Hilfe – sie will mit anderen tanzen!


Auf einer Diskussions-Plattform las ich heute eine Geschichte, die mir in ähnlicher Art schon oft begegnet ist – wenn auch nicht immer in dieser krassen Form. Eine junge Frau schreibt in der Rubrik „BIDA“ („Bin ich das Arschloch?“):

„Ich (w,26) und mein Freund (27) sind seit etwa 5 Jahren ein Paar, und es läuft eigentlich auch gut. Nun haben wir aber einen riesen Streit. Hintergrund ist, dass ich einen Tanzkurs mache und dort mit anderen Männern tanze. Ich habe in meiner Jugend nie einen Tanzkurs gemacht, weil ich sehr unsicher wegen meiner Größe war. Ich bin jetzt 1,85 m als Frau und war schon mit 14 über 1,75 m. Mittlerweile habe ich damit auch gar kein Problem mehr. Ich habe meinen Freund gefragt, ob er mit mir einen Tanzkurs machen möchte, und er meinte ‚auf gar keinen Fall‘. Als ich dann gefragt hatte, ob es in Ordnung für ihn sei, wenn ich den alleine machen würde, meinte er ‚mir egal‘. Also habe ich mich angemeldet, und ich habe auch viel Spaß dabei. Als ich mich dann nach 2 oder 3 (Tanz-)Stunden mit ihm darüber unterhalten habe, ist er wütend geworden, als er rausgefunden hat, dass ich mit anderen Männern tanze. Ich meinte dann: ‘Was dachtest du, mit wem ich bei einem Paartanzkurs tanze?‘ Da meinte er: ‘Ich dachte, dass du dann den Mann mit einer kleinen Frau spielst, weil Männer große Frauen eh nicht attraktiv finden.‘

Ich war nach der Aussage so verletzt, dass ich meinte, ich müsse erstmal gehen, um nichts Verletzendes zu sagen in dem Moment. Ein Tag später habe ich ihn gefragt ob er ein Problem damit hat, dass er kleiner als ich ist. Woraufhin er wütend wurde und meinte, dass er nicht klein sei, sondern ich ein riesiges Trampeltier. Daraufhin habe ich zu ihm gesagt, dass er das ja schon seit Jahren wisse, und wenn er mich weiterhin so niedermache, ich Konsequenzen ziehen würde. Meine Freunde meinten, (…) das Tanzen mit anderen Männern wäre fast Fremdgehen.“

Um es kurz zu machen: Als die Aggressionen gegen die Schreiberin immer mehr zunahmen, hat sie ihren Freund schließlich aus der Wohnung geworfen.

Genaueres kann man hier nachlesen:

https://www.reddit.com/r/BinIchDasArschloch/comments/11ynb3e/bida_weil_ich_mit_anderen_m%C3%A4nnern_tanze/

Wie ich schon oft auf Partnerschafts-Foren erfahren konnte, entstehen bei Paaren riesige Probleme, wenn einer von beiden (aus welchen Gründen auch immer) mit anderen Leuten tanzt – wobei es anscheinend eher die Männer sind, welche mit solchen Situationen nicht klarkommen. Speziell, wenn es sich um „erotische“ Tänze wie Tango oder Salsa handelt.

Typisch ist wohl, dass der eifersüchtige Partner sich weigert, zu den Veranstaltungen mitzukommen oder gar solche Tänze zu erlernen. Lieber bleibt er zu Hause und sieht sich das entsprechende Kopfkino an.

Wenn man ein Fremdgehen des anderen wirklich verhindern möchte, sollte man den Partner (besser: die Partnerin) wirklich nicht mehr unbeaufsichtigt aus dem Haus lassen. Leider scheint es sogar solche Männer zu geben – die sich jedoch selber gerne Freiheiten des Ausgehens nehmen. Was sich manche Frauen bieten lassen, macht mich wirklich ratlos!

Was mir beim Tango immer mehr auffällt: Anscheinend wird es zunehmend üblich, dass Paare in geschlossener Formation auftreten und den ganzen Abend nur miteinander tanzen. Die Herren fordern nie eine andere Dame auf – und ihre Begleiterin bleibt natürlich erst recht untätig.

Nach meinem Eindruck lassen die Damen zwar öfters ihre Blicke schweifen und wären wohl nicht unbedingt abgeneigt, sich auch mal auf einen „Fremdtanz“ einzulassen. Eine Aufforderung ist jedoch riskant, weil man sich in dieser Situation ziemlich wahrscheinlich einen Korb holen könnte – entweder weil die Frau wirklich mit niemandem anderem tanzen möchte oder fürchtet, der Abend könnte beziehungsmäßig einen unerfreulichen Verlauf nehmen. Das ist schwer abzuschätzen, und man möchte ja keine Beziehungskrise auslösen.

Nach meiner Beobachtung machen solche Paare, da Impulse von außen fehlen, tänzerisch kaum Fortschritte. Und vom Abenteuer, es mal mit anderen zu probieren, kann natürlich keine Rede sein. Solche Milongas geraten gefährlich in die Nähe eines „Tanzschul-Übungsabends“ und langweilen mich – von der üblichen Musik ganz zu schweigen.

Ich frage mich schon, ob Männer tatsächlich meinen, ihre Frau würde nach einer gelungenen Tanzrunde bei nächster Gelegenheit mit ihrem neuen Tanguero ins Bett hüpfen. Und das in der immer mehr verspießerten Atmosphäre, die heute auf vielen Milongas herrscht? Dazu braucht es schon sehr viel schlechte Fantasie!

Aber in Wirklichkeit leidet wohl das männliche Ego, da man befürchtet, die Angetraute könnte mit einem anderen Partner viel harmonischer übers Parkett schweben als mit einem selber. Ich habe für solche Herren einen Trost parat: Möglicherweise kriegt das Publikum schon  im sonstigen Leben mit, dass die Frau mehr draufhat als die offiziell verbundene Nulpe. Dazu braucht es meist keinen Tango!

Die Frauen hingegen plagt die Befürchtung, sie könnten einen fremden Tänzer mit ihren beschränkten Fähigkeiten langweilen. Notfalls wird ihnen das vom festen Partner gerne bestätigt.

Für mich ist die Kernfrage: Gönnt man dem Partner das Vergnügen, welches man in anderen Bereichen ja auch für sich wünscht? In meinem Tangobuch habe ich solch verkrampfte Beziehungen „Spaßverhinderungs-Gemeinschaften“ genannt: Man erlaubt dem anderen nichts – mit der Folge, dass einem auch selber jede Freude vergällt wird.

Daher habe ich für fest verbundene Tänzer eine wichtige Botschaft:

Wenn ihre Partnerin Ihnen versichert, ihr reiche es völlig, nur mit Ihnen tanzen – glauben Sie es nicht!

Sie wollte doch nur nett sein…

P.S. Da dieses Gebiet doch recht privat ist, lasse ich hier auch anonyme Kommentare zu. Aber bitte beim Thema bleiben und einen akzeptablen Tonfall wählen!  

P.P.S. Zum Weiterlesen:

https://milongafuehrer.blogspot.com/2020/09/in-den-tanzpartner-verlieben.html

Ilustration: www.tangofish.de

Kommentare

  1. Sehr bezeichnend finde ich ja auch, wenn ich mit meinem Partner auf einer Milonga bin, dass ich von Frauen gefragt werde, ob er mit ihr tanzen darf...

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    1. Ja, unter den Damen herrscht oft ein strenges Regiment - da sollte man schon vorfühlen, bevor man sich Ärger einhandelt...

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  2. Ich kann natürlich durchaus nachvollziehen, dass Frau, wenn sie tatsächlich einen Partner gefunden hat, der auch tanzen kann und will, diesen ungern teilen mag...wer teilt schon gerne seinen Lottogewinn.
    Aber mal ehrlich: immer mit demselben zu tanzen wird doch auf Dauer langweilig. Wie Du auch beobachtest: "... machen solche Paare, da Impulse von außen fehlen, tänzerisch kaum Fortschritte."
    Welche Möglichkeiten hat man denn, sich tänzerisch weiterzuentwickeln?
    - Man könnte miteinander zuhause üben, Anregungungen gibt es ja zahlreich auf Youtube.
    Da braucht es aber schon ziemlich Ehrgeiz und Motivation, die im Alltag meistens auf der Strecke bleibt.
    - Man nimmt zusammen Unterricht.
    Klingt erstmal nach einer guten Idee. Da es aber seeehr unwahrscheinlich ist, dass 2 Menschen denselben Lerntyp und dasselbe Lerntempo haben, ist da Frustration und Streit vorprogrammiert. Wenn sich ein partnerschaftliches Miteinander in ein Lehrer-Schüler-Verhältnis verwandelt, weil der oder die schneller Lernende meint, den/die andere/n belehren zu müssen, kann das nur schiefgehen.
    - Man holt sich Impulse oder Ideen von außen, indem man mit anderen tanzt. Und freut sich dann, diese Impulse mit seinem Partner zu teilen, um den gemeinsamen Tanz zu beleben.
    Ist vielleicht etwas anstrengender, aber ohne etwas Anstrengung erreicht man halt nix.
    LG
    Carmen

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    1. Liebe Carmen,
      danke für deinen interessanten Beitrag, über den ich viel nachdenken musste.
      Bei der obigen Geschichte kommt ja erschwerend hinzu, dass dieser Mann gar nicht tanzen wollte.
      Aber auch paarweise belegter Unterricht bietet Konfliktpotenzial, das sehe ich auch so. Ich glaube wirklich, dass Tanzen mit vielen anderen am ehesten Fortschritte ohne Zerwürfnis im Paar bewirkt. Vorausgesetzt, beide lassen diese kindische Eifersucht. Nicht selten steht aber genau diese im Weg.
      Liebe Grüße
      Gerhard

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