Tanzschuhen)

    Herzlich
    Peter aus dem Salzkammergut

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  10. Lieber Peter,

    ja, der Tango ist heutzutage zur "Branche" geworden. Gerade las ich vom Festival "Tango Amadeus" in Wien von Eintrittspreisen bis zu 30 € für eine normale Milonga (mit Showtanz, ohne Livemusik).

    Einfach mit einzelnen Leuten üben, das sehen wir auch als besten Weg zum Tango an, natürlich zum Nulltarif - wir werden ja durch die Freude entlohnt, die wir dabei haben.

    Freilich: Als "Geschäftskonzept" taugt das nicht. Und, wie ich aus diversen Tanzforen weiß, es überzeugt die Masse auch nicht! Die wollen teure "Workshops" von argentinischen Gastlehrern, damit sie auch "wirklich was davon haben". Ein Trost: Die tollen Tangoschuhe bleiben ihnen ja...

    Herzliche Grüße - und mach ma so weiter, wie's uns taugt!
    Gerhard

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    1. Ich denke wir machen es uns zu leicht, wenn wir denken: "Ach, die jungen Leute wollen eh nur Disco und Saufen.".

      Deshalb sprach ich auch von Studenten. Unter ihnen gibt es bestimmt welche, die sich für diese Art Tanz interessieren. Nur schreckt da dann nicht erst 30€ für eine Alpen-Milonga ab, sondern schon deutlich geringere Beiträge und Kursgebühren.

      Und, wie auch schon oben erwähnt, freut sich der graue Herr über jede junge Tanguera. Die fallen nur nicht vom Himmel :-)

      Zu argentinischen "Tanzlehrern" ( haben die eine Ausbildung als Tanzlehrer? ) sage ich besser nichts und gehe einfach nicht hin, wenn sich mal wieder einer ankündigt.

      Wie macht ein Argentinier Selbstmord?
      Er steigt auf sein Ego und springt...

      MM

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    2. Ich mach's mir gar nicht zu leicht, weil ich von den jungen Leuten so etwas gar nicht denke (auch aufgrund von 35 Jahren Tätigkeit als Gymnasiallehrer).

      Nur sind gerade Studenten in der Regel nicht wirklich arm: Derzeit wird bei uns (nach den Kriegsjahren) gerade die dritte Generation der Erben erwachsen - mit Möglichkeiten, von denen ich als Nachkriegs- und Flüchtlingskind nur träumen konnte.

      Ansonsten gehöre ich zu den "grauen Herren", die nicht sonderlich scharf darauf sind, mit jungen Mädels zu tanzen, die spürbar noch nicht wissen, wer sie sind. Ja, der Tango ist voller Klischees...

      Jetzt lassen wir die jungen Leute halt machen, ohne stellvertretend zu wissen, was gut für sie ist. Ich glaube, das haben die gar nicht so gern.

      Zu den Tanzlehrern: Ja, das ist halt keine geschützte Berufsbezeichnung, mit den entsprechenden Folgen!

      Abschließend danke für das "Selbstmord-Zitat" aus meinem neuen "Milonga-Führer" (S. 85)!

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    3. "Abschließend danke für das "Selbstmord-Zitat" aus meinem neuen "Milonga-Führer" (S. 85)!"

      Echt? Oder hast du Wolfram Fleischhauer aus " Drei Minuten mit der Wirklichkeit " ( 2001 ) zitiert? :-)

      MM

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    4. Ja, klar: Besser gut geklaut als schlecht erfunden! Aber zum Trost: Die "Drei Minuten mit der Wirklichkeit" habe ich in meinem Buch ausführlich dargestellt (S. 187-189). Hat aber nichts genützt - die Mehrheit glaubt immer noch, dass man auf diesen Piazzolla-Tango (oder "Escualo") nicht tanzen kann...

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  11. ...ich bekomme immer Krämpfe, wenn ich lese, was so manche DJ-Kollegen bzgl. ihrer verwendeten Technik so vom Stapel lassen. Was muß der olle Gardell doch alles über sich ergehen lassen, bis er aus dem Lautsprecher knistern darf. Wenn ich da an mein Equipment denke, bekomme ich schon Minderwertigkeitskomplexe... Nicht nur, daß ich MP3`s verwende, sondern außer einem Laptop (allerdings mit proffesioneller DJ-Software) ohne den Apfel hintendrauf ;-) eine externe Soundkarte / Interface der Kellermarke Reloop und das wars dann... Ihr werdet`s nicht glauben, über die Soundqualität hat sich noch nie jemand beschwert, auch nicht bei großen Veranstaltungen.
    Ich sehe das auch so, daß es hier wohl das Sandkastensyndrom ist.
    Dann noch etwas zu den argentinischen "Lehrern": Wir haben sehr viel Unterricht bei Argentiniern gehabt, haben es sehr genossen und können absolut nicht von arrogantem, o.ä. Verhalten unsgegenüber sprechen. Im Gegenteil, es haben sich wunderbare Freundschaften ergeben, die wir nicht missen möchten.
    Und wir Deutschen sind ja soo korrekt: Eine Tangolehrerausbildung bei einem der Tangogrößen befähigt uns erst zu unterrichten... Wenn ich so sehe, wer sich da so ausbilden läßt, bekomme ich gleich wieder Komplexe, weil ich nach 12 Jahren Tango noch nicht dazu gehöre...:-(

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    1. Lieber Christian,

      ja, ja, die Technik macht's...

      Zu den "argentinischen Lehrern": Da gibt es sicher solche, andere und ganz andere. Auch ich habe wunderbare Menschen kennengelernt, z.B. Alfredo Foulkes aus Gröbenzell. Was ich gelegentlich karikiere, ist ein überbordendes, da bestens funktionierendes Marketingkonzept, das vereinfacht lautet: "südländische Namen = Spitzenkönner im Tango".

      Richtig, eine andere Masche läuft fast ebenso gut: "ausgebildeter Tangolehrer" - was ja Gott sei Dank keine geschützte Berufsbezeichnung ist. Bei meiner anderen Passion, der Zauberei, gibt es dazu einen Spruch: "Um Zauberkünstler zu werden, reicht es nicht, sich ein kaninchen auf die Visitenkarte drucken zu lassen."

      Beste Grüße
      Gerhard

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