Gleichberechtigung von Berlin bis Passau
Mein
Artikel „Eine Karikatur des Patriarchats“
hat im Netz ein wahres Beben verursacht – spätestens, als der Berliner Tangokollege
Thomas Kröter ihn auf seiner
Facebook-Seite teilte: 113 Kommentare sind dort inzwischen eingegangen.
Dabei
hatte ich lediglich einen Artikel in der
„New York Times“ besprochen, der von (nicht wenigen) argentinischen Frauen berichtet, denen der strukturelle Machismo im
dortigen Tango nicht schmeckt – was sie auch an den berühmten „Códigos“ festmachen. Angesichts des
Weihrauchs, den man in unserer Szene immer noch über Buenos Aires schwenkt, hielt ich den Bericht für interessant genug.
In
der Folge wurde ich von den üblichen
männlichen Verdächtigen der Berliner Tangoszene für alles haftbar gemacht,
was argentinische Frauen am Tango stört. Und es entspann sich die
branchenübliche Debatte über Mirada
und Cabeceo, die ja angeblich seit
vielen Jahren im hiesigen Tango bestens bewährt und unumstritten sind.
Insbesondere
zog ich mir den Zorn eines in Berlin weilenden Musikers und Tangolehrers zu,
dem nun aber auch wirklich nichts einleuchtete. Nachdem er mich nicht
überzeugen konnte, traf mich gestern die hispanische Verfluchung des Pablo Fernandez Gomez:
„Gerhard Riedl, ich
habe leider deinen Artikel gelesen... traurig... peinlich... lächerlich... kann
mich nicht für ein Wort entscheiden!! Wie schon viele da herum sagen: ‚Der ist
nur einer der nichts mehr zu tun hat und will noch glauben dass er etwas noch
zu beitragen hat... zwar online...‘. Kein einziges Argument dass man nicht ganz
leicht abreißen könnte. Also ich hatte recht! Du hast keine echten Argumente!
Danke, dass du es uns allen gerade aufgeklärt hast ;) (….) Es tut mir irgendwie
auch leid... es ist etwas traurig dass jemand mit den Jahren so wird, oder
warst du immer so? ... Trotzdem verstehe ich, dass du nichts mehr zu tun hast.“
Das
Muster ist immer wieder das gleiche:
Nur nicht über die Sache
diskutieren, sondern den Inhaber einer abweichenden Meinung kräftig niedermachen! Aber ich verstehe
schon: Hier geht es vor allem ums Materielle:
So man in dieser Branche Geld verdienen will (oder muss), verliert man
eventuell weibliche Kundschaft, wenn auf Benachteiligungen von Frauen
hingewiesen wird. Ganz schlecht fürs Image und G’schäft…
Bei
der Gelegenheit: Bei dem ganzen Geschwobel um die „Tangokultur“ sollten wir bedenken, dass uns da aus Lateinamerika
eine gerüttelte Portion Frauenfeindlichkeit
und Intoleranz entgegenschwappt.
Ich habe längst davon berichtet:
Auch eine Dame aus dem Umfeld des Herrn vertrat
diese Linie.
Lidia Anna: „Als Feministin finde ich vor allem sehr diskriminierend, dass
schlechte Tänzerinnen in einer Milonga nicht aufgefordert werden! Das sollte
per Gesetz reguliert werden. Gleiches Recht für alle! (…) Genau, lass uns das
alte müffige Tango System stürzen! Auf die Barrikaden! (…) Und warum soll sich
eine Frau mit den hochhackigen Stilettos stundenlang abplagen, nur um die
weiblichen Attitüden zu unterstreichen während die Machos bequeme flache Schuhe
tragen? Geschlechtsneutrale Birkenstock Tangolatschen sollte es geben!“
Und
Christian Paschen meinte:
„Birkenstock löst bei
ästhetischen Männern gesunde Fluchtreflexe aus...“
(Quelle:
Post vom 8.10.19)
Na,
das wird ja dann nicht viele belasten…
Ganz
aus war es, als meine Tangofreundin Manuela
Bößel zum gleichen Thema einen Artikel veröffentlichte.
Der
Mexikaner Augusto Tomas („The
Mystical Embrace“) schrieb über sie (von mir übersetzt):
„Sie scheint es nicht
zu mögen, die Kraft der weiblichen Energie zu nutzen und würde es vorziehen,
die Kraft der männlichen Energie zu nutzen. Vielleicht wird sie im nächsten
Leben endlich ein Mann sein, der ihren Tango genießt.
Für diejenigen, die
Tango für ein Gefühl halten, besteht das schlimmste Gefühl, das ein Mann im
Tango haben könnte, darin, mit einer Frau voller männlicher Energie zu tanzen,
weil es wie ein Magnet ist, dass sich dieselben Pole im Kontakt gegenseitig
abstoßen. (…)
Ich schätze es, wenn
eine Frau mit männlicher Energie, aber mit ihrem sechsten Sinn sich aktiv
weigert, mit mir zu tanzen, weil es uns beiden hilft, eine schlechte
Tanda-Erfahrung zu vermeiden.“
(Quelle:
Post vom 13.10.19)
Als
Illustration fügte er noch Bilder von Stabmagneten
bei, bei welchen sich natürlich nur der Nord- und Südpol anziehen.
Ich schrieb dazu:
„Ist
doch schön, dass man hier das alte Suffragetten-Argument exhumiert: Solche
Ansichten haben nur Mannweiber! Da ich mit der Autorin öfters Tango tanze, darf
ich versichern, dass ich dabei keinerlei Mangel an weiblicher Energie bei ihr
verspüre. Das liegt bei mir vielleicht auch daran, dass ich mir die Beziehungen
zwischen den Geschlechtern nicht auf der Basis von Stabmagneten erkläre.“
Na eben: Vermännlichte
Frauen, Birkenstock-Latschen –
da hätten wir doch wieder alles beisammen… Soll doch jeder auffordern, wie er
will, solange er mir keine Vorschriften macht! Aber was bei solchen Themen an steinzeitlicher Weltsicht aus benebelten Männerköpfen wabert, ist
schon entsetzlich. Aber wie wir an den Zugriffszahlen sehen, interessiert das Thema sehr viele - und jede(r) darf sich seine (bzw. ihre) eigenen Gedanken machen.
Zufällig stieß ich zur gleichen Zeit auf ein Video von Olena Fluyerar, die immer wieder
Originaltöne von Tango-Repräsentanten sammelt. Diesmal hatte sie den Passauer DJ Elmar Werres (Alma Milonguera) interviewt. Zum Thema „Kommunikation
im Paar” sagt er:
„Ich habe die
Tendenz, in die Musik zu gehen, ich möchte tief in die Musik eintauchen. Und
ich fühle mich verantwortlich dafür, die Musik zu interpretieren. Und so ist
auch der Grundgedanke im Tango gewesen, das heißt, der Herr interpretiert, was
er hört, und führt es, und die Dame folgt ihm, und es wird dann eine Einheit:
Folgende, Führender und Musik.
Es ist aber auch so,
dass die Damen sich natürlich auch sehr auch leicht in gute Regionen entwickeln
können und die Musik auch sehr wohl hören und auch sehr wohl interpretieren
können. Da gibt es dann Möglichkeiten, ihnen Raum zu geben, den sie sich auch
selber… sie können auch Signale geben – ich hätte jetzt gern mal Raum, ich
würde gerne was machen. Das kann man spüren und man kann ihnen den Raum geben
oder ich kann ihnen den Raum auch anbieten an verschiedenen Stellen.
Und es ist sehr
spannend dann, wenn das eine Einheit wird auch, was dann zurückkommt – sehr
interessant, sehr schöne Tänze, die da möglich sind.
Aber: Ich gebe es
keiner Dame, die… diesen Raum gebe ich keiner Dame, die nicht im Großen und
Ganzen alle meine Führungssignale richtig versteht – und wo ich auch merke,
dass sie die Musik… das mag jetzt arrogant klingen, aber ich bin auch Disc
Jockey geworden … Tango DJ geworden, weil ich natürlich tief in der Musik bin
und die Musik sehr gut kenne und die Instrumente höre und auch die Musiker
meistens auch kenne – die großen Solisten beispielsweise, die großen Virtuosen
– und wenn ich merke, die Dame, die kann jetzt mit den Sachen… die meint
vielleicht, sie kann damit was anfangen, aber dem ist nicht so, in meinen
Augen, dann kann ich ihr den Raum nicht geben, es ist für mich kein
interessanter Tanz dann.“
Fassen
wir kurz zusammen:
Die
Gesamtkontrolle über einen Tanz,
insbesondere die Entscheidung, wie die Musik letztlich zu interpretieren sei,
obliegt dem Manne. Der kann der
Partnerin schon bestimmte Freiräume
anbieten – aber nur, wenn sie seine Führung „richtig“ versteht und zu seiner
Zufriedenheit tanzt. Wenn nicht, dann nicht! Schließlich verfügt er über das überlegene Fachwissen.
Mag
das nun arrogant klingen? Aber nein,
nur völlig bescheuert. Aber eventuell kann man so tief in den Tango eintauchen,
dass die Sauerstoff-Versorgung…
Ach
ja, Herr Gomez, weil sie doch
neulich gefragt haben:
„Also...
wie genau diskriminiert man eine Frau in einer Milonga? (…) Aber es
interessiert für mich, WAS GENAU ist diese Diskriminierung, und bis jetzt habe
ich hier nichts Konkretes gelesen.“
Na,
vielleicht dann jetzt?
Pablo Fernandez Gomez hat meinen Artikel auf Thomas Kröters FB-Seite kommentiert. Da er sich offenbar nicht traut, dies auf meinem Blog zu unternehmen, zitiere ich ihn hier:
AntwortenLöschen„Hey Gerdi, Langeweile wieder? Herr Gomez meldet sich.
1. So weit gehen deine Recherchierungen dass du Lidia wie meine Tanzpartnerin vorstellst? Alle wissen wer meine Tanzpartnerin, nur du nicht.
2. Die Kommentare die du da schreibst sind nicht zusammenhängend. Versuch es noch einmal. Du kannst das sicher besser ;)
3. Ganz aus war es NICHT, als deine Tangofreundin Manuela Bößel zum gleichen Thema einen Artikel veröffentlichte. Prüf nochmal die Diskussionen auf Facebook.
4. Wie soll man dich ernst nehmen wenn du so viele Fehler machst und die Reihenfolge der "Facebook" Diskussionen änderst?
5. Wenn alles in Tango so schlecht ist. Warum gehst du nicht einfach lieber weg? Weiss nicht... vielleicht Salsa tanzen oder Kizomba... keine Ahnung, da wo es Gleichberechtigung gibt?
6. Hast du dich mal gefragt ob du vielleicht angefangen hast Probleme zu suchen die es gar nicht gibt? Vielleicht weil du sonst keine Themen zum schreiben hast?“
Zu 1.: Ich habe den Text inzwischen geändert. Im Gegensatz zu meinem Kritiker kann ich Fehler zugeben.
Zum Rest sage ich gar nichts, das ist nicht mein Niveau. Da müsste ich mich ständig bücken…
Ad 5: Beim Tango gibt es demnach keine Gleichberechtigung? Gehts noch??
LöschenTja... aber ich glaube nicht, dass der Herr generell weiß, was er da schreibt.
LöschenLieber Gerdi. Es ist nicht dass ich mich nicht traue in deinem Blog zu kommentieren, es ist nur dass es dort niemand wirklich liest! Auf Facebook kommt es viel weiter. Noch sollst du wissen, dass ein Post auf Facebook von deinem Beitrag bring mehr Aufmerksamkeit als nur in deinem Blog. (Traurig aber wahr.) Du solltest dankbar sein dass jemand das hier teilt. Es ist immerhin ein Grund für uns um Spaß zu haben und lachen.
AntwortenLöschenPS: Damit du stolz drauf sein kannst, heute und noch für viele Jahre: Pablo Fernandez Gomez wird dieses Kommentar auf dein Blog gleich kopieren. So musst du das nicht selbst machen und hast du etwas zum erzählen! Hey, das passiert nicht jeden Tag . Ich schenke dir den Pokal, lieber Gerdi! Du hast das verdient und heute kannst du ruhig schlafen. Ich bin stolz auf dich. 😘
Ich lasse das einmal so stehen, damit sich meine Leser über die Machart solcher Attacken informieren können. Auf Thomas Kröters FB-Seite gibt es noch mehr davon. Weitere Beiträge dieses Herrn würde ich allerdings nur noch veröffentlichen, wenn sie den Kommentar-Regeln dieses Blogs entsprechen.
AntwortenLöschenHi Gerhard,
AntwortenLöschenden Kommentar von Lidia Anna find ich seltsam. Sie will also gesetzliche Regelungen, damit auch Frauen, die sich unattraktiv gemacht haben, auch aufgefordert werden und die Männer mit Ihnen tanzen müssen?
Hab ich sie da richtig verstanden???
Ciao, Robert. Und vermutlich bis Sonntag ;-)
Na ja, sie wollte wahrscheinlich eine Satire schreiben...
LöschenBis dann und schöne Grüße!