Gruß vom „Ober-I“
„Ist dies schon Wahnsinn, so hat es doch Methode.“ (Shakespeare: Hamlet)
Wir wissen ja vom Altmeister Tucholsky: Die Zeit schreit nach Satire. Insbesondere – damals wie heute – in der Hauptstadt der woken Gesinnung.
Demnächst will die Berliner „Stiftung Humboldt-Forum“ – vom Staat heuer mit 48 Millionen Euro subventioniert – unter dem Motto „Vielstimmig 2024“ Konzerte mit acht Chören veranstalten. Dargeboten werden Songs von Hanns Eisler bis Udo Lindenberg.
https://de.wikipedia.org/wiki/Stiftung_Humboldt_Forum_im_Berliner_Schloss
Zu vielstimmig aber soll es wohl nicht werden. Problematisch schien den Veranstaltenden ein Lindenberg-Titel, den der Sänger einst zur Melodie von Glenn Millers „Chattanooga Choo Choo“ mit einem frechen Text ausgestattet hatte. Aus der amerikanischen Dampflock machte Lindenberg den „Sonderzug nach Pankow“.
https://de.wikipedia.org/wiki/Chattanooga_Choo_Choo
Anlass war, dass der Musiker ein Konzert in der DDR geben wollte, was ihm das Regime allerdings verweigerte. 1983 machte er „Honey“ (Erich Honecker) das satirische Angebot, das Ganze bei einer guten Flasche Cognac zu besprechen. Schließlich sei der Staatsratsvorsitzende tief im Herzen doch auch ein Rocker, der sich auf dem Klo einschließe und Westradio höre.
https://genius.com/Udo-lindenberg-and-das-panikorchester-sonderzug-nach-pankow-lyrics
Man hätte vermuten können, Lindenberg hätte nach dem Song erst recht nicht im Arbeiter- und Bauernstaat auftreten dürfen. Doch Ende 1983 klappte es im „Palast der Republik“ mit einem Konzert – freilich ohne die Nummer vom „Sonderzug“. Und es blieb bis zur Wende das einzige.
An derselben Stelle ereilt nun wohl den Lindenberg-Song erneut die Zensur. Diesmal aber nicht wegen der Verblödelung sozialistischer Errungenschaften, sondern auf Grund der Textzeile:
„Ich muss da was klär'n mit eurem Oberindianer“
„Auch wenn das Wort in dem Lied in seiner Entstehungszeit 1983 eine metaphorische Konnotation hatte – und es sich damals satirisch-kritisch auf Erich Honecker bezog – sind wir uns auch bewusst, dass in dem Wort die Gewaltgeschichte der Kolonisierung indigener Bevölkerungsgruppen nachklingt“, heißt es in einer Erklärung der Stiftung Humboldt-Forum dazu.
Ja klar, seit den 1980er Jahren war uns bewusst, dass dieses Lied die amerikanische Urbevölkerung abwertet…
Der Text soll nun so verändert werden, dass der Chor „Ober-I“ (langgezogen) intoniert.
Iiih, wer soll uns denn in der Welt noch ernstnehmen, wenn ein solcher Käse auch noch staatlich gefördert wird?
Nun ahne ich allerdings, wieso Kollege Cassiel so angepisst auf meine Bearbeitung von „Brush up your Shakespeare“ reagierte und sie sogar als „Demagogie“ bezeichnete: Es ging ihm gar nicht um die Satire zu seiner Person, sondern um meinen respektlosen Umgang mit den englischen Dramen-Klassikern! Hätte er ja auch gleich sagen können!
Wir sollten uns aber nicht mit Leuten abgeben, die statt eines Rhythmus in den Beinen einen Stock im Hintern haben.
Daher zur Stimmungsaufhellung Glenn Millers „Chattanooga Choo Choo“ aus dem Film „Sun Valley Serenade“ von 1941 – gegen Ende mit einer hinreißenden Tanzeinlage:
https://www.youtube.com/watch?v=V2aj0zhXlLA&list=RDV2aj0zhXlLA&start_radio=1
Und dann darf natürlich noch der „Panik-Rocker“ loslegen – und auch das groovt erheblich:
https://www.youtube.com/watch?v=b-NSfmhiTBg
Ich vermute, wir werden zu beiden Titeln mal tanzen!
Der Presse entnehme ich gerade, dass der Chor das Wort "Oberindianer" nun doch gesungen hat. Na - geht doch!
AntwortenLöschenhttps://www.msn.com/de-de/unterhaltung/news/sinneswandel-im-humboldt-forum-ch%C3%B6re-singen-beim-lindenberg-hit-doch-oberindianer/ar-AA1ueRGP?ocid=msedgntp&pc=ACTS&cvid=52dba248bbe84e0a9d14158a7efe1bde&ei=41