Liebes Tagebuch … 61

 

Mein letzter Artikel enthielt zwei gute Nachrichten – keine gute Voraussetzung in pandemischen bis panischen Zeiten. Mir ist er dennoch sehr wichtig, obwohl ich vorausahnte, was auch eintrat: Er wurde deutlich weniger gelesen als der Durchschnitt. Tja, die Menschen wollen halt Katastrophen und Krawall

Anstatt etwas Konstruktives zu unternehmen oder wenigstens Tröstliches zu veröffentlichen, macht man die Mitmenschen lieber nieder – und mit der Corona-Keule besitzt man heute ja ein wuchtiges aktuelles Schlaginstrument. 

Auf meinem Blog werde ich nur dann persönlich, wenn es gar nicht anders geht. Was ich aber neulich auf Facebook las, finde ich derartig schlimm, dass ich die Namensnennung in Kauf nehme.

Beim Münchner Tangotänzer Joachim Beck bin ich vor langer Zeit schwerstens in Ungnade gefallen. Den genauen Grund kenne ich nicht. Wahrscheinlich hat er sich gewaltig geärgert, dass ich in etlichen Artikeln die Tangoszene seiner Stadt kritisch beleuchtet habe – übrigens meist anlässlich heftiger Facebook-Keilereien der dortigen Vertreter, in welche ich meist gar nicht involviert war. Und es dann gewagt habe, sein Gepolter und das anderer zu zitieren. Vor mehr als einem Jahr identifizierte mich Herr Beck dann als Corona-Leichtfuß, weil ich vor der Panik warnte, welche er schürte.

Wer möchte, kann einiges davon hier nachlesen:

http://milongafuehrer.blogspot.com/2020/03/zwischen-pest-und-klopapier.html

http://milongafuehrer.blogspot.com/2020/04/they-never-come-beck.html

http://milongafuehrer.blogspot.com/2020/09/der-beck-als-gartner.html

http://milongafuehrer.blogspot.com/2020/03/narzissten-und-panik-quarantane.html

Auf fremden Facebook-Seiten muss ich daher immer gewärtig sein, dass der Tangokollege kräftig über mich herzieht, wenn ich mich äußere oder auch nur ein Artikel von mir verlinkt wird. Ohne verbale Grobheiten geht das selten ab.

Als ich am 20.4. auf Thomas Kröters Blog erwähnte, ich würde immer wieder eigene  Beiträge (im Februar 2020 zirka 60) auf meinem Blog löschen, die mir überholt erschienen oder nicht mehr gefielen, kommentierte das Joachim Beck so:

„Ein anderer Tangoblogger, der völlig unbedarft bekennt, dass ihm 60 seiner Ergüsse inzwischen so peinlich sind, dass er sie lieber ausradiert. Und der das auch noch als Auszeichnung empfindet, in den Jahren so viel Blödsinn verbreitet zu haben, dass es auf die 60 mehr oder weniger auch nicht ankommt.

Es gehört eine Menge Mut dazu, sich in der Öffentlichkeit so zu entblößen. Chapeau!“

Ich stellte daraufhin richtig, dass es sich bei den gelöschten Beiträgen meist um termingebundene Texte (oft Einladungen) handelte und nicht etwa um Artikel, die mir inzwischen „peinlich“ seien. Herr Beck schrieb dann irgendwas von einer Eiche und einer sich an ihr kratzenden Sau.

Wohlgemerkt: Und das von einem traditionellen Tangotänzer, dem die direkte Aufforderung einer Frau wahrscheinlich als Zudringlichkeit erscheint…

Nun gut, die üblichen Facebook-Grobheiten… Was ich aber neulich (18.4.) auf der FB-Seite des Berliner Tangofreunds Tom Opitz las, erschien mir so ungeheuerlich, dass ich nicht darüber hinweggehen möchte.

Obwohl das Thema bei solchen Debatten nur eine Statistenrolle spielt:

Tom Opitz verlinkte einen Artikel, in dem von einer jungen Ärztin die Rede ist, welche angeblich ein neues Corona-Medikament entdeckt hat. Sie beklagt sich, dass dies keinen interessiere. 

Ein Kommentator, offenbar Intensivmediziner auf einer Corona-Station, war skeptisch: Die angesprochene Studie sei wenig aussagekräftig, weitere Untersuchungen nötig. Darauf der Journalist Joachim Beck mit seinem Standardargument: Der andere kapiere nichts.

Das ist doch Unsinn. Du hast keine Ahnung, wie solche Studien entstehen.“ „Dieser erste Satz im Post von (…) spricht nicht eben dafür, dass er eine Ahnung hat, wie Studien entstehen.“

Tom Opitz versuchte es mit einem Appell: 

„Du hast ja sooo oft rein sachlich recht, lieber Joachim, aber warum bist du verbal dabei oft sooo grob?“ 

Ich hätte eine Vermutung: Weil man es ihm durchgehen lässt. Bitten um Mäßigung sind für solche Herrschaften (ich gendere hier bewusst nicht) nur ein Anreiz, noch einen draufzulegen. So auch in Joachim Becks direkter Antwort: 

Ich bete jeden Tag, bevor ich an den Computer gehe: Herr, gib mir Geduld und Demut - aber keine Kraft. Hätte ich Kraft, würde ich ihnen in die Fresse hauen. Ich kann Dir gar nicht sagen, wie mich diese querulanten ahnungslosen Besserwisser ankotzen, die ohne langes Nachdenken irgendeinen Mist raushauen, der keine Sekunde Denken überlebt.“

Ich finde, hier ist nun endgültig eine rote Linie überschritten. Solche Gewaltfantasien zu bedienen, kann man auch mit Satire nicht mehr rechtfertigen. Ich bin froh, nicht zum persönlichen Umfeld von Herrn Beck gehören zu müssen – da hätte ich wirklich Angst um meine physische Unversehrtheit.

Was mich dabei aber ärgert, ist nicht der Urheber solch unsäglicher Ausdrucksweisen, mit denen der nun schon jahrelang das Internet verwüstet. Es gibt halt Menschen, für die „Würde“ lediglich ein Konjunktiv ist. Nur muss man denen nicht auch noch eigene Accounts für ihre Hetzereien zur Verfügung stellen.

Ich kenne meinen Tangofreund Tom Opitz seit vielen Jahren als einen freundlichen, zugewandten und toleranten Tanguero. Warum er nicht den Mumm aufbringt, solche Kommentare zu löschen respektive den Urheber bei Wiederholung zu sperren, verstehe ich zwar, kann es aber nicht gutheißen. Genau diese Zögerlichkeit und falsche Toleranz macht Hate Speech im Internet möglich und lässt ihn immer weiter eskalieren. 

Man will um Gottes Willen nicht als jemand gelten, der „Zensur“ ausübt – und begreift nicht, dass man so den Verbalradikalen Tür und Tor öffnet. Man kann mit toxischen Menschen nicht diskutieren, weil ihnen dafür eine wichtige Grundvoraussetzung fehlt: Empathie.

Typisch deutsch finde ich es, bei diesem Problem mal wieder nach dem Staat zu rufen. Dabei hätten wir es doch selbst in der Hand: Mit zwei Mausklicks wäre das beseitigt, was manche für Meinung halten.

Quellen:

https://ww.facebook.com/thomas.kroter.5

https://www.facebook.com/tom.opitz.77

Hier sicherheitshalber noch einige Anregungen für Kommentatoren dieses Artikels:

  

https://www.youtube.com/watch?v=CnNNKb-wzag

P.S. Nach einem (natürlich öffentlichen) sprachpolizeilichen Hinweis des Bloggers Thomas Kröter habe ich das böse Wort Brunnenvergifter" selbstverständlich durch ein anderes, weniger vorbelastetes ersetzt. Dass Kröter auf den eigentlichen Inhalt meines Textes eingehen würde, habe ich nicht erwartet.

Kommentare

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