Beim Tango abserviert

Mein Blogger-Kollege Helge Schütt hat mich auf ein wunderbares Video aufmerksam gemacht: „On being dumped in tango - part 2“ („Im Tango abserviert werden - Teil 2“).

Da der Text aus einem sehr schnell gesprochenen, kabarettistischen Englisch besteht, habe ich ihn – als Service für meine Leser – übersetzt. Es handelt sich um einen typischen Milonga-Dialog.

Nebenbei: Der Mann begeht natürlich einen grundlegenden Fehler. Welchen, verrate ich zum Schluss!

Aber nun viel Vergnügen:

Er: Hallo, möchtest du tanzen?

Sie: Nein, danke.

Er: Aber ich bin ein netter Kerl!

Sie: Das mag ja sein, aber ich habe dich nicht tanzen sehen.

Er: Ich habe dich auch nicht tanzen sehen, aber ich frage dich trotzdem.

Sie: Das zeigt mir, dass du die Art von Person bist, die sich nicht um die Qualität meines Tanzes kümmert.

Er: Aber wir sind beide zum Tanzen hier.

Sie: Du könntest ein Bodenwühler sein, einer von denen, die im Aquarium nach dem suchen, was die größeren Fische nicht wollen.

Er: Ich wollte nur...

Sie: Oder vielleicht bist du ein Geier, der die Tanzfläche auf der Suche nach einer unschuldigen, ahnungslosen Beute umkreist.

Er: Aber am Ende des Tages wollen wir beide doch einen Tanz haben. Richtig?

Sie: Um zu tanzen? Machst du Witze? Hast du das Tanzniveau auf dieser Milonga gesehen? Die Leute hier tanzen sehr gut. Ich bin hier fremd. Wenn dein Tanz miserabel ist, ist mein Abend zu Ende. Ich könnte genauso gut gesellschaftlichen Selbstmord begehen. Kein guter Tänzer, der etwas auf sich hält, wird mich ansehen, wenn ich mit einem Versager getanzt habe.

Er: Wer sagt dir, dass ich ein Versager bin, und wer sagt mir, dass du keiner bist?

Sie: Sieh mich mich an: Haremshose, die neuesten Comme il Faut, und ich gehe so hoch, dass ich mich beim Absprung umbringen könnte. Alles an mir ruft laut: internationale Tango-Jetsetterin! Entsprechend habe ich nur sehr wenige gute Tänze mit Leuten erlebt, die so gekleidet waren, als hätten sie eine Rolle in „Bonanza" bekommen.

Er: Glaubst du nicht, dass du die Sache ein wenig zu ernst nimmst? Wir versuchen alle, hier ein bisschen Spaß zu haben.

Sie: Mein Freund, Spaß zu haben ist etwas für Muttis und Papis, die nachmittags zu Tee und Keksen auf eine Milonga gehen. Wenn du dir einen Platz in der lokalen Tango-Nahrungskette sichern willst, kannst du dir keine beliebigen Wohltätigkeitsveranstaltungen leisten.

Er: Du sitzt schon seit einer Stunde auf deinem Stuhl, ohne zu tanzen. Wenn jemand zufällige Akte der Nächstenliebe begeht, dann bin ich das. Komm schon, es ist doch nur ein Tanz!

Sie: Nur ein Tanz? Mein Freund, weißt du, wovor ich fliehe? Vor einem kotzenden Kind, einem Hund mit Durchfall, einem nichtsnutzigen Ehemann, einem kaputten Auto, und zu Hause wartet meine Steuererklärung auf mich. Mein Wohnzimmerboden ist übersät mit Legosteinen, und überall liegt der verdammte „Bob der Baumeister“ herum. Die Milonga ist mein Zufluchtsort. Ich akzeptiere nichts, was weniger als perfekt ist. Lieber sitze ich hier zwei Stunden lang, als dass ein Tangoclown meinen Sinn für Ästhetik beleidigt!

Er: Ich nehme also an, das ist ein Nein.

Sie: Fordere die heiße Blondine dort drüben zum Tanz auf. Wenn sie annimmt, tanze ich als nächstes mit dir.

Er: Aber das ist Mariana Montes!

Sie: Willst du tanzen oder nicht?

***

Mit Freude stelle ich fest: Das entsetzliche Statusdenken im Tango liefert offenbar auch anderswo satirischen Stoff. Wie schön!

Hier das Video zum Genießen:

https://www.youtube.com/watch?v=C7cADR4mhWo

Einer der Kommentare auf YouTube lautet:

„Ich bin ein totaler Anfänger... und ich kann den Eindruck nicht loswerden, dass alle um mich herum ihren Standpunkt vertreten...“

Das könnte durchaus zutreffen!

Traurig ist das Elend, welches sich oft hinter einer solchen Blenderei versteckt. Auch das kommt hier sehr gut zur Geltung. Beste Satire eben.

Offenbar gibt es noch einige Videos dieser Art. Ich werde dranbleiben:

https://www.youtube.com/@tangocynic

„Aber wir sind doch zum Tanzen hier“ ist im Tango eine völlig unbewiesene Behauptung. Dies ist häufig nur Mittel zum Zweck.

P.S. Auflösung der Rätselfrage:

Der Mann hat vorschriftswidrig aufgefordert. Mit Cabeceo wäre das nicht passiert. Aber dann hätten wir nicht diesen Spaß an dem Dialog gehabt!

Kommentare

  1. Und schon wieder liegst Du absolut daneben, Gerhard.

    Denn in dem Part 1 von "On being dumped in tango", kann er die Dame doch für sich gewinnen, allerdings nicht durch den von Dir vermissten Cabeceo, sondern weil er ihr ein Kompliment (über ihre Sommersprossen!) macht.

    Den dir ungeläufigen Begriff der "piropos" solltest Du in dein "Tangospanisch" aufnehmen, von dem du behauptest dass es dich "von der großen Mehrheit der Milongabesucher unterscheidet". (Dass Du dich mit diesen "Kenntnissen" wirklich von allen unterscheidest, glaubt dir übrigens jeder.)


    Amüsierte Grüsse aus Berlin

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    1. O je, schon wieder das Berliner „Gscheidhaferl“… Sie geben sich wirklich alle Mühe, das Klischee des „Preißn“ mit flacher Stirn und großer Klappe zu erfüllen!

      Zur Sache: Nachdem Sie offenbar iim Teil 2 keinen Fehler entdeckt haben, weichen Sie nun auf Teil 1 aus, den ich überhaupt nicht besprochen habe. Wenn Sie nochmal genau gucken: Die Dame unterhält sich da mit einem ganz anderen Herrn.

      Also mit Schwung am Thema vorbei, leider!

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  2. Immerhin kennt er: Mariana Montes! ich bin mir sicher, dass Mariana Montes niemals eine Tanda mit Gerhard Riedl tanzen würde!!!

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    1. Aber mit einem Hanswurst wie dir schon, oder?

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