Bewerbungsbedingungen für mein Blog
„Übertreibt die Satire? Die Satire muss übertreiben und ist ihrem tiefsten Wesen nach ungerecht. Sie bläst die Wahrheit auf, damit sie deutlicher wird, und sie kann gar nicht anders arbeiten als nach dem Bibelwort: Es leiden die Gerechten mit den Ungerechten.“
(Kurt Tucholsky: „Was darf die Satire?“, 1919)
Alles andere wäre doch Zeitverschwendung!
(Kurt Tucholsky: „Was darf die Satire?“, 1919)
Sehr
geehrte Interessenten,
derzeit
werde ich wieder einmal mit einer Vielzahl von Wünschen konfrontiert, in meinem
Tangoblog zu landen oder davon auf
jeden Fall verschont zu bleiben:
Auf
der einen Seite erreicht mich (nach der Wiedereröffnung meiner
Kommentarfunktion) erneut trolliger Müll,
welcher darüber aufklären möchte, auf welcher Stufe der Inkompetenz sowie charakterlichen
Verwahrlosung ich mich befinde.
Sorry,
liebe Schreiber, beides ist mir und meinen Gegnern längst bekannt und hat somit
keinen Neuigkeitswert! Und wenn ihr
meine Kommentarbedingungen ignoriert,
müsst ihr leider draußen bleiben. Aber es geht euch ja nach eigenem Bekunden
eher darum, mir mal persönlich die Meinung zu sagen – und wenn ich den Beitrag
dann nicht veröffentliche, sei das
ja ein Beweis dafür, wie sehr mich
das getroffen habe, was ihr für „Kritik“
haltet. Na prima, dann passt es doch!
Wenn
sich in Facebook-Gruppen die „achtsamen“
Tangomenschen wieder einmal in die Haare kriegen, wird schnell die Frage
laut, ob der (oder gar das) Riedl denn noch keinen Text dazu verfasst habe. Als ich dies einmal wegen des zu
privaten Inhalts ablehnte, reagierte man enttäuscht bis beleidigt.
Auch
Anregungen, einen Unsympathen sozusagen stellvertretend
für den Ärgernis-Inhaber niederzumachen, muss ich leider eine Absage erteilen:
Sorry, das dürft ihr dann schon selber
erledigen, zumal, wenn ich die konkreten Ereignisse persönlich nicht erlebt
habe.
Groß
ist aktuell wieder einmal die Nervosität auf Facebook-Foren, die sich für „geschlossen“
halten, man könne mit dem Käse, den man dort gelegentlich verzapft, als Zitat auf meinem Blog enden. Da fehle
doch die heimelige „Vertrautheit“ eines „persönlichen
Gesprächs“…
Liebe
Leute, so wird das nix: Solltet ihr im realen Leben noch Freunde haben (was ich gelegentlich bezweifle), so versucht es doch
einmal mit denen in einem analogen Dialog
– und selbst da seid ihr nicht davor gefeit, durch Indiskretionen im üblichen „Tango-Tratsch“ zu landen. Die Erwartung
allerdings, dass Dinge, die man ins Internet
hinausbläst, „vertraulich“ bleiben,
ist von einer noch größeren Naivität
als der Glaube, ein Argentinier habe „den
Tango im Blut“... Für beides fehlt jeglicher klinische Nachweis.
Besonders
sensibel (allerdings oft nur in dieser Hinsicht) reagieren da Tangofunktionäre wie Tanzlehrer, DJs
und Veranstalter: Da gibt man sich durch digitale
Dauerbestrahlung mit unvergleichlichen
Angeboten zur Erlangung der Tangoseligkeit
alle Mühe, bekannt, ja berühmt zu werden – und dann karikiert ein dahergelaufener Pörnbacher
Hansel das mühsam zusammengezimmerte Geblähe
in Grund und Boden: Das ist doch keine Satire mehr, sondern pure
Geschäftsschädigung! Tja, das muss sich
die „Stiftung Warentest“ auch immer
wieder vorwerfen lassen, gewinnt aber die meisten Prozesse beleidigter
Hersteller.
Da
mein Blog jedoch stets aufbauende
Lebenshilfe spenden will, gebe ich gerne ein paar Tipps, wie man es erreichen oder vermeiden kann, auf meinem Blog
zu landen – wobei ich schon einmal beruhigen kann: Fast täglich finde ich im
Netz zum Tango so viele neue Themen,
dass man sich schon besonders anstrengen
muss, es auf meine Seite zu schaffen. Das Gegenteil ist wesentlich einfacher.
Ich
möchte daher fast von „Bewerbungsbedingungen“
sprechen:
1.
Wer
so richtig persönlich von mir
veräppelt werden möchte, sollte im Tango schon einen prominenten Namen haben – möglichst einen spanischen (darf auch ein
falscher sein). Irgendeinen „Max
Mustermann“ oder eine „Ute Unbekannt“,
der oder die sich mal unvorsichtig geäußert hat, ins Licht des Internets zu
zerren, halte ich für unfair. Bei
dennoch bestehendem Bedarf kann ich nur raten: Durch hartnäckige Anstrengungen etwas besonders Tolles oder abgrundtief
Bescheuertes hinbekommen!
2.
Ganz
leicht haben es bei mir Gastautoren,
da ich nicht scharf darauf bin, ständig nur meine eigenen Erleuchtungen preiszugeben. Wer also ein interessantes Thema, einen individuellen Blickwinkel (der durchaus schräg sein
darf) findet, der gelangt mit seinem Text höchstwahrscheinlich auf meine Seite.
Eine Übereinstimmung mit den
Ansichten des Bloggers ist hierfür keine Voraussetzung! Und auch sprachliche Schwächen sind kein
Hindernis: Darum kümmern sich meine Lektorin und Ehefrau sowie meine Wenigkeit
gerne!
3.
Ebenfalls
gute Chancen haben bei mir kreative DJs,
Tangolehrer mit neuen, unkonventionellen
Ideen und Veranstalter, deren
Milongas ich mit größtem Vergnügen besucht habe. Und da ich in erster Linie
gern hemmungslos lobe, ist die
Chance auf einen speziellen Beitrag (oder
die Veröffentlichung einer Playlist) riesig. Einfach mal ausprobieren! Und hier
darf ich ja unbesorgt persönlich
werden (wobei natürlich das Restrisiko besteht, dass einem meine Empfehlung in
der betreffenden Szene schaden könnte…).
4.
Leider
reicht es nicht, im Internet gelegentlich dummes
Zeug zum Thema Tango zu schreiben. Hier ist die Konkurrenz riesig! Wenn ich da jeden Blödsinn aufspießen müsste,
käme ich wirklich nicht mehr zum Tanzen (was bei mir aber oberste Priorität hat).
Sie müssen also schon beharrlich
Mumpitz verfassen, oder der sollte von besonderer
Qualität sein!
5.
Satire ist nur dann eine,
wenn sie nach oben zielt: Je mehr
Sie sich also aufplustern (sei es
mit besonders geheiligten Einstellungen, Dutzenden argentinischen Lehrern in
Ihrer Biografie oder profundem lexikalischem Schubladen-Wissen sowie Abwertung
von Konkurrenten), desto größer wird die satirische
Fallhöhe, von der aus Sie dann – nach einem Pfeiltreffer von mir – krachend
auf dem gestreiften Hosenboden landen. Wenn Sie sich daher bemühen, bei aller
Freude am sachlichen Diskurs den Ball
flach zu halten, haben Sie wenig Chancen, von mir berücksichtigt zu werden.
Besonders veröffentlichungswirksam allerdings ist es, nur die „eine, richtige und authentische“ Form
des Tango zu preisen und allen anderen schwerste Defizite zu attestieren.
6.
Todsicher
auf meiner Seite enden Sie jedoch, wenn Sie nach einer meiner scherzhaften
Attacken dann noch meinen, den Weltuntergang
prophezeien zu sollen. Gerade in den ersten Jahren meiner schriftstellerischen
Tätigkeit im Tango erhob sich regelmäßig ein Empörungs-Gezeter, als hätte ich eine Schnitzelsemmel in ein Beduinenzelt
geworfen: Unverschämtheit, die heiligsten Güter des Tango zu schänden! Entzieht
dem Ketzer die 72 Jungfrauen, auf dass keine mehr mit ihm tanze! Der Dschihad
wurde in Permanenz ausgerufen, und die von gewissen Seiten aktivierte „Tango-Pegida“
demonstrierte nicht nur montags.
Klar, dass ich zu solchen Attacken gerne noch den einen
oder anderen Text hinterherschiebe! Kein Effekt hat wie dieser zur
kontinuierlichen Steigerung der
Zugriffszahlen meines Blogs beigetragen. Leider hat das inzwischen auch die
Gegenseite weitgehend kapiert und hält sich zurück. Eigentlich schade…
7.
Und
nur sicherheitshalber: Nein, ich werde es nicht auf der zugehörigen Seite veröffentlichen, wenn ich euch veräppelt habe! Da
müsst ihr schon selber suchen, im
Zweifelsfall durch regelmäßiges Lesen meines Blogs.
Liebe
Interessenten, ich hoffe, euch mit diesen Ratschlägen
geholfen zu haben, euer Erscheinen auf meiner Seite zu verwirklichen oder zu
vermeiden. Dann müsst ihr euch in den einschlägigen Facebook-Foren nicht mehr
daran abarbeiten und könnt zu essenziellen
Themen wie dem vorschriftsmäßigen Tandaaufbau, der exakten Cortina-Länge
oder dem korrekten Mirada-Einfallswinkel übergehen.
Cat Content (Foto: Karin Law Robinson-Riedl) |
🤓🤣😂 fb-seltsam, dass ich erst jetzt drauf stoße, aber genüsslich zu lesen, wie es dir mal wieder gelingt, die u.a. kokokett aufgeblasenen Problemberge ganz steil auf den flachen Begriff zu bringen! 😉😊
AntwortenLöschenLieber Tom,
Löschenpauschal einmal ganz herzlichen Dank für Deine kritische Solidarität, mit der Du meine Arbeit nun schon lange begleitest! Mir kommt es weniger auf die Quantität von "Anhängern" an als auf die Qualität derer, die meine Artikel mit durchaus eigenem Standpunkt kommentieren.
Liebe Grüße nach Berlin
Gerhard