Wenn Silvester ins Auge geht
Zum Jahresschluss dürfte die lahmende deutsche Wirtschaft noch einen Aufschwung erfahren: Über 200 Millionen Euro gibt der ansonsten verarmte Deutsche für Dinge aus, die sich schlagartig in Luft auflösen!
https://de.statista.com/infografik/16420/silvesterumsatz-mit-feuerwerk-in-deutschland/
Böller, Raketen und vor allem die immer beliebteren Batterie-Feuerwerke werden der Vernichtung zugeführt.
Federführend bei diesem Tun ist die gefährlichste Spezies auf diesem Planeten: besoffene männliche Jugendliche und Männer bis zirka 30.
Die Kliniken fahren Sonderschichten aus einem Anlass, den die ICD W49.9 so beschreibt: „Unfall durch Exposition gegenüber mechanischen Kräften unbelebter Objekte“. Über 80 Prozent der Betroffenen sind männlich. Die Therapie verteilt sich weitgehend auf die Handchirurgie (abgerissene Finger), die HNO (Knalltraumata und Trommelfell-Risse) sowie die Augenheilkunde (schwere Augenverletzungen bis hin zur Erblindung). Im Extremfall fehlt auch mal der Kopf (ob der vorher vorhanden war, ist nicht sicher). Das führt bundesweit zu etwa 100 stationären Aufnahmen. Nicht gerechnet die Schnapsleichen (und zunehmend auch Leichinnen), um die sich vorwiegend die Internisten zu kümmern haben.
Positiv wirkt Silvester auf die Facharzt-Ausbildung, zu der man ja eine gewisse Zahl von OPs braucht. Da kann man zum Jahresende seine Bilanz noch deutlich verbessern.
Alles Schlimme hat auch sein Gutes!
Trotz jährlicher Warnungen können es manche nicht lassen, sich auf osteuropäischen Märkten mit Sprengkörpern einzudecken, die mit dem üblichen Feuerwerk genau nichts zu tun haben.
Zur Unterscheidung: Reguläres, geprüftes Feuerwerk basiert auf dem guten, alten Schwarzpulver (Kaliumnitrat, Holzkohle und Schwefel), das sowohl als Raketen-Treibsatz fungiert als auch, mit Pappe verdämmt, die Knalleffekte erzeugt.
Die „Polen-Böller“ hingegen enthalten so genannte Blitzknallsätze, oft mit dem Oxidationsmittel Kaliumperchlorat sowie diversen feinen Metallpulvern.
https://de.wikipedia.org/wiki/Pyrotechnischer_Satz
Für die Laien: Bei den professionellen Feuerwerken steigt häufig zu Beginn und am Ende eine Rakete auf, die ohne Feuerzauber einen lauten Knall erzeugt. Die enthält genau ein solches Gemisch.
Wer es noch hirnverbrannter will, besorgt sich auf östlichen Märkten so genannte Kugelbomben, die Berufs-Feuerwerker aus Kunststoffröhren in den Himmel schließen, wo sie sich zerlegen und die wunderschönen Effekte erzeugen. Das Problem bei diesen Gerätschaften ist nicht nur der flächendeckende Schaden, den sie anrichten können, sondern ihre Zündschnur, die nicht gemütlich abbrennt wie ihre Kollegen beim normalen Silvesterfeuerwerk. Die beim Profi-Feuerwerk verwendeten gedeckten Stoppinen dagegen zünden mit einer Geschwindigkeit von zirka 10 Metern pro Sekunde. Daher hält die abgerissene Hand möglicherweise noch das Feuerzeug!
https://www.bvpk.org/feuerwerk/lexikon/stoppine
Und Kriminelle, die Feuerwerk auf andere Menschen richten, gehören hinter Gitter. Also ohne Bewährung.
Ich will niemandem die Freude am Silvester-Feuerwerk verderben. Selber hatte ich als Jugendlicher durchaus eine „pyromanische Phase“, in der wir mit diversen Pülverchen experimentierten. Verletzungen gab es so gut wie nie. Vielleicht auch, weil wir nicht dämlich genug waren, unsere Gemische in Metallrohren zu zünden. Pappe kann da weit weniger Schäden anrichten. Wer es genauer wissen will:
https://milongafuehrer.blogspot.com/2021/01/feuerwerk-fur-annabelle.html
Was kann man tun? Wieder mal den Leuten per Verbot den Spaß verderben?
Vielleicht wäre es eine gute Idee, wenn Städte und Gemeinden sich als Alternative Profi-Feuerwerke einkauften. Der Berufsstand der Pyrotechniker würde einen riesigen Aufschwung erfahren!
Die Aufklärung über Gefahren wird pyromanische Irre sicher nicht bremsen – man möchte ja auch das Wagnis! Vielleicht ist es halt Aufgabe der Selektion, jedes Jahr ein paar Bekloppte der Fortpflanzung zu entziehen.
Eine statistische Zahl hat mich überrascht. Gut die Hälfte der Feuerwerks-Schäden tragen nicht die Zündler selber, sondern unbeteiligte Personen, die einfach zur richtigen Zeit am falschen Ort waren. Daher mein dringender Rat: Halten Sie sich auch in der Silvesternacht von besoffenen Leuten mit Sprengstoffen fern! Und tragen Sie eine (Schutz)brille!
Über 900 Augenverletzungen gab es vor einem Jahr – bis hin zur Erblindung.
https://www.br.de/nachrichten/bayern/feuerwerk-und-boeller-so-gefaehrlich-sind-sie-wirklich,V5jBvWV
Und solche Unfälle können das gesamte Leben verändern:
https://www.youtube.com/watch?v=A7NumGAONYE
Ich wünsche meinen Leserinnen und Lesern einen unfallfeien Jahreswechsel!
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