Meine erotischen Herausforderungen

 

Wenn man als Blogger seine Mailadresse veröffentlicht, erhält man zwangsläufig (hier ein schönes Wort) Spam-Botschaften werbenden Charakters. Nachdem ich eine Zeitlang mit Kreditangeboten torpediert wurde, war anschließend der Bitcoin in allen Varianten dran. Und natürlich habe ich ständig was gewonnen

Seit kurzer Zeit treffen bei mir umso erfreulichere Zuschriften ein: Frauen aus meiner Nachbarschaft, so versichern diese treuherzig, hätte ich mit meiner männlichen Ausstrahlung ganz schwach gemacht.

Gerne schicken diese auch Fotos von sich mit, die ich jedoch lieber nicht anklicke: Mir reicht das Risiko des Coronavirus – einen Computer-Erreger muss ich mir nicht auch noch anlachen… Einiges Bildmaterial darf man auch so schon betrachten: Die Erotik-Botschaften gehen noch über das hinaus, was der durchschnittliche Tango-User gewohnt ist!

Die verbalen Vorstellungen fallen ebenso ähnlich aus. Kostproben: 

Ich bin Valerie, 33 Jahre alt und in der Blüte meines Lebens. Ich habe einen festen Job, ein tolles Leben und super Freunde. Doch im Moment vereinsame ich einfach in dieser (Corona-) Zeit, denn irgendwie bin ich die Einzige die keinen festen Partner hat.

„Bin übrigens Hannah, 31 Jahre jung und seit einiger Zeit jetzt schon Single.“

„Ich bin 29 Jahre alt, mache gerne Sport, aber trinke auch gerne mal einen Wein. Und ich bin Single - Überraschung :D Ich möchte es hiermit ein letztes Mal versuchen, bevor ich in der Bibliothek auf Männersuche gehe.“ 

Stopp – Sonderpreis: Die Vorstellung, eines dieser angestrichenen Flitscherl könnte freiwillig eine Bibliothek besuchen, verschönt mir den ganzen Vormittag! 

„Ich heisse Marina, bin 31 und wieder Single, ich habe keine Kinder, bin Openminded, Musikalisch, Kreativ, Naturverbunden, Tierlieb ein Rebell und Selbstbewusst.“ 

„Ich bin Sabrina und bin 40 Jahre jung. Es ist momentan extrem langweilig und man weiß nicht mal was man tun soll in der Freizeit. Du wirst bestimmt auch momentan das Bedürfnis haben mal wieder mit jemanden Zweisamkeit zu genießen und seine Bedürfnisse auszuleben.“

„Ich heiße Katrin, bin 33 und habe eine kleine Tochter. Viele Männer sind an diesem Punkt abgeschreckt, ich hoffe du nicht? Mach dir keine Sorge, ich suche keinen Ersatzvater oder sowas!“

Dass die Damen ein Kind deklarieren, kommt relativ selten vor. Vielleicht für Männer mit hohem Brutpflegeinstinkt. Übrigens zeigt Katrin beim Vornamen ihrer Tochter gewisse Unsicherheiten:

„Bevor du mich mit meiner kleinen Anna kennenlernst, sollten wir beide uns kennenlernen! (…) Ich könnte für das erste Treffen, Mona zu ihrer Oma bringen, dann können wir uns beide in Ruhe bei mir Zuhause kennenlernen.“ 

Was mir aber auffällt: Meine erotische Ausstrahlung scheint fast ausschließlich bei Damen in den Dreißigern zu wirken. Da bin ich schon ein wenig verwirrt. Vom Tango weiß ich schließlich, dass es ganz viele Frauen aus dem Segment 50+ gibt, die händeringend (und füßewirbelnd) einen (Tanz)Partner suchen. Aber vielleicht verfassen die keine Spam-Nachrichten…

Treuherzig wird mir oft versichert: Wie ich aussähe, sei völlig wurst. Na dann…

Wie du aussiehst ist mir wirklich egal, solange es zwischen uns harmoniert!“

„Insgesamt muss einfach nur die Chemie stimmen, da spielen Alter und Aussehen eher eine nebensächliche Rolle bei mir. Oder wie siehts du das?“

Natürlich ganz anders. Aber darauf beruht ja die Geschäftsidee: alter Sack und junges Escortgirl.

Weiterhin wohnen die Damen meist in meiner Nähe. Klar, man will Männern dieses Alters keine weiten Anfahrten zumuten:

„du wohnst in meiner Nähe und es fühlt sich einfach so richtig an dir zu schreiben“

„Ich bin in zwei Tagen bei einer Freundin und die wohnt bei dir in der Nähe.“

„Na Gerhard.. ich bin hier neu her gezogen und kenne mich nicht so gut aus.“

„Ich sehe gerade du kommst aus der Nachbarschaft, das passt ja schonmal.“

„Du bist mir doch letztens beim Edeka über den Weg gelaufen oder? Und du hast mich doch noch angeguckt?! Schade dass ich dich nicht angesprochen habe... Ich bin einfach immer so schüchtern.“

Die Edeka-Nummer kommt übrigens öfters. Klar, so einen Laden gibt es in jeder Gegend. Da muss ich die Damen aber enttäuschen: Einkaufen ist zu hundert Prozent der Job meiner Frau (so wie Wäsche waschen der meine). Sorry, kann also gar nicht sein, dass man mich dort gesehen hat!

Bei der Kontaktaufnahme zeigen die Damen ein wenig listig vorgetragene Schüchternheit:

„Hey :-) Bitte verurteile mich nicht, es ist lange her dass ich mal kontakt zu einem Mann gesucht habe ... ich war lange in einer Beziehung und manchmal habe ich das Gefühl, ich habe das flirten verlernt“

„Hallüchen :-) Das fühlt sich jetzt echt komisch an. Aber ich schreibe dir jetzt einfach mal. Ich habe sowas noch nie vorher gemacht, also Online jemandem zu schreiben den ich süß finde.“

Hey Gerhard, bitte nicht erschrecken, ich weiss du kennst mich nicht und ich würde das gerne ändern wollen! Für eine Anmache ist das gerade sehr schlecht, aber ich bin mittlerweile wirklich verzweifelt und weiss echt nicht mehr wie ich jemanden kennen lernen soll. 

„Hallo du, ich gehe da jetzt mal ganz naiv ran, was eigentlich gar nicht zu mir passt, aber du gehst mir nicht aus dem Kopf. Ich musste dich einfach anschreiben.“ 

Was natürlich gar nicht geht:

Ich habe dein Profil schon vor ein paar Tagen auf der Arbeit in der Mittagspause gesehen, wollte dir gerade schreiben da wurde ich aber abgelenkt und habe es dann vergessen.“

Also wirklich: Tussis, die mich bei der geringsten Ablenkung vergessen, kommen überhaupt nicht in Frage!

Nun aber zum Kern der Sache: Was wollen die Damen überhaupt von mir? Klar, erstmal telefonieren, spazierengehen, mich zum Essen einladen (in Corona-Zeiten natürlich an ihrem Herd). Mehr oder weniger deutlich kommt man dann aber zu dem, was Billy Wilder mal „Ringedingding“ genannt hat:

„Und wenn wir beide uns gut verstehen, darf sich auch gerne mehr entwickeln, wenn du darauf Lust hast.“

„Ob sich aus unserer Bekanntschaft eine Beziehung, eine Affaire oder vielleicht auch nur ein One Night Stand entwickelt weiß man vorher ja nie.“

„Was daraus wird werden wir ja sehen. Ich wäre dafür offen, hoffe du auch?“

„Von mir aus sehr gerne auch was unkompliziertes und unverbindliches und wir schauen einfach was sich denn daraus entwickelt :-) Ich möchte mich aufjedenfall nicht direkt in die nächste Beziehung stürzen.“

Das Versprechen der Unverbindlichkeit ist natürlich bei älteren, meist beziehungsgeschädigten Männern sehr wichtig: Die haben nämlich keine Lust, sich die nächste Klette einzufangen.

Hat die Methode Erfolg? Ich fürchte: ja. Sonst würden diese Mails nicht massenhaft versandt. Und das, obwohl zum Schluss ganz deutlich auf ein Partnerschaftsportal verlinkt wird:

„ich heisse Franzi1980 auf www.duliebstmich.de

„Sonst schreibe mir doch kurz bei Anonyme-Flirts.net dort heiße ich ‚DieSabrina‘“

„Ich heisse hier Marienchen89“

„Schreib mir mal auf Reizmich.de“

„schreib mir am besten hier bei michverlieben.de ich heiße dort LoveMom“

Was passiert, wenn man auf solchen Quark antwortet, ist absehbar: Die Reaktionen werden sich auf den Geldbeutel des Interessenten richten. Vielleicht bekommt man einen teuren Partnervermittlungs-Vertrag aufgedrückt. Oder es meldet sich eine Ludmilla aus Absurdistan, welche umgehend ihre Anreise plus Verheiratung in Aussicht stellt, falls man die 20000 Euro teure Krebsoperation ihrer Mutter zu finanzieren bereit ist.

Ob die fotogeshoppten Erotik-Bildlein wirklich etwas mit den Schreiberinnen zu tun haben, halte ich für fraglich. Eher stammen sie aus irgendwelchen geklauten Dateien. Und möglicherweise sind die Autoren nicht mal weiblich. Klar: Männer wissen besser, was Männer wünschen…

Ich habe über solche Methoden bereits berichtet:

http://milongafuehrer.blogspot.com/2020/10/als-frau-ist-mein-mann-tot.html

http://milongafuehrer.blogspot.com/2020/03/zu-schon-um-wahr-zu-sein.html

Ich begnüge mich lieber mit einer Statistik, die ich auf einer Partnerschaftsseite fand:

85 Prozent aller Frauen finden ihren Arsch zu dick, 10 Prozent zu dünn. 5 Prozent finden ihren Arsch, so, wie er ist, okay, und sind froh, ihn geheiratet zu haben.

https://www.altersvorsprung.de/sprueche-mann-frau/

P.S. Und wer die Anspielung mit dem „Ringedingding“ nicht verstanden hat: Sie stammt aus der Billy Wilder-Komödie „One, two, three“, wird dort von den Herren einer sowjetischen Handelsdelegation geäußert und bezieht sich auf das getupfte Kleid sowie Liselotte Pulver. Der Kapellmeister ist kein Geringerer als Friedrich Hollaender:


https://www.youtube.com/watch?v=JJhTZeAs8NI

Kommentare

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