Abstecher-Kurznotiz

 

Es ist unglaublich, in welcher Dichte mich oft Tango-Satirematerial anfliegt – heute auf der Facebook-Seite von Thomas Kröter:

Es handelt sich um ein glücklicherweise nur knapp vier Minuten langes Video, in dem ein Sprecher uns (und dem anwesenden Publikum) die Handlung eines bevorstehenden Dramas erklärt und dabei behauptet, zwischen den in Bälde auftretenden Darstellenden herrsche eine „erotische Spannung“. Es handle sich um ein Gangsterpärchen, welches nach einem erfolgreichen Bankraub seine Beute teilen wolle.

Der betreffende Herr hat sich zum Verbrechen stilvoll mit dunklem Anzug angetan, während seine Komplizin als Berufskleidung die eines kurzberockten Zimmermädchens mit Messer im Strumpfband gewählt hat. So vorbereitet nimmt man zunächst einen Tango in Angriff. Wir ahnen hier bereits, dass es schlimm ausgeht: Er wird schließlich abgestochen – wohl wegen des Geldes. Ob er es auch durch sein Tanzen verdient hätte, bleibt offen.

Glücklicherweise sah sich meine Kollegin Manuela Bößel, in künstlerischen Fragen weit kompetenter als ich, die Produktion ebenfalls an. Ich ergriff die Gelegenheit zu einem kleinen Interview:

„Tja, Tango und Erotik – was sagt dir das?“

„Kann es geben, sieht man heute aber nur noch selten, lebt ausschließlich in Biosphären-Reservaten.“

„Ja, aber die Zwei haben sie doch vorgespielt, oder?“

„Es war ja gut, dass der Moderator das Wort ‚Erotik‘ so oft genannt hat. Weil ich keine gesehen habe. Die hätten lieber einen Transvestiten nehmen sollen, der hätte es wenigstens elegant darstellen können. Wenn sich ein Dreijähriger auf ein Bobbycar setzt und ‚brumm-brumm‘ sagt, hat er noch lange keinen Verbrenner.“

„Und der Sprecher zu Beginn?“

„Typ Erdkundelehrer in Turnschuhen, erklärt anwesenden Bildungs-Boomern, was jetzt gleich ‚erotisch‘ passieren werde. Im gleichen Tonfall, als wenn er über die Wetterfront auf den Lofoten spricht.“

„Hat es dich tänzerisch angeregt?“

„Nein! Nur pseudoerotisches Rumgestakse.“

„Was sagt dir die tiefe Pose beim Vortanzen?“

„Warum tut er das? Sie kommt ein bisschen schwer wieder hoch. Ist wohl doch anstrengend.“

„Und das Messer im Strumpfband?“

„War die Länge der Klinge unter 6 Zentimetern? Aber immerhin was es kein südländisch aussehender Messerträger, sondern eine mitteleuropäische Rothaarige. Typ ‚Bonnie im Kleid‘. Sie bräuchte das Gerät aber nicht, um ihn umzubringen. Einfach weitertanzen, dann macht er’s eh nimmer lang. Aber das Hinfallen war sehr hübsch. Kann man als Sturzprophylaxe im Alter immer brauchen.“

„Können wir noch etwas Achtsam-Liebevolles dazu sagen?“

„Nun, wir hatten ja nicht den kompletten Überblick. Möglicherweise übersehen wir etwas sehr Wesentliches. Vielleicht lagen auf den Tischen noch Arbeitsblätter dazu aus. Und ich habe keine ungegenderte kulturelle Aneignung gesehen. Hygienisch gestorben ist er auch, hat nicht geblutet. Das finde ich den BühnenarbeitendenInnen gegenüber echt achtsam. Safer Erotik quasi. Und vegan.“

Wir wünschen viel Vergnügen mit dem Video:

  https://www.youtube.com/watch?v=wOvnAodDVvM

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