Die ersten Zehn im Coronazeum

 

Gelegentlich finde ich es spannend, Rückschau zu halten: Welche Themen, welche Machart von Artikeln in meinem Blog finden besonders viel Aufmerksamkeit bei den Lesern? Sind Beiträge über den Tango in Corona-Zeiten überhaupt noch interessant?

Die konkrete Fragestellung: Was waren die 10 meistgelesenen Texte in den vergangenen 12 Monaten? Hier das Ergebnis:

Platz 10: Erst Tanzen lernen und dann Tango

„Wir brauchen mehr Milongueras und weniger Ballerinas“ hieß es vor einiger Zeit auf einem Berliner Tango-Blog. Ich war der umgekehrten Ansicht. Wir brauchen vor allem Tänzerinnen und Tänzer – falls sie dann noch Tango können: umso besser! Ein Plädoyer dafür, sich nicht gegen andere Tänze abzuschotten.

https://milongafuehrer.blogspot.com/2020/12/erst-tanzen-lernen-und-dann-tango.html

Platz 9: Herr Lehmann und der Tango

Der ARD-Film „Tanze Tango mit mir“ fand in der Szene schon im Vorfeld riesiges Interesse. Meine Rezension fiel zwiespältig aus: Ich fand die Geschichte interessant und vor allem gut gespielt. Die Tangosektion allerdings kam halt wieder nicht an den üblichen Klischees vorbei. Die Reaktionen waren ganz spannend: Nachdem man meine Beurteilung (natürlich) zunächst ablehnte, fanden sich im weiteren Verlauf viele Stimmen, welche das kritisierten, was auch mir negativ aufgefallen war!

https://milongafuehrer.blogspot.com/2021/03/herr-lehmann-und-der-tango.html

Platz 8: Nur der Frust kann uns einen

Mein Blog lebt ganz wesentlich auch von den immer wieder aufflackernden Gockel-Gefechten in unserem Tanz. In einer Facebook-Gruppe, aus der man bekanntlich nicht zitieren darf, gerieten sich ein älterer Naiver und ein routinierter Polterer einmal mehr in die Wolle. Der momentane Corona-Frust machte die Sache nicht besser, aber lustiger.

In der Folge inszenierte man wegen meiner „Voyeur-Aktivität“ ein riesiges Theater, was mir noch einige Folgeartikel ermöglichte.

https://milongafuehrer.blogspot.com/2021/02/nur-der-frust-kann-uns-einen.html

Platz 7: Aus medizinischer Sicht

In der Szene viel diskutiert wurde auch der Text eines Arztes zum Thema Corona-Risiken im Tango, den die „Tangodanza“ in ihrer letzten Ausgabe veröffentlichte. Der Mediziner gab sich dabei eher locker in der Risikobewertung. Ich habe den Artikel kritisch besprochen, dabei aber das Recht der Zeitschrift betont, solche Einschätzungen zu veröffentlichen. Im Netz gab es viele schärfere Stellungnahmen, bis hin zu Ankündigungen, das Abonnement zu kündigen.

https://milongafuehrer.blogspot.com/2020/12/aus-medizinischer-sicht.html

Platz 6: Vom Einmarsch der Kampfrentner

Diesen Artikel verfasste ich als Antwort auf heftige Angriffe, die mir ein Kommentar einbrachte, in dem ich von Tangorentnern und ihrem „arthrotischen Herumgedackel“ schrieb. Daher veröffentlichte ich einen Rückblick auf die Zeit um 2005, wo wir den Personalwechsel im Tango erlebten: Freiheit und Kreativität wurden durch Regeln und Tanzfiguren ersetzt. Dabei fasste ich den Begriff „Rentner“ nicht als Altersbestimmung, vielmehr als Diagnose auf: „Nicht der Kalk in den Gelenken ist das Problem, sondern der in der Birne.     

https://milongafuehrer.blogspot.com/2020/06/vom-einmarsch-der-kampfrentner.html

Platz 5: Tango im Märchenwald

Heftig debattiert wurde auch dieser Beitrag, mit dem ich die Werbung eines Tangolehrerpaars veralberte, welche das übliche Klischee-Gedöns deutlich übertraf. Was ich damals auf ihrer Website an Talmi-Semantik entdeckte, muss einem erstmal einfallen. Ich finde es heute noch sehr, sehr lustig…

https://milongafuehrer.blogspot.com/2020/06/tango-im-marchenwald.html

Platz 4: Grobschlechtig geführte Kreuze

Hier besprach ich einen aktuellen Tangodanza-Artikel über angeblich bahnbrechend neue Ideen zum Tangounterricht, wie sie von Giselle Anne und Diana Cruz propagiert und von der Verfasserin des Beitrags hymnisch gelobt wurden. Ich dagegen fand die Präsentation des Beitrags nicht direkt gelungen und – schlimmer noch – verstand diese Neuerfindung des Rades nicht wirklich.

Dass ich von der lichtvollen Diskussion des Themas in einer bekannten FB-Gruppe ebenfalls berichtete, brachte mir mal wieder den Vorwurf ein, als Häretiker die Größen des internationalen Tango zu schmähen.    

https://milongafuehrer.blogspot.com/2021/02/grobschlechtig-gefuhrte-kreuze.html

Platz 3: Verpilcherung fürs Weltkulturerbe 

Bekanntlich fehlt es corona-bedingt nicht an Initiativen, das „Tango-Weltkulturerbe“ zu retten. Vor einiger Zeit schickte man sich an, ein künstlerisch überzeugendes Video dazu herzustellen. Federführend war dabei der von mir persönlich durchaus geschätzte Iwan Harlan. Was er da allerdings mit sonorem Gebrabbel und vergeistigten Texten fabrizierte, war feinster Tango-Edelkitsch und reizte mich zu einer süffisanten Kommentierung. Das Tango-Establishment  war not amused.

https://milongafuehrer.blogspot.com/2020/06/verpilcherung-furs-weltkulturerbe.html

Platz 2: Die Retter des Weltkulturerbes

Dies ist einer von mehreren Artikeln, welche ich zu diesen Initiativen schrieb – wobei ich es ja nicht schlecht finde, auf die derzeitige finanzielle Situation von Tangoaktiven aufmerksam zu machen. Ich fand nur, man müsse dabei nicht alle Stereotypen verbreiten, die seit Jahren das Marketing bestimmen. Insbesondere hat mir bislang noch keiner der Herrschaften erklärt, was denn nun das „Tango-Weltkulturerbe“ umfasse. Auch modernen Tango? Tango nuevo? Eigene nationale Entwicklungen? Gleichberechtigung?

Als Satire verfasste ich einen Pressetext zur damaligen Online-Petition.

https://milongafuehrer.blogspot.com/2020/06/die-retter-des-weltkulturerbes.html 

Jetzt aber…Tusch!

Platz 1: Nuhr weg!

Ich muss gestehen: Diese Platzierung hat mich riesig überrascht!

Schon früher hatte ich in einigen Artikeln die „Cancel Culture“ kritisiert, mit der heute missliebige Künstler bekämpft werden. Stellvertretend beschrieb ich hier mit vielen Zitaten die geistig sparsamen Schmäh-Rezensionen, mit denen die „Frankfurter Rundschau“ regelmäßig die Fernsehauftritte des Düsseldorfer Kabarettisten überzieht.

Auch hierfür erhielt ich heftige Schelte eines Satire-Experten.

Aber wie schafft es ein Text, in dem es überhaupt nicht um Tango geht, an die Spitze? Meine Vermutung: Mein Beitrag wurde auf Facebook öfters geteilt. Vielleicht bin ich so in eine Gruppe von Nuhr-Fans geraten. Umso besser!

https://milongafuehrer.blogspot.com/2021/01/nuhr-weg.html

Fazit

Was mich schon einmal freut: Tango ist weiterhin das Thema, welches meine Leser am meisten beschäftigt. 9 von den 10 Texten befassen sich damit.

Ebenfalls sehr schön: Das Interesse nimmt wieder zu. Nachdem mein Blog Ende 2019 schon einmal über 20000 monatliche Zugriffe erhielt, wurde ein Jahr später ein Tiefstand von zirka der Hälfte erreicht. Derzeit liegen die monatlichen „Einschaltquoten“ wieder bei zirka 15000.

Zu den obigen 10 Beiträgen gibt es 95 Kommentare, davon 34 mit kritischem bis ablehnendem Inhalt. Ich fürchte, dies wird aber die dämlichen Behauptungen nicht verstummen lassen, auf meinem Blog werde kaum kommentiert, und ich würde negative Anmerkungen nicht zulassen. 

Und weil in diesem Zusammenhang immer wieder mein allzu bissiger Stil kritisiert wird: Sorry, aber alle obigen Beiträge weisen einen deutlich satirischen Einschlag auf, obwohl es auch genügend „bravere“ Texte gibt. Wenn‘s also danach ginge…

Mir sind jedoch alle Leser willkommen – wie auch immer sie zu den Artikeln stehen. Hauptsache, man nimmt meine Sichtweisen zur Kenntnis. Daher habe ich mich auch über die Ankündigung einer meiner Blogtrolle gefreut, er würde nun auf Facebook eine schrecklich geheime Gruppe aufmachen, auf der man – von mir unzitiert – meine Texte besprechen könne. Wie schön: Auch das wird deren Verbreitung fördern!

Während den werten Blogger-Mitbewerbern zu Corona-Zeiten recht wenig bis fast nichts einfiel, habe ich in den letzten 12 Monaten zirka 225 Artikel veröffentlicht. Aber vielleicht muss man halt in Pandemie-Zeiten einen Naturwissenschaftler ranlassen.

Der Physiker und Kabarettist Vince Ebert erzählt dazu eine hinreißende Geschichte: Studenten hätten seinem Professor mitgeteilt, einer seiner früheren Doktoranden habe die Physik aufgegeben und schreibe nun Romane. Darauf der Ordinarius: „Ich wusste schon immer – der Kerl hat keine Fantasie!“

P.S. Und als „Zuckerl“ für die frustrierten Tango-Singles im Coronazeum:   

https://www.youtube.com/watch?v=eM33eOhT5Gg

Kommentare

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