Themenferner Schmonzenz

Derzeit sind auf meinem Blog wieder Kritiker der besonderen Art unterwegs: Mit dem wirklichen Inhalt meiner Artikel beschäftigt man sich meist nicht – aber man findet doch das eine oder andere Haar in der Suppe:

Beispielsweise beim Text „Volle hundert Prozent“, wo ich die Tendenz kritisiere, überwiegend knackige Schwarz-Weiß-Formulierungen zu verwenden, statt die Wahrheit mehr in der Mitte zu suchen.

Meinem Premium-Opponenten Klaus Wendel stieß auf, dass ich ein einzelnes Wort hätte rot einfärben sollen. Ich habe ihm den Gefallen getan. Einen Dank dafür erhielt ich nicht. Dafür legte der Tangolehrer noch nach:

„Sie fühlen sich aber dann oft sehr persönlich angegriffen, obwohl man Ihnen nur Ihren Schmonzenz unter die Nase reibt.“

Nun lautet der jiddische Ausdruck zwar „Schmonzes“, was soviel wie „leeres Gerede“ oder „Geschwätz“ bedeutet. Aber wir wissen ja, was gemeint war…

https://de.wiktionary.org/wiki/Schmonzes

Doris Lennart (Expertin für ironische Einzeiler) teilt mir zu meinem Artikel mit, ich fahre gerne „volle Breitseiten“ und vergleiche „Äpfel mit Birnen“. Ah so…

Ein anonymer Autor diagnostiziert „Beleidigungen“. Ganz was Neues!

Anschließend war natürlich Bambule angesagt:

„Diesen Schmarrn können Sie sich sparen. Genau DAS ist eine persönliche Beleidigung!

Ein sich „Ulf Heidenheimer“ nennender Schreiber hat meinen Stil studiert und nimmt Anstoß an der Formulierung aus einem ganz anderen Artikel: „Milongas werden häufig dilettantisch und ohne Fingerspitzengefühl organisiert.“ Es ergibt sich eine lichtvolle Diskussion, ob sich der Begriff „häufig“ nur auf „dilettantisch“ oder auch auf „ohne Fingerspitzengefühl“ bezieht. Gut, dass wir mal drüber gesprochen haben!

Weiterhin bezweifelt der Kritiker die Echtheit eines Zitats, das ich im Artikel verwendet hatte. Nachdem ich die Quelle belege, ist vorläufig Ruhe.

Auch mein Text „Vom deutschen Umgang mit Kabarettisten“ regte zu Themaverfehlungen an. Dabei ging es mir um hauptsächliche Klischees bei der Beurteilung von Satire.

Ein „T. Hunkeler“, der sich in einem anderen Kommentar „Tristan Hunkerler“ nennt, bemängelte, ich hätte in der Überschrift nicht gegendert – in Wirklichkeit müsse sie „vom deutschen Umgang mit Kabarettist/-innen“ lauten. Das man bei Titeln das erste Wort großschreibt, ist ihm wohl nicht bekannt. Na gut – wenn man schon zu blöd ist, sein eigenes Pseudonym richtig abzuschreiben…

Einem gewissen Wolf-Dietrich Frieling aus Bromskirchen war es nun danach, mir die gendergerechte Schreibung zu erklären:

„‚Die häufigste und zugleich von den amtlichen Rechtschreibregeln abgedeckte verkürzte Form der sprachlichen Gleichstellung der Geschlechter war bisher die Variante mit Schrägstrich und Bindestrich: Mitarbeiter/-innen, Lektor/-in, Buchhalter/-innen. Dabei ist zwar der Bindestrich den amtlichen Rechtschreibregeln zufolge nach wie vor vorgeschrieben, allerdings wurde und wird aus typografischen Gründen häufig auf ihn verzichtet: Mitarbeiter/innen, Lektor/in.‘ Also ist der Bindestrich nicht falsch.“

Woher der Mann das verwendete Zitat hat, gibt er nicht an. Dabei hat der Deutsche Rechtschreibrat die Verwendung von Binnenzeichen zum Gendern für unzulässig erklärt:

https://www.rechtschreibrat.com/geschlechtergerechte-schreibung-erlaeuterungen-begruendung-und-kriterien-vom-15-12-2023/

In einer weiteren Antwort ging der Autor darauf nicht mehr ein. Stattdessen versuchte er nun, mir den Begriff „Satire“ zu erklären. Natürlich nicht im Hinblick auf Dieter Nuhr (Thema des Artikels), sondern als Abrechnung mit mir:

„Nur dürfen Sie sich nicht wundern, dass Sie bei persönlichen Angriffen, trotz fehlender Namensnennung, doch sehr persönlich beleidigend wirken. Das ist dann keine Satire mehr.“

„Im Übrigen entdecke ich unter Ihren Beiträgen kaum positive Kommentare, sondern oft sehr bissige Kritik, von der Sie sich offensichtlich wenig beeindrucken lassen und Sie deshalb etwas - mit Verlaub - rechthaberisch wirken lässt. Ich lese viel in Blogs, aber im Vergleich wirkt Ihrer als das bisher unfreundlichste. Und dieser Eindruck wird durch Ihre unfreundlichen, oft zynischen Kommentare noch verstärkt und könnte so manchen Leser von einem Kommentar abhalten.“

Na, glücklicherweise hat’s ihn nicht abgehalten…

Einer „Rita Fröhlich“ schien das Gender-Thema noch nicht ausgelutscht genug:

„Sehr geehrter Herr Riedl,
unabhängig von Regeln und Empfehlungen finde ich es traurig, dass Sie eine solch antiquierte Haltung vertreten. Schade, dass Sie hier nicht modern genug sind, um die Notwendigkeit der Entwicklung von Sprache zu erkennen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie im Tanz einer Frau mit Respekt begegnen, wenn Sie dies nicht einmal im Wort fertig bringen. Ich wollte nicht mit einem solchen Entwicklungsverweigerer tanzen. Lustigerweise tun Sie hier genau das was Sie anderen vorwerfen, wenn diese nicht zu moderner Musik tanzen möchten.“

Nochmal zum Genießen: Das sind Leute, die mir vorwerfen, ich würde andere persönlich beleidigen. Selber fällt ihnen nicht mehr ein, als Menschen, welche sie überhaupt nicht kennen, als respektlose „Entwicklungsverweigerer“ zu denunzieren, mit denen man nicht tanzen wolle (auch, wenn man eventuell eh nichts auf dem Parkett unternimmt). Lecker!

Nun glaube ich nicht, bei solchen Angriffen mit Realnamen verwöhnt zu werden – außer natürlich Klaus Wendel, der sich mit bewundernswertem Mut immer wieder um Kopf und Kragen schreibt. Möglicherweise benützen solche Autoren sogar mehrere Pseudonyme hintereinander.

Es entlockt mir durchaus ein Schmunzeln, dass diese Herrschaften offenbar meine Artikel mit dem Finger an der Zeile durchforsten, um irgendwelche Widersprüche aufzudecken. Dass es sich dabei oft um Larifari handelt, nehmen sie in Kauf: Irgendwas wird schon hängenbleiben!

Die gar nicht so dumme Strategie: Man pickt sich irgendeinen nebensächlichen Aspekt meiner Texte heraus und versucht, die Rede schnell weg vom Thema auf eine Abwertung meiner Person zu bekommen. Daher beende ich solche Debatten auch früher oder später mit dem Hinweis auf den fehlenden Textbezug.

Wenn ich solche Kommentare beantworte, dann sicher nicht in dem Bemühen, diese Leute zu überzeugen. Durch meterdicke Bretter vorm Kopf kann ich nicht dringen. Ich habe dabei die übrigen Lesenden im Blick (derzeit zirka 900 täglich), denen ich auf diese Weise Gegenargumente liefern möchte.

Lustig finde ich übrigens den Vorwurf, ich würde immer wieder über dasselbe schreiben. Ich meine, das trifft vor allem auf die Mantras solcher Kritiker zu: „Wieder Spruch statt Widerspruch“.

Was mich stark tröstet. Das Bemühen, möglichst schnell vom eigentlichen Thema wegzukommen, resultiert wohl daraus, dass man mir in der Hauptsache nicht viel entgegenzusetzen hat.

Nicht nur Politiker versuchen bei unangenehmen Fragen, von der Sache wegzukommen – mit irgendeinem „Schmonzenz“!

P.S. Zum jüdischen Humor:

https://www.youtube.com/watch?v=QsemdZBzjLQ

Kommentare

  1. Hallo Herr Riedl,
    
aus meiner Sicht hat Frau Fröhlich vollkommen recht.
Ich bin zwar keine Frau, habe aber bemerkt, daß ich mir mit meinem Geschlecht unsicher bin, was sich auch darin zeigt, dass ich am liebsten in der folgenden Rolle tanze. Im Moment bin ich noch auf der Suche nach den richtigen Pronomen für meine Person.
 Deshalb würde ich mich auch weniger ausgeschlossen fühlen, wenn Sie Ihre Überschrift entsprechend abändern würden.
Mit freundlichen Grüßen,


    Marco Hübner

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    1. Lieber Marco Hübner,

      ich nehme an, Sie sind Kabarettist? Auf diesen Berufsstand bezog sich nämlich mein Artikel. Genau genommen auf Dieter Nuhr – und der fühlt sich nachweislich als Mann.

      Es ist also wohl völlig unnötig, sich hier angesprochen zu fühlen. Bei Ihrer Selbstfindung wird Ihnen mein Blog nicht helfen, Sie allerdings auch in keiner Weise behindern. Mir ist es nämlich total egal, welchem Geschlecht sich meine Leserinnen und Leser zugehörig fühlen. Mir sind alle recht.

      Aber im Zweifel können Sie sich ja an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes wenden. Vielleicht springt ein kleines Bußgeld für Sie raus.

      Mit besten Grüßen
      Gerhard Riedl

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  2. Wold-Dietrich Frieling12. Juni 2024 um 13:34

    Verehrter Herr Riedl,
    In diesem Artikel bestätigen Sie genau das, was ich in meinem Kommentar gemeint habe: Sie diskreditieren Kommentatoren, unterstellen Ihnen falsche Namen, und wenn jemand seinen realen Namen angibt, schreibt er sich um Kopf und Kragen. Dann schreiben Sie auch noch Artikel wie diesen, in dem sich dieser Blog um sich selbst dreht. Sie sollten sich auch nicht wundern, wenn Kommentare in Zukunft unterbleiben.
    Was ist das für ein Umgang auf Reaktionen ihrer Artikel. Die selbst legen Wert auf korrekte Rechtschreibung, monieren Rechtschreibfehler und wenn jemand Sie bei Ihrer unhöflichen Fehlerkorrektur spiegelt, unterstellen Sie ihm Nebelkerzen. (Die Quelle meiner Richtigstellung ist übigens der Duden.) Allein schon, dass Sie wie ein Deutschlehrer Rechtschreibung bei Kommentatoren einfordern, ist unhöflich. Oder machen Sie das privat auch, wenn Sie Gäste zum Essen einladen? Ich habe bisher auf keinem anderen Blog einen dermaßen anmaßenden und überheblichen Umgang mit Kommentatoren erlebt. Sind in der Tangogemeinde alle Menschen so unfreundlich? Oder ist es nur der allgemein feindselige Umgang in sozialen Medien, der momentan zu beobachten ist? Dass unter sehr vielen Beiträgen solche kritische Kommentare über Ihren Umgang zu finden sind, müsste doch normalerweise einem reflektierten Menschen zu denken geben.
    Mit etwas zurückhaltend freundlichen Grüßen
    Wolf-Dietrich Frieling
    PS. Da offensichtlich Facebook Ihr einziger Quellennachweis zur Recherche von Realnamen zu sein scheint, werden Sie mich dort auch nicht finden. Dort bin ich aufgrund schlechter Erfahrungen vergleichbar auf Ihrem Blog ausgestiegen.
    Damit verabschiede ich mich, in Erwartung eines Eseltritts, den Sie sich sicherlich nicht verkneifen können.

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    1. Lieber Herr Frieling,

      Sie haben völlig recht: Dieses Blog beschäftigt sich gelegentlich mit sich selbst. Das muss natürlich Kommentatorinnen und Kommentatoren (puh…) nerven, die meinen, die Welt habe sich vor allem um sie zu drehen.

      Dass mir hier öfters falsche Namen angedient werden, ist eine Langzeiterfahrung. Und nein, es gibt auch viele Zuschriften unter Realnamen, die keinen Quatsch verzapfen. Oft kenne ich die Leute sogar persönlich. Ich überprüfe Namen nicht via Facebook, sondern mit Google. Bei einer bestimmten Ausführung von Kommentaren gibt es nie einen Treffer. Seltsam, oder?

      Den Begriff „Nebelkerzen“ habe ich übrigens nie verwendet – ist ein Lieblingsausdruck von Klaus Wendel.

      Rechtschreibfehler sind für mich kein Anlass zur Kritik – außer sie passieren Personen, welche besonders gescheit daherreden. Dann ist die nötige satirische Fallhöhe erreicht. Allerdings zeugt es schon von Respekt, sich um ein korrektes Deutsch zu bemühen. Das macht das Lesen schlichtweg leichter.

      Sie sind hier von vornherein damit eingestiegen, mein Blog und mich persönlich mit netten kleinen Gemeinheiten zu versorgen. Daher haben Sie nicht den mindesten Grund, nun den Moralischen zu kriegen.

      Ich wünsche Ihnen, dass Sie Blogs finden, die Ihren hohen Qualitätsansprüchen genügen.. Facebook hat es ja schon mal nicht geschafft. Und ich fürchte, meine Seite wird es auch nicht hinkriegen. So ungerecht ist die Welt!

      Schöne Grüße
      Gerhard Riedl

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    2. Fehlender Themenbezug und unangemessene Wortwahl

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  3. An Gerhard: da ist keine Spur von Ironie, als ich schrieb, dass Sie gerne volle Breitseite fahren.....da sind Ihnen die Aepfel und Birnen durcheinander gekommen....
    An Wolf-Dietrich Frieling: in der echten Tango-Welt sind viele freundliche, offene Menschen unterwegs - wirklich. Auch wenn man im Internet leicht einen anderen Eindruck gewinnt.
    Beste Gruesse, Doris Lennart (Die gerade keine Lust hat, das Wesen der Ironie zu eroertern. Und auch nicht ueber die Abgrenzung von 'justiziabel', 'Moral' und 'Anstand').

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    1. Worauf Sie keine Lust haben, ist mir inzwischen hinlänglich bekannt. Das Gegenteil nicht.
      Die Charakteristik "Expertin für ironische Einzeiler" war eine allgemeine. Übrigens feuert man gemeinhin "volle Breitseiten" ab (siehe Kriegsschiffe), beim Fahren wird das etwas schwierig...

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