Tango-Tipps vom Liebescoach

Meine Frau machte mich heute auf einen kürzlich erschienenen Artikel im „Stern“ aufmerksam. Eine Frau Dr. Julia Peirano führt dort eine regelmäßige Kolumne unter dem Titel „Der geheime Code der Liebe“. Na gut, allzu geheim dürfte der durch die Veröffentlichungen nicht mehr sein…

Was die satirische Fallhöhe des Ganzen garantiert: Die Diplompsychologin Dr. Peirano arbeitet als Verhaltenstherapeutin und „Liebescoach“. Hieß sowas nicht einst „Dr. Sommer“?

https://www.julia-peirano.info/%C3%BCber-mich/

Hier das konkrete Problem eines Lesers: Seine Freundin Eva, so schreibt er, tanze seit zehn Jahren intensiv Tango argentino – und er fühle sich mulmig dabei. Vor allem, weil sie häufig international unterwegs sei und ganze Wochenenden auf Festivals und Encuentros verbringe. Da liege er oft nachts wach, weil er sich vorstelle, wie seine Eva gerade mit fremden Männern tanze. Nicht schön sei es auch, wenn sie nach einer Milonga zu ihm in Bett komme und nach anderen Typen rieche.

Nebenbei: Könnte da eine Dusche nicht helfen?

Eva hat Verständnis für die Eifersucht ihres Freundes, lässt aber keinen Zweifel daran, beim Tango zu bleiben. Sie hat ihm angeboten, mal mitzukommen oder sogar selber einen Tangokurs zu belegen. Das lehnt er jedoch ab: Er sei kein Tänzer – und wolle auch nicht sehen, wie seine Freundin in den Armen von anderen dahinschmelze.

Er möchte ihr aber den Tango nicht verbieten, da er ihre große Leidenschaft sei – so wie seine als Musiker am Schlagzeug einer Band. Wie könne er das Dilemma lösen?

Na gut, bei Musikern soll es weibliche Groupies geben, welche den Kerlen auf der Bühne nicht nur ihr Ohr schenken wollen…

Dr. Peirano antwortet sehr ausführlich und zeigt dabei intime Kenntnisse zum Tango. Ob sie den auch selber tanzt?

Der Tango, so schreibt sie, sprenge in vieler Hinsicht den normalen gesellschaftlichen Rahmen, da zwei Menschen sich ohne Vorgeplänkel intensiv in den Armen halten und Wange an Wange, Lippen am Ohr des anderen (wenn das mit der Größe hinhaut) miteinander sich zur Musik bewegen.“

Na ja, ganz so eng muss es ja nicht unbedingt sein, wenn man mehr als Encuentro-Schrittelein tanzen möchte…

Beim Lebenspartner entstünden leicht gewisse „Horrofantasien“, die sie so beschreibt:

„Die Freundin geht tanzen, trifft einen besonders attraktiven Mann, tanzt den ganzen Abend nur mit ihm und dann geht sie mit ihm ins Bett - oder verliebt sich.“

Sorry, ich halte das vor allem für eine „Horror-Alternative“

Aber schließlich gebe es in jeder Tango-Community feste Regeln, welche das Miteinander und dessen Grenzen bestimmten. Beispielsweise, dass man mit vielen Partnerinnen und Partnern tanzen solle und sich so die Romanze auf den Zeitraum einer Tanda beschränke. Rangehen sei ebenso zu erlernen wie Loslassen. Und routinierte Tanzende hätten sich an das erotische Grundrauschen und die plötzliche Nähe mit Fremden gewöhnt“ und blieben dabei gelassen.

Klar gehe es um auch um Sinnlichkeit und Erotik – Tango sei aber kein „Freifahrtschein für Sex“, auch wenn das manche so handhabten. Aber dies könne in anderen Lebensbereichen ebenso vorkommen.

Wichtig sei, darüber zu reden, was beim Tango wirklich vorgehe – und den anderen in Terminplanungen einzubeziehen statt ihn zu übergehen. Und sich über die jeweiligen Wertvorstellungen zur Treue auszutauschen.

Hier der gesamte Artikel zum Nachlesen:

https://www.stern.de/familie/beziehung/julia-peirano/j--peirano--meine-freundin-tanzt-intensiv-tango---und-ich-fuehle-mich-mulmig-dabei-33386622.html

Insgesamt finde ich die Ratschläge der Psychologin recht vernünftig – sie zeugen von profundem Insider-Wissen über den Tango.

Ich glaube auch, dass die überwältigende Mehrheit der Gäste auf einer Milonga nicht auf Partnerjagd ist. Eher geht es ganz allgemein um Geselligkeit und sozialen Austausch – und manchen sogar ums Tanzen.

Sicherlich gibt es einige Männer – und deutlich weniger Frauen – mit weitergehenden Absichten. Nur blöd, dass diese ja öffentlich erkennbar sind und solche Leute meist keinen besonders guten Ruf haben. In der Szene spricht sich dann sehr schnell herum, wer mit wem, und worum es geht. Da existieren weit diskretere Möglichkeiten zum Abschleppen.

Wo ein Wille ist, findet sich auch ein Gebüsch – aber das steht auf der Piste nicht zur Verfügung.

Zudem sollte man seinem Partner ein gewisses Niveau zubilligen, welches ausschließt, sich von einem schmierigen Tangoschwengel beeindrucken zu lassen! Und ehrlich: Bei den heutigen Verhältnissen ist da nicht viel zu holen. Den Typus „reicher Millionenerbe“ oder „vermögende Zahnärztin“ findet man eher im Yachtclub als auf einem Tangofestival! Vorwiegend gerät man an die Kategorie „geschieden und alleinerziehend“ oder „verlassen plus Unterhaltsverpflichtungen“. Da muss man eher Geld mitbringen…

Außerdem sollte man das Durchschnittsalter auf den Milongas bedenken, welches nicht dem Reklame-Image des „verführerischen Vamps“ oder des „feurigen Liebhabers“ entspricht. Eher sind da Hitzewallungen in der Menopause respektive Prostata-Erkrankungen angesagt.

Daher kann ich dem Fragesteller nur raten, sich einmal ein wenig auf meinem Blog umzusehen, wo es ja nicht nur Texte, sondern auch Videos gibt. Insbesondere die Tanzszenen auf den realen Milongas schließen eine Anfachung der Libido völlig aus!

Im Zweifel kann man sich natürlich auch von Dr. Peirano beraten lassen:

„Wir helfen Ihnen mit einem speziell auf Sie abgestimmten Coachingpaket, sich im Dschungel der Liebe zu orientieren und Ihren eigenen Weg durch das Dickicht der Gefühle zu finden.“  

https://www.julia-peirano.info/liebescoaching/

Ich würde ja beim Tango statt vom Dschungel eher vom Kahlschlag reden!

Was mich jedoch ins Grübeln bringt: Braucht man heute für die Liebe einen Coach? Na gut, es gab ja sogar für den Cabeceo schon Seminare…

Dennoch schließe ich mich dem Kommentar einer Tangofreundin an, der ich heute von der Sache erzählte:

„Liebescoach? Mir g’langt a Optiker!“

Hier findet man noch weitere Artikel der Autorin:

https://www.stern.de/familie/beziehung/julia-peirano/

P.S. Inzwischen gibt es sogar schon Coaches, die vor dem Coaching warnen:

https://www.youtube.com/watch?v=OWYRKvD7QPc

Kommentare

Hinweis zum Kommentieren:

Bitte geben Sie im Kommentar Ihren vollen (und wahren) Namen an und beziehen Sie sich ausschließlich auf den Inhalt des jeweiligen Artikels. Unterlassen Sie herabsetzende persönliche Angriffe, gegen wen auch immer. Beiträge, welche diesen Vorgaben nicht entsprechen, werden – ohne Löschungsvermerk – nicht hochgeladen.
Sie können mir Ihre Anmerkungen gerne auch per Mail schicken: mamuta-kg(at)web.de – ich stelle sie dann für Sie ein.