Liebes Tagebuch… 84

 

Der Blogger-Kollege Helge Schütt erfreut mich immer wieder mit Geistesblitzen, die bei ihm einschlagen, und von denen er glaubt, sie veröffentlichen zu sollen.

Gestern las ich von ihm auf Facebook, der Moderator eines Podcasts habe Schütts „Tangophilosophie“ perfekt auf den Punkt gebracht.

Das machte mich neugierig, da sich unsereins so etwas Anspruchsvolles gar nicht leisten kann. Also:
„Wenn ich Tango tanze, dann möchte ich so tanzen, dass alle Männer, die uns zusehen, anschließend mit meiner Tanzpartnerin tanzen wollen."

Ein Satz, über den man lange nachdenken kann:

Wenn ich schon mit meinem gefühlten Können brillieren möchte, läge mein Interesse doch eher darin, dass alle Frauen anschließend mit mir tanzen wollen, oder? Aber hängt es wirklich von mir ab, wie gut meine Partnerin tanzt? Tolle Tangueras können das ganz allein – da reicht es, wenn ich ihnen nicht allzu sehr im Weg rumstehe. Und warum sollte ich wollen, dass nachher alle mit meiner Tänzerin aufs Parkett möchten?

Doch der Kollege scheint wirklich zu meinen, was er schreibt. Auf Nachfrage kommt die Erklärung:

„Das ist einfach nur eine schöne Konkretisierung des altbekannten Spruches, dass die Hauptaufgabe eines Führenden darin besteht, seine Tanzpartnerin gut aussehen zu lassen.“

Aha: Die Schönheit des Weibes geht vom Manne aus. Und ich dachte immer, Frauen könnten selber attraktiv sein und auch so tanzen.

Quelle: https://www.facebook.com/helge.schutt.7 (Post vom 29.10.24)

Immerhin fand ich den zuerst zitierten Satz interessant genug, um mir den erwähnten Podcast einmal näher anzusehen: Es handelt sich um die österreichische Produktion „Cabeceo“, die ich bereits zweimal besprochen habe:

https://milongafuehrer.blogspot.com/2023/08/verschwurbeltes-aus-der-altherren-liga.html

https://milongafuehrer.blogspot.com/2024/03/cambalache-trodelladen.html

Diesmal ist die Schweizer Cellistin Angela Büche zu Gast, die sich inzwischen aufs Coaching verlegt hat und dem Tango verfallen ist.

https://www.stimmig-leben.com/angelabueche

Die Vorgestellte ist nicht wirklich auf den Mund gefallen und redet geschlagene anderthalb Stunden am Stück durch, ohne den Moderator Heinz Duschanek zu mehr als gelegentlichen Einwürfen kommen zu lassen. Ich finde, das hat dem Gespräch gutgetan. Daher kann ich das Anhören durchaus empfehlen:

https://cabeceo.at/episoden/episode-22-im-tango-portrait-angela-bueche/

Gefallen hat mir die Selbstständigkeit dieser Tänzerin, die sich offenbar nicht zum „Tango-Ausführungsorgan“ degradieren lässt: „So wie Du tanzt und Dein Ding durchziehst, brauchst Du mich überhaupt als Partnerin?“ Natürlich kann sie auch führen und bedauert, es nicht von Anfang an parallel zum Folgen erlernt zu haben. Ihr ist inzwischen bewusst, sich im Tango „elitär“ zu verhalten, indem sie Encuentros besucht. Gut, das muss sie vor ihrem Gewissen verantworten.

Als studierte Cellistin ist es kein Wunder, dass sie öfters leidet, wenn Männer sich an der Musik vorbei bewegen. Einen solchen Tänzer habe sie einmal gefragt:

„Soll ich dich glücklich machen oder das tanzen, was du führst?“

Der Herr habe geantwortet, er wolle schon bei seiner Führung bleiben. Wie typisch!

Ich weiß nur nicht, ob sich eine Paarbeziehung in „Glücklichmacher“ und „glücklich Gemachte“ einteilen lässt. Glück lässt sich weder „machen“ noch gar planen. Es entsteht oder kommt halt nicht. Gerade beim Tango.

Das könnte notfalls sogar als meine „Tangophilosophie“ durchgehen. Aber bekanntlich habe ich keine.

Immerhin gibt der Blogger-Kollege zu, der äußere Schein werde oft überbewertet:

„Wahrscheinlich. Insofern reicht es mir als äußerer Eindruck völlig, wenn meine Tanzpartnerin ganz entspannt mit geschlossenen Augen in meinen Armen liegt und zufrieden lächelt.“

Wollen wir hoffen, dass dies zutrifft! Aber vielleicht amüsiert sich die Dame auch nur über die Führung

Tja, wie macht man Frauen glücklich? Als Mann sollte man einfach was auf der Pfanne haben:

https://www.youtube.com/watch?v=DdOKJS0KsNw

P.S. Leider zu früh gefreut: Die Redewendung stammt von den Lunten- und Steinschlossgewehren, die eine kleine Mulde („Pfanne“) haben, in die man das Zündpulver schüttete. Wer also etwas „auf der Pfanne“ hatte, konnte gleich losschießen. Typisch Mann halt…

https://www.redensarten-index.de/suche.php?suchbegriff=etwas%2Bauf%2Bder%2BPfanne%2Bhaben&bool=and&gawoe=an&sp0=rart_ou&sp1=rart_varianten_ou&von=erg

Kommentare

  1. Gestern auf unserer Milonga erklärte mir ein Tanzpartner wortwörtlich: "Du musst bei mir nichts extra machen, Du brauchst keine Frauentechnik, Du musst einfach nur tanzen, was ich führe!"
    Ich hab mir dann ziemlich auf die Zunge gebissen und nichts gesagt...als Veranstalterin möchte ich ja, dass sich unsere Gäste wohlfühlen und wieder kommen.
    Gedacht habe ich mir allerdings Einiges. Für mich gehören zum Paartanz zwei und ein Miteinander. D.h. Impulse können bzw. sollten von beiden kommen.
    Und was ist, wenn ich die Musik anders höre und entsprechend umsetzen will? Die emanzipierte Frau in mir hat innerlich ziemlich getobt.
    Aber ich war "brav" und wir hatten eine harmonische Tanda.
    Hinterher haben wir uns noch unterhalten und er hat seinen Satz nochmal genauer erklärt: Da er auch Tanzlehrer sei, wollte er damit ausdrücken, dass die ganze Technik und die Kurse dazu unnötig seien, es reicht völlig, den Kopf auszuschalten und den Körper auf die Impulse des Führenden reagieren zu lassen.
    Da konnte ich dann doch zustimmen.

    LG
    Carmen

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    1. Ich würde davon ausgehen, dass der Herr es so gemeint hat, wie er es zunächst spontan ausdrückte.
      Wenn die Tänzerinnen eh nur das machen müssen, was er führt: Unterrichtet er dann überhaupt Frauen oder nur Männer? Und dürfen die den Kopf einschalten? Hatte wenigstens er sein Gehirn in Betrieb, als er solche Belehrungen verkündete?
      An deiner Stelle hätte ich die "emanzipierte Frau" zum Toben rausgelassen.
      Danke und liebe Grüße!

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    2. Er hat explizit über Einzeluntericht mit Frauen gesprochen und denen erklärt er eben,
      sie bräuchten sich keinen Kopf über Saccadas, Volcadas und sonstige Technik zu machen. Ihm sei wichtiger, die Musik zu interpretieren. Also durchaus ein positiver Ansatz, auch wenn es mir auf Dauer zu langweilig wäre, nur brav das zu tanzen, was er hört und führt. Aber für eine Tanda geht das schon mal. Ich habe es jedenfalls als kleinen Lichtblick gesehen gegenüber dem Figurenabtanzen zu EdO-Kamellen.

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