Vom Rollen des Blocks



Sisyphos war König zu Korinth und Sohn des Aiolos. Er soll um das Jahr 1400 v. Chr. gelebt, sich durch große Weisheit ausgezeichnet und zur Vergrößerung Korinths sehr viel beigetragen haben.
Schließlich wird er von Hermes in die Unterwelt gezwungen, wo er zur Strafe einen Felsblock auf ewig einen Berg hinaufwälzen muss, der, fast am Gipfel, jedes Mal wieder ins Tal rollt.
(Quelle: Wikipedia)

Neulich wagte ich es wieder einmal, einen meiner Texte („Finger weg von den DJs!“) auf dem „tanzmitmir“-Forum anzubieten – außer dem Link mit nur einem frugalen Satz: Derzeit erfahre ich von immer mehr diesbezüglichen Vorkommnissen“ – siehe http://www.tanzmitmir.net/tanzpartner-boerse/viewtopic.php?t=18165

Schon dem ersten Kommentator, einem offenbar eher Boogie auflegenden Zeitgenossen, fielen dazu Begriffe wie „Kindergarten“, „Geschwafel“ und „saublöd“ ein. Na gut, nicht schlimm, kriegte er halt als Antwort seine beantragte Portion Pflichtironie: „Wenn man sich wie im Kindergarten fühlt, könnte es auch am eigenen intellektuellen Alter liegen – nur so als unverbindliche Möglichkeit…“ Anschließend noch ein bisserl Hin- und Hergehacke, alles im grünen Bereich!

Wie nicht anders zu befürchten, hielt es sodann mein verehrter Bloggerkollege Cassiel für unumgänglich, mir zum Thema etwelche Belehrungen zukommen zu lassen sowie meine „Schilderungen systemisch zu widerlegen“ – wo es doch der Herr Boogieaufleger vorher „bereits sehr gut erklärt“ habe. Außer, dass Cassiel nun offenbar auch selber Milongas veranstaltet, war dem langen Kommentar (in der Folge kamen noch zwei) nichts zu entnehmen, was ich aus seiner Textbaustein-Datei nicht schon kannte: Ich schriebe halt meistens gegen irgendetwas – und das täte meinem Tango nicht gut. Und es läge ein Vergleich mit Donald Trump nahe. Prima! Also beließ ich es dabei, um freundliche Beachtung für den Beitrag zur „Wiederbelebung eines kränkelnden Blogs“ zu bitten und in der Sache auf schon Ausgetauschtes zu verweisen.

Dies allerdings stieß einem Herrn aus Münster („MEK) sauer auf: „Da kommt der Verdacht auf, du möchtest ein Argument nicht zur Kenntnis nehmen.“ Anschließend durfte ich mir die Micky-Maus-Vorstellungen der Herren zur Funktion eines DJs nochmal anhören: Man lege eben per „Dienstvertrag die Pflichten der Vertragsparteien fest“. Dazu noch ein Schenkelklopfer für Juristen: „Man könnte natürlich im Vertrag auch festlegen, dass der Handwerker (nicht Künstler) sich in die Stimmung des Publikums einfühlen soll und die passende Musik dazu spielen soll.“ Na, was bei einer entsprechenden Zivilklage die Parteien da alles austauschen dürften…

Ansonsten aber gerät man (wieder einmal) in den Zwiespalt: Eigentlich hatte man ja bereits im ursprünglichen Blogtext einigermaßen erklärt, worauf es einem ankam – aber sich der Verweigerung einer Argumentation zeihen lassen? Na gut, dann halt nochmal von vorn:

Mir ginge es ja nicht um den „Tango als Geschäftsidee, sondern als Hobby, vielleicht sogar als Leidenschaft“, und die paar Euro, die ich selten fürs Auflegen bekam, hätte ich gespendet. Als zwischenzeitlicher Lichtstreif am Horizont die Aussicht auf teilweise Zustimmung des Herrn MEK, allerdings unter strengen Auflagen: „G.R., ich habe gerade noch einmal deinen Blogeintrag gelesen. Falls dir an meiner Zustimmung etwas liegt (ja, das ist eine Steilvorlage), wirst du das noch einmal erläutern müssen.“

Fand ich zwar ein wenig anmaßend, aber bitte sehr – also spulte ich meine Argumentation noch einmal ab – in etwas gekürzten Zitaten (und dort auch mit Links auf meine diesbezüglichen Blogbeiträge versehen):

„Man geht immer davon aus, es gäbe „einen Veranstalter“ (also z.B. Eigentümer einer Tangoschule).“
„Schon in diesem Fall ergibt sich allerdings die Problematik, auf wieviel spezielle Vorgaben man sich als Aufleger einlassen sollte: Reicht eine pauschale Festlegung (z.B. irgendein Prozentsatz von traditioneller und moderner Musik) oder muss man – anderes Extrem – seine Playlist vorher zur Genehmigung einreichen? Hier bin ich für möglichst große künstlerische Freiheit, da ich auch spontan (in einem gewissen Rahmen) auf den Verlauf des Abends reagieren möchte.“

„Bei zirka der Hälfte der Milongas wird weder der DJ noch die Musikrichtung angegeben. In dieses Vakuum stoßen bevorzugt traditionell orientierte DJs, die nach meinen Erfahrungen hinter den Gigs her sind wie der Teufel hinter der armen Seele. Ich habe es mehr als einmal erlebt, dass auf diese Weise musikalisch eher liberal gestrickte Veranstaltungen auf Traditionskurs gebracht wurden.“

„Beliebt ist es auch, im Vorfeld ein weites musikalisches Spektrum anzugeben (um möglichst viele Gäste anzulocken), am Abend selber spielt man dann vorsichtshalber doch nur Traditionelles (z.T. auch, weil sich wieder mal die bekannte Fraktion beschwert).“

„Dazu kommt, dass es ja oft Gruppen, z.B. Vereine sind, welche Milongas veranstalten. Ich erlebe es immer wieder, dass sich dort die Traditionalisten durchsetzen – nicht, weil das dem Mehrheitswillen entspricht, sondern weil diese Fraktion Andersdenkende knallhart an die Wand fährt. Dieses soziologische Problem war der zentrale Inhalt meines Artikels.“

Hurra, Punktgewinn bei Herrn MEK: „G.R., das sind aber doch ganz andere Situationen. Insofern kann ich deinen Standpunkt ja nachvollziehen, teilweise ihm sogar beitreten.“ Allerdings hätte er „ein wenig Differenzierung sinnvoll“ gefunden: „Was wäre denn, wenn ein Neo Tango Abend beworben würde und es würde nur Mainstream gespielt?“ O heilige Einfalt, das wär natürlich auch nix! Allerdings habe ich diese Kombination auf 3000 Milongas noch nie erlebt – umgekehrt schon öfters…

Warum ich trotz gewisser Etappensiege schließlich doch scheiterte, lag an meinem Verstoß gegen zwei elementare Blogger-Regeln:
1.    Ironie erst ab einem IQ von 100 verwenden
2.    Keine Vergleiche mit Alkohol

Dazu provoziert hatte mich eine Aussage von MEK: „Ich vertrete allerdings mit der gleichen Leidenschaft den Standpunkt, dass man für Dinge, die man gerne tut, nicht nur Geld nehmen darf, sondern sollte.“

Dies hatte mich zu einem ironischen Vergleich mit Weingeist veranlasst: „Na ja, ich trinke zum Beispiel gerne einen feinen Rotwein und mache das auch recht gut – dennoch habe ich noch niemand gefunden, der mich dafür entlohnt…“

Dies lockte nun einige Interessenten an, welche allerdings von einem Verständnis des Gags Lichtjahre entfernt waren:

So schrieb ein Anonymer namens „Antwort“: „Du sollst für den feinen Rotwein ZAHLEN und nicht entlohnt werden! Verstehst du das nicht oder hast du zu tief ins Glas geguckt? Prost!“

Dennoch beantwortete ich diesen Trinkspruch nicht – im Gegensatz zum Kommentar der fast ebenso verständnissinnigen „NicoleGP“: „Ich würde mal sagen, wenn ihr Veranstalter nicht einmal einen Rotwein ausgeben kann, ist er pleite oder die Musik war nicht lohnenswert. Oder soll ich das so verstehen, dass die Entlohnung als DJ mit Rotwein bezahlt werden soll? (…) Als DJ sollte man sich schon einen Rotwein leisten können.“
Immerhin schien die Dame aber dunkel zu ahnen, dass sie auf dem falschen Dampfer unterwegs war: „Habe ich das zur nächtlichen Stunde falsch verstanden, möge man mir verzeihen.“

Daher entschloss ich mich zu einem nochmaligen Aufklärungsversuch: „Liebe Nicole, das mit dem Rotwein war eine Ironie zur Aussage von MEK: ‚Ich vertrete allerdings mit der gleichen Leidenschaft den Standpunkt, dass man für Dinge, die man gerne tut, nicht nur Geld nehmen darf, sondern sollte.‘“

Dies ging nun aber wieder dem angesprochenen MEK gegen den Strich: „Das war nicht einfach Ironie, sondern das Bekenntnis, dass du lieber nörgelst, als ernsthaft zu diskutieren.“

Na eben, haben wir doch immer schon gewusst! Aus die Maus…

Fazit:
Sollte jemand auf die glorreiche Idee kommen, ein Blog (und gar noch zum Tango) aufzumachen, sei er gewarnt: Die Arbeit des Bohrens dicker Bretter vor der Stirn von Dünnbrettbohrern ist immens. Und ob sie – anders als das Steinrollen in der griechischen Mythologie – jemals erfolgreich sein wird, sei dahingestellt…

Kommentare

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