Tango zwischen tiefem Ernst und eleganter Ironie
Meine "Amazon"-Rezension des Buches "Tangosehnsucht" von Peter Ripota:
Wer von diesem Buch den
thematisch großen Bogen sowie Stringenz in der Gliederung erwartet, sollte
bedenken, dass hier ein Österreicher über den Tango schreibt. Mit der dieser
Nation eigenen Nonchalance streift Peter Ripota die verschiedensten Aspekte
seiner Passion, und nach seinem eigenen Bekunden reiht sich Ernstes an
Heiteres, Wissenswertes an Belangloses – mal witzig, mal romantisch. Der
vereinsmeiernd deutsche Ernst, welcher derzeit unsere Tangoszene heimsucht,
geht ihm völlig ab – wie schön!
Allerdings: Unverbindlich
sind diese Streiflichter auf das Weltkulturerbe Tango nie. Gerade in der ersten
Hälfte bürstet der Autor kräftig gegen den Strich, und wer nicht bereit ist,
lieb gewonnene Klischees sowie Merksätzlein seiner Tanzlehrer neu zu
überdenken, hat es nicht leicht. Nach meiner Überzeugung wird hier so manches
wieder vom Kopf auf die Füße gestellt, wo es auch hingehört. Kostprobe: „Wer
alles in Schubladen stecken muss, sollte lieber Walzer tanzen. Oder
Schuhplattler.“ Das „deutsche Führerprinzip“ ermögliche es auch, mit einem
Besenstiel zu tanzen. „Aber irgendwie fehlt dabei der gewisse Funke.“ Wie wahr!
Erfreulicherweise betont
Peter Ripota das Multikulturelle des Tangos, welcher weit mehr ist als ein Tanz
aus Argentinien. Fernab von verkopften Schritte-Schemata schildert er die
verschiedensten Emotionen, aus denen heraus die Musik vertanzt werden kann, und
plädiert überzeugend für eine neue Sicht auf verstaubte Geschlechterrollen.
Allein die Ideen von Johanna Siegmann („The Tao of Tango“), die er übersetzt
und erläutert, rechtfertigen den Kauf des Buches. Und wie uns der Autor im
Kapitel „Exiltango“ an die Wurzeln dieses Tanzes im Spiegel der eigenen
Verlorenheit führt, hat literarische Qualität!
Als notwendiger Ausgleich
stehen solchen Passagen wunderbar klamottige Abschnitte wie der „Kriminaltango“
oder gar ein „Tango-Notfallkoffer“ gegenüber, in denen der Verfasser
szenetypische Verirrungen mit fühlbarem Spaß am höheren Blödsinn veralbert. Und
auch die Selbstironie darf nicht fehlen, wobei er verdächtig oft seine
angeblichen Misserfolge bei der Eroberung von Tänzerinnen schildert. Auch bei
den Illustrationen hätten es für mich etwas weniger bunte und fotomontierte
Bilder getan – gerne auch einmal mit einem anderen Motiv als Tanzszenen des
Autors mit seiner Partnerin. Aber das ist Geschmackssache – viele werden das
Werk gerade deshalb lieben.
Verlag: BoD, 2010; ISBN: 9783839150221
weitere Infos: www.peter-ripota.de
P.S. Inzwischen liegt das Buch in einer noch ansprechenderen Neufassung vor!
tango.ar@2014
AntwortenLöschenPosted on May 15, 2014 by geotraunkirchen
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Peter Baumgartner
00436763253801
Lieber Peter,
Löschenja, so könnte es gehen - nein, so geht es! Vielen Dank für Deinen Text und herzliche Grüße,
Gerhard